Ein Tümpel bei Kinidaros
Bei uns im östlichen Teil der Insel bestehen die Berge hauptsächlich aus Marmor und verwandten Gesteinen. Anders in Zentral-Naxos: Hier ist die Wurzel des Gebirges aus Granit (bzw. Migmatit) und Gneis freigelegt. Ende Mai machten wir einen Spaziergang durch die Gneislandschaft in der Nähe des Marmorwerks an der Straße von Kinídaros nach Moní: Wir wollten einen Teich suchen, den wir als blaue glänzende Wasserfläche vom Gipfel des Kóronos-Berges ausgemacht hatten.
Gneislandschaft bei Kinídaros; die Berge links im Hintergrund bestehen aus Marmor.
Im Gegensatz zum Granit ist beim Gneis eine deutliche Bänderung zu erkennen, wobei die Lagen aufgrund des starken Druckes bei der Gebirgsbildung meist verbogen und gefaltet sind.
Die Landschaft ist übersät mit Gneisblöcken, die oft wie Säcke in der Gegend herumliegen. Diese Formation ist durch tiefgründige Verwitterung unter einer dicken, heute abgetragenen Erdschicht bei wechselfeuchtem Klima entstanden („Wollsackverwitterung“). Die nun freigelegten Gneis- und Granitblöcke verwittern sowohl mechanisch durch die starken Temperaturunterschiede, als auch chemisch, indem sie unter Einwirkung von Feuchtigkeit in ihre Bestandteile zerfallen. Dabei werden die Feldspate des Gneises in Tonmineralien umgewandelt und weggeschwemmt. Zurück bleiben Quarz und Glimmer, die eine eher unfruchtbare, sandige, wenig wasserspeichernde Erde bilden. Nur in den Senken wird eine tiefere, reichhaltigere Erde mit vielen Tonmileralien angeschwemmt.
Die Gneisblöcke verwittern vor allem von der feuchteren Unterseite aus, wodurch eigenartige ausgehöhlte Felsen entstehen („Tafonis“).
Die Granit- und Gneislandschaften von Naxos sind im Sommer wegen der geringen Wasserspeicherung im Untergrund und in der Erde besonders trocken, so dass nur Zwergsträucher, aber keine Bäume existieren können. Hier wächst hauptsächlich Heide (Erica manipuliflora), die an das saure Untergrundgestein und die starke Sommertrockenheit angepasst ist. Auch die Kretische Zistrose (Cistus creticus) kommt häufig vor.
In den Senken wächst Dornige Bibernelle auf der tiefgründigeren Erde (links im Bild), auf den armen Standorten zwischen den Gneisfelsen wächst Heide (rechts im Bild).
Kretische Zistrose
Im Winter ist die Gneislandschaft dagegen besonders feucht, da das Gestein nicht wasserdurchlässig ist und das Wasser oberirdisch abfließt. Ende Mai ist es hier an vielen Stellen noch feucht – dieses Jahr hat es ja Anfang Mai noch sehr gut geregnet.
An den Wasserläufen wachsen Binsen.
In den Senken sammelt sich die sandige Erde an und es bilden sich kleine Ebenen, die teilweise für die Landwirtschaft genutzt werden. Hier fehlt die Heide, stattdessen wachsen Dornige Bibernelle und Schopflavendel (Lavandula stoechas).
Oben am Blütenstand des Schopflavendels sind die Tragblätter als auffällige blaue Scheinblüten ausgebildet. Die eigentlichen Blüten sind dagegen fast schwarz gefärbt und sehr klein und unauffällig.
Nach einigem Suchen finden wir schließlich den Tümpel in einer der Senken: ein natürlicher See auf Naxos! Auch wenn er jetzt wie ein richtiger Teich aussieht, können wir am Fehlen echter Wasserpflanzen erkennen, dass das Wasser im Sommer austrocknet.
der Tümpel; im Hintergrund der Koronos-Berg
Die Tausendgüldenkräuter (hier Centaureum maritimum) gehören zu den Enziangewächsen.
Bei dieser Nelke handelt es sich vermutlich um Dianthus diffusus.
eine Johanniskraut-Art (Hypericum perfoliatum)
Am Rand des Tümpels wächst ein seltenes Vergissmeinnicht: Myosotis siculus. Dieses ist der einzige Nachweis dieser Art auf den Kykladen.
Am Tümpel fliegen viele Libellen umher; auch Frösche rufen von Zeit zu Zeit.
Lotus parviflorus mit besonders langen Haaren an den Blättern und am Blütenkelch
Der Echte Zungenstendel (Serapias lingua) gehört zu den Orchideen.
Das Wanzen-Knabenkraut (Anacamptis coriophora) ist an den rundlichen, dunkelroten Flecken auf der Lippe zu erkennen.
In der Nähe liegen landwirtschaftlich genutzte Flächen, die aus einem kleinen Teich bewässert werden.
Im Wassergraben an der Straße wächst eine aquatische Hahnenfuß-Art (Ranunculus peltatus); dieses Wasservorkommen trocknet also offensichtlich nicht völlig aus.
siehe auch: