
Zum Herokastro bei Panormos
Wenn man von Moutsoúna aus nach Süden fährt, gelangt man in etwa 20 Minuten zur Bucht von Pánormos, die ganz im Südosten der Insel liegt. Hier endet die Straße, und es geht nur noch zu Fuß weiter. Die Bucht besitzt einen schönen Strand mit feinem Kies und Sand, der vor den sommerlichen Nordwinden gut geschützt ist.
In Pánormos ist eine kleine bronzezeitliche Akropolis auf einem niedrigen, nahe der Bucht gelegenen, nur 63 m hohen Hügel, dem Korphári ton Amygdalión, zu besichtigen. Vom Ende der Straße aus gelangt man über einen kleinen ausgeschilderten Pfad zur Akropolis, die in den Sechziger Jahren von griechischen Archäologen ausgegraben wurde. Die Mauern der winzigen Festung sind bis etwa auf Kniehöhe erhalten; sie bestehen aus unbearbeiteten Steinen der Umgebung, die recht kunstlos aufgeschichtet sind. Die Akropolis besteht aus etwa 20 winzigen Räumen, die von einer durch mehrere unregelmäßige Bastionen geschützten Wehrmauer umgeben sind.
Die kleine bronzezeitliche Akropolis auf dem Korphári ton Amygdalión. Im Hintergrund der steile, gut geschützte Hügel mit der großen Festung.
An den Hügel der Akropolis des Korphári ton Amygdalión schließt sich ein terrassierter Hang an, der zum nächsten, 200 Meter hohen Hügel hinaufführt. Der Boden ist hier sehr steinig und felsig und jetzt im Sommer sehr trocken. Im Winter wachsen hier aber vielerlei Doldenblütler und andere Pflanzen. Auch jetzt ist es etwas unangenehm, den Hang hinaufzusteigen, da sich die unzähligen klettigen Samen des Unkrauts in Hosenbeine und Strümpfe bohren und in die Schuhe zwängen. Auf den Terrassen wachsen noch überwiegend Gräser, auch wenn sie schon seit längerem nicht mehr bewirtschaftet werden, wie die überall aufkommenden Sträucher und Wacholder-Büsche zeigen. Es ist anzunehmen, dass die Terrassen dieses Hanges nicht nur im letzten Jahrhundert, sondern auch schon von den bronzezeitlichen Bewohnern der Akropolis mit Getreide bebaut wurden.
Das Korphári ton Amygdalión wird von diesem Hügel überragt, auf dessen Spitze eine gut geschützte Festung liegt.
Der Hang, der zur Hügelspitze hinaufführt, ist terrassiert; auf den nicht mehr bewirtschafteten Terrassen wächst viel Gras, das an das früher hier angebaute Getreide erinnert.
Zwischen den Sträuchern haben viele Spinnen dieser Art ihre Netze aufgespannt; es handelt sich um Argyrope lobata, eine Verwandte der Zebraspinne.
Der Boden ist hier außerordentlich steinig.
Von der kleinen Akropolis aus gelangt man in einer Viertelstunde auf die Spitze des Hügels, auf der eine alte, zerfallene Festung liegt, das Herókastro (gr. Ηρόκαστρο). Nachdem man die niedrigen Terrassen hinaufgeklettert ist, muss man einen hohen Zaun überwinden (nicht ganz einfach). Danach geht es ein steiles, nur von Dorniger Bibernelle (Sarcopoterium spinosum) und Kopfigem Thymian (Coridothymus capitatus) bewachsenes, besonders trockenes Hangstück hinauf. Dieses wird von einem zwei, drei Meter hohen Felsabsatz überragt, der die Hügelspitze wie ein Kranz umgibt. Man kann diesen Felsabsatz nur an wenigen Stellen einfach überklettern.
An die Terrassen schließt sich (nachdem man einen Zaun überwunden hat) dieses steile, offene, nur mit Dorniger Bibernelle und Kopfigem Thymian bewachsene Hangstück an.
Oberhalb davon liegt eine kleine Steilkante aus Marmorfelsen.
Ein Ölbaum steht unterhalb der Steilkante.
Nachdem man die Steilkante überklettert hat, gelangt man auf die Hügelspitze, die aus felsigem Marmor besteht. Nach einem weiteren steilen, felsigen Hangstück erreicht man die Reste einer dicken, sorgfältig gebauten Wehrmauer, die das große Gelände der Festung einfasst. Auf der ganzen Fläche steht der plattige Marmor an, der sich hervorragend fürs Bauen eignet und zwischen dem nur wenige Pflanzen wachsen: einige Wacholder und verbissene Ölbäume und Kermeseichen.
Nach der Steilkante gelangt man auf ein steiles, felsiges Hangstück, das spärlich mit verbissenen Kermeseichen und Ölbäumen bewachsen ist.
Nun erreicht man die Wehrmauer, die das große Gelände der Festung auf der Hügelspitze einschließt.
Die Wehrmauer ist sorgfältig in doppelwandiger Bauweise errichtet; sie ist an den meisten Stellen noch gut erhalten.
Beim Bau der Mauern wurde ein einfacher Erdmörtel verwendet.
Auf dem eingefassten Gelände kann man deutliche Spuren der ehemaligen Besiedlung finden, insbesondere im nördlichen Teil, der vom Meer aus nicht sichtbar ist. Hier stehen die Grundmauern vieler Gebäude; überall liegt Schutt von zerfallenen Mauern herum. An einigen Gebäuden kann man kleine, in die Wand eingebaute Nischen erkennen. Im Gegensatz zur Akropolis vom Korphári ton Amygdalón, die nur eine kleine Fluchtburg war, handelt es sich bei dieser Festung offensichtlich um eine befestigte Siedlung, das heißt der Größe der Anlage nach zu urteilen, wohnten die Menschen hier dauerhaft.
Das von der Wehrmauer eingeschlossene Gelände ist überall felsig und nur locker von Bäumen und Sträuchern bewachsen. Der Marmor eignet sich hervorragend zum Bauen.
Der Phönizische Wacholder ist besonders trockenheitsresistent.
Insbesondere auf dem nördlichen, nicht vom Meer aus sichtbaren Teil der Festung sind überall zerfallene Mauerreste von Gebäuden zu erkennen.
Die Mauern der Gebäude sind ohne Putz aus den vor Ort anstehenden Steinen errichtet.
Die Gebäude stehen oft einzeln, sind etwa rechteckig und besitzen eher kleine Räume.
An einer Stelle befindet sich eine in den Felsen gegrabene, verputzte Zisterne; sie sieht so aus, als ob sie aus späterer Zeit stammen würde als die übrigen Gebäudereste.
Auf dem Gelände der Festung liegen hier und da Schmirgelbrocken. Schmirgel kommt hier natürlicherweise nicht vor; er wurde wohl von den Bewohnern der Festung aus den Bergen herbeigeschafft.
Auch viele Tonscherben dieser Art kann man finden; sie können aber auch jüngeren Datums sein.
Ein großes Gebiet ist mit zerfallenen Mauerresten übersät.
An manchen Gebäuden kann man gemauerte Nischen dieser Art erkennen.
Auch an diesem Gemäuer sind Nischen erhalten.
Nach Osten hin ist das Gelände des Kastros durch einen besonders hohen, fast senkrechten Steilabfall geschützt; deswegen haben die Bewohner hier auf die Wehrmauer verzichtet. Nach Westen hin ist der Hang etwas sanfter. Hier ist die Wehrmauern noch gut erhalten. Im Norden schließt sich an den etwas niedrigeren Steilabfall ein flacheres Gelände an; ebenso wie auf der Südseite ist auch dieser Hang nur von Dorniger Bibernelle und Kopfigem Thymian bewachsen. Hier lag wohl ehemals der Eingang der Burg, vom Meer abgewandt und relativ flachem, leicht bebaubaren Gelände zugewandt. Neben dem Eingang erkennt man Gebäudereste, die wohl Wachttürme zur Verteidigung des Eingangs gewesen sind. Unterhalb des Zugangs zum Kastro liegt heute ein Hirtenhaus, das in traditionellem Stil aus Stein gemauert ist.
Nach Westen ist der Hang unterhalb der Festung felsig, aber zugänglich; hier lag eine hohe Wehrmauer.
Die sorgfältig und geradlinig gebaute Mauer ist an vielen Stellen noch über einen Meter hoch.
Richtung Süden liegen einige Gebäude, vermutlich für Wachenposten, direkt hinter der Wehrmauer, so dass sie vom Meer aus verborgen sind.
Nische in der Wehrmauer
Nach Osten ist die Hügelspitze durch einen besonders hohen, unzugänglichen Steilabfall geschützt. Hier haben die Erbauer des Kastros keine Wehrmauer errichtet.
Nach Norden liegt der Eingang der Festung, vom Meer ab- und dem sanft hügeligen Hinterland zugewandt. Unterhalb des Eingangs steht ein traditionelles Steinhaus, wie es die Hirten bis vor etwa 50 Jahren benutzt haben.
der Steilabfall und die Wehrmauer im Norden
Blick auf den Eingang zur Festung von Norden; unterhalb der Felsen liegt ein trockener, wenig bewachsener Hang wie auch auf der Südseite.
Vor dem Eingang liegt viel Gebäudeschutt. Ehemals war der Eingang hinter der Wehrmauer durch zwei Bastionen oder Wachttürme geschützt.
Hier sieht man die Überreste eines Turms. Im Hintergrund sind die Kleinen Kykladen (Koufonissia, Keros) sichtbar, die während der Bronzezeit ebenfalls dicht besiedelt waren.
Blick von Süden auf die teilweise zerfallene Wehrmauer.
Das Kastro von Pánormos noch nicht von Archäologen ausgegraben worden. Man geht davon aus, dass es sich um einen byzantinischen Wachtposten handelte: Es ist sehr wahrscheinlich und zu erwarten, dass es an dieser Südost-Ecke der Insel einen Wachtposten gegeben hat, der mit der großen byzantinischen Festung von Apalírou in Verbindung stand. Andererseits wirken die Gebäudereste wesentlich älter als die auf der Festung von Apalírou: Sie sind deutlich einfacher errichtet, kleiner und weniger “organisiert”. Ob es sich doch um ältere, vielleicht gar bronzezeitliche Überreste handelt? Ob sich die Einwohner der bronzezeitlichen Akropolis des Korfári ton Amygdalión hier eine größere, besser geschützte Festung gebaut haben, nachdem ihre erste Schutzanlage eingenommen und zerstört worden war?
Blick von der großen Festung auf das Korphari ton Amygdalion (Pfeil).
Wollen wir hoffen, dass bald eine sorgfältige Untersuchung durchgeführt wird, die Licht auf diese Angelegenheit wirft!
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siehe auch:
zum Weiterlesen: ΗΡΟΚΑΣΤΡΟ, Ψηφιακή Ανάδειξη Πολιτιστικού Αποθέματος Κυκλάδων