Wasserversorgung
Fast ebenso lang wie es Landwirtschaft gibt, wird auch organisierte Bewässerung betrieben. Tatsächlich stammen nicht nur die Landwirtschaft und der Getreideanbau, sondern auch die Anfänge unserer Kultur überhaupt aus Gegenden, in denen die Bewässerung eine große Rolle spielte, nämlich dem “fruchtbaren Halbmond” von der Levante über Mesopotamien zum Persischen Golf; und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Notwendigkeit der organisierten Bewässerung bei der Entwicklung dieser frühen Hochkulturen eine entscheidende Rolle spielte.
Auch für Naxos mit der langen Sommertrockenheit des mediterranen Klimas ist die Wasserversorgung für Menschen und Landwirtschaft natürlich von besonders großer Bedeutung. Sicher wurden schon seit dem Altertum die Quellen und Flussläufe, insbesondere die ganzjährig wasserführenden, für die Bewässerung genutzt. In trockenen Jahren kam es auch in der Antike schon zu Wassermangel. Die Bewohner von Naxos erzählen, dass die gesamte Insel im Laufe ihrer Geschichte mehrere Male wegen Trockenheit vollständig verlassen worden sei. Venezianische Dokumente berichten von extremen Trockenjahren im Mittelalter, wie sie in der Neuzeit nicht mehr vorgekommen sind, die zu großen Hungersnöten führten.
Die wichtigsten Kulturpflanzen des Mittelmeers kommen normalerweise ohne Bewässerung aus, nämlich die Ölbäume, der Wein und das Getreide, auch Feigen und Maulbeerbäume brauchen nicht gegossen zu werden und manche Arten wie Hülsenfrüchte und Melonen wurden früher “trocken” angebaut. Die meisten Gemüsesorten und anderes Obst müssen jedoch gegossen werden. Auch was die Pflanzen betrifft, die keine Bewässerung brauchen, ist eine gute Ernte von ausreichenden Regenfällen abhängig.
Quellen
In einer Gegend, in der Wasser of knapp ist, sind Quellen so wichtig, dass man sie in alter Zeit als heilige Orte betrachtete. Die meisten Quellen von Naxos sind für ihre Nutzung als Trink- und Brauchwasser eingefasst, oft liegt ein Haus oder ein Garten nebenbei; und Siedlungen wurden nur dort errichtet, wo es eine genügend Wasser führende Quelle gab. Leider sind inzwischen manche der Quellen von Naxos versiegt oder geben nur noch für kurze Zeit im Frühling Wasser.
Die meisten Quellen auf Naxos sind eingefasst und werden zum Bewässern von Beeten und Feldern genutzt. Hier die Quelle in Atsipápi.
Mehrere Gärten wurden und werden mit dem Wasser dieser Quelle gewässert.
Die Quelle von Ariá ist besonders schön. Hier kann man seine Trinkflaschen auffüllen, bevor man sich an den Aufstieg zum Zeus-Berg macht.
Das Wasser der Quelle wird in einer Zisterne gesammelt und wurde früher zur Bewässerung talabwärts liegender Gärten genutzt.
In dieser kleinen abgedeckten Quelle im Tal südlich von Apíranthos hängt gleich der Trinkbecher bereit.
Am Fußweg von den Schmirgelminen nach Moutsouna liegt etwa auf halbem Weg eine kleine Quelle, die nicht nur den Menschen, die hier zu Fuß unterwegs waren, einen erfrischenden Trunk zur Verfügung stellt, sondern die auch ermöglichte, dass eine Familie hier dauerhaft lebte, wie ein schönes, großes Steinhaus daneben bezeugt. Um diese Quelle herum ist ein richtiges kleines Häuschen errichtet.
Im Becken ist sogar etwas Wasser drin, obwohl es schon Herbst ist und es ein besonders trockenes Jahr war. Aber das Wasser wird heute natürlich auch nicht mehr genutzt.
Hier ist der Zulauf, über den das Quellwasser in die Zisterne gelangt.
Eine besonders originelle kleine Quelle!
In der Nähe vieler Quellen befindet sich eine Zisterne, die sich langsam mit dem Quellwasser füllt; wenn die Zisterne voll ist, hat sich genug Wasser angesammelt um die Beete zu gießen.
Brunnen
In den Gegenden, in denen kein fließendes Wasser zur Verfügung stand, wurden zur Versorgung der Menschen, Tiere und Gärten natürlich auch Brunnen gegraben. In den fruchtbaren Schwemmebenen in (Süd-)Westnaxos und im Tal von Káto Potamiá bewässerten die Bauern ihre Felder mit von Maultieren betriebenen Schöpfbrunnen, was aufgrund des hohen Grundwasserstandes in den Ebenen möglich war.
Mit derartigen Schöpfbrunnen wurden die Felder und Gärten in den Ebenen von Naxos bewässert.
Brunnen mit Schwingbaum in Lioíri
Aus diesem Brunnen in Lakkomérsina wird das Wasser heute mittels einer Pumpe entnommen und mit Schläuchen zu den Feldern oder der Hirtenstelle geleitet.
Flüsse und Wasserleitungen
In der Nähe der Flüsse sowie dort, wo Wasser von einer Quelle herbeigeleitet werden konnt, legten die Bauern in der traditionellen Landwirtschaft Beete mit Kulturen an, die bewässert werden müssen wie Gemüse aller Art, Obstbäume oder Kartoffeln. Das Wasser wurde von den Flüssen teilweise über große Strecken in offenen Wasserrinnen auf die Felder und Beete geleitet. Die Bauern bewässerten ihre Gärten in festgelegter Reihenfolge, indem sie den Zufluss zu ihrem Garten öffneten und die Hauptrinne mit einem Stein absperrten. Dann ließen sie die Beete der Reihe nach je nach Wasserbedarf der jeweiligen Pflanzen voll laufen.
ganzjährig wasserführender Fluss bei Kinidaros
Über Wasserrinnen dieser Art wird das Wasser vom Fluss abgezweigt und auf die Beete geleitet.
So öffnen oder schließen die Bauern je nach Bedarf die Wasserrinne.
Auch heute noch ist diese Art der Bewässerung in vielen Gegenden von Naxos üblich. Wo bei kleineren Quellen nicht genügend fließendes Wasser zur Verfügung stand, wurde das Wasser in einer Zisterne gestaut, die allmählich voll lief und aus der einmal in der Woche die Gärten bewässert werden konnten. Dabei kam es oft vor, dass in trockenen Jahren im Spätsommer das Wasser für die Bewässerung der untersten Felder nicht mehr ausreichte.
auf traditionelle Art bewässerte Obstbäume
noch genutzte Wasserrinne bei Apollonas
Diese Beete werden über die Wasserrinne vom Fluss bewässert.
In anderen Fällen wird das Wasser zwar noch aus dem Fluss entnommen, aber über moderne Plastikleitungen auf die Felder gepumpt.
Auf den Feldern, Flächen und Terrassen, die gar nicht bewässert werden konnten, wurden Weinberge oder Ölbaumhaine angelegt bzw. Getreide gepflanzt: Diese Kulturen brauchen nicht gegossen zu werden.
Wasserversorgung heute: Tiefbohrungen und Staudämme
Heutzutage versuchen die Bewohner von Naxos den vor allem für den Tourismus stark angestiegenen Wasserbedarf der Insel durch Tiefbohrungen zu decken. Dadurch ist der Grundwasserspiegel in vielen Regionen der Insel gesunken und viele natürlichen Quellen und Brunnen sind versiegt. In Brunnen nahe der Küste dringt Meerwasser ein. Andere Quellen wurden für die Versorgung eines Dorfes eingefasst und stehen der Landwirtschaft nicht mehr zur Verfügung.
Der westliche Teil der Insel, der wesentlich stärker besiedelt ist als der östliche und in dem sich fast der gesamte Tourismus abspielt und die meiste Landwirtschaft betrieben wird, leidet im Sommer oft unter Wassermangel, insbesondere in Trockenjahren. Um dieses Problem zu lösen wurden nördlich von Engarés zwei Stauseen angelegt, deren Wasser zur Chóra geleitet wird. Sofern sie nicht ein wertvolles ökologisches System wie die Auwälder der perennierenden Flüsse zu sehr beeinträchtigen, sind Staudämme sicherlich eine sinnvolle Art, die Wasserversorgung der Insel zu verbessern, jedenfalls besser als das Anlegen von immer tieferen Tiefbohrungen. Allerdings füllen sich auch die Staudämme nur bei ausreichenden Regenfällen.
Stausee bei Skeponi
Um das Dorf Apíranthos herum wurden im Jahr 1988 in einem EU-geförderten Projekt in den Talrinnen zahlreiche kleine Staumauern errichtet, die den Wasserabfluss verzögern und so dafür sorgen, dass ein größerer Anteil des Wassers in den Boden eindringt.
kleine Staumauern bei Apíranthos
In Naxos-Stadt sind in den letzten, trockenen Jahren große Meerwasser-Entsalzungsanlagen aufgestellt worden, um die Wasserversorgung zu sichern.
Meerwasser-Entsalzungsanlage in Naxos-Stadt
Auf jeden Fall sollte der Besucher der Insel nicht vergessen, dass auf Naxos wie im gesamten Mittelmeerraum, wenn nicht auf der ganzen Welt, das Wasser ein kostbares Gut ist, das nicht verschwendet werden sollte!
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