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Traditionelle Ölmühlen

Das Olivenöl

Seit der Kykladenzeit ist die Nutzung von Olivenöl auf Naxos nachgewiesen; man hat nicht nur Gefäße gefunden, die man für Öllampen hält, sondern auch Gefäße mit Ölresten. Anfangs wurde das Öl als Lampenöl und zur Körperpflege benutzt, erst später erkannte man auch seine Bedeutung als Nahrungsmittel. Heute ist das Olivenöl aus der griechischen Küche nicht wegzudenken, und es gibt kein traditionelles Gericht, das kein Olivenöl enthält.


Vase aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. (Kykladenkultur) mit Ölresten darin (von Spedó in Südnaxos); von der Facebook-Seite „Oreinos Axotis“

Der Anbau der Ölbäume erforderte nicht viel Arbeit – die Bäume sind genügsam und brauchen nur wenig Erde und kein Wasser. Entsprechend gibt es sehr viele Ölbäume auf Naxos, und alle Familien ernteten früher ihr eigenes Öl. Das Ernten war eine sehr aufwändige und zeitraubende Arbeit, mit der die Dörfler im späten Herbst – wenn die Ernte gut war – mehrere Wochen lang beschäftigt waren. Nach der Ernte kam das Pressen des Öl an die Reihe. In allen Dörfern gab es Ölmühlen, die je mehreren Familien gehörten und von ihnen betrieben wurden. Das Pressen war eine schwierige und anstrengende Arbeit. Heute ist in vielen Dörfern eine der traditionellen Ölmühlen restauriert und zu besichtigen.


In vielen Dörfern auf Naxos ist heute eine restaurierte Ölmühle zu besichtigen. Hier die Ölmühle in Keramoti.

Die Gewinnung des Öls in den traditionellen Ölmühlen

Die folgende Beschreibung ist ein Auszug aus meinem Buch „Zwei Türen hat das Leben“.

Die Oliven wurden zur Ölgewinnung in handbetriebenen Ölmühlen, den fábrikes, zermahlen und das Öl ausgepresst. Die Ölmühlen waren in kleinen Häusern eingerichtet, in denen alle notwendigen Gerätschaften untergebracht waren. Wenn alle Oliven gesammelt waren, wurden die Ölpressen in Betrieb genommen. Sie arbeiteten nun jeden Tag und oft auch des Nachts, damit die Oliven nicht zu lange lagern mussten. Früh morgens rief der kapetánios die Arbeiter mit der bouroú, der großen Meeresschnecke, zur Arbeit.


Wenn man auf das Bild klickt, kann man das Tuten auf dem Tritonshorn hören!

Im ersten Arbeitsgang wurden die Oliven in der Mühle zu einem Brei zerquetscht. Dazu diente der kýlindros, ein großer, liegender, leicht konisch geformter Zylinder aus Granit oder Marmor, der an einem waagerecht als Achse durch ihn gesteckten Holz auf einer großen Marmorplatte mit einem einige Zentimeter hohen Rand immer im Kreis um einen aufrechten Stamm gedreht wurde. Die Oliven wurden auf die Marmorplatte geschüttet und vom kýlindros zu Brei zerquetscht. Vier starke Männer drehten den kýlindros, jeweils zwei an den beiden Enden des waagerechten Holzes, von denen einer den Balken schob und der andere ihn an einer Seilschlaufe zog. Ein weiterer Arbeiter, stets ein älterer Mann, ging immer vorm kýlindros her und schob mit einem Spatel den Olivenbrei wieder in die Mitte der Steinplatte. So wurde jeweils eine Fuhre Oliven in etwa einer halben Stunde zu Brei zermahlen.

Danach schüttete ein weiterer Arbeiter den Olivenbrei auf spezielle aus Ziegenhaar hergestellte, filzige Matten, die tsourápes. Diese faltete er wie einen Umschlag zusammen. Etwa zwanzig solcher tsourápes wurden für einen Pressgang auf dem mángano, der Presse, gestapelt. Die Pressen waren aus Gusseisen gefertigt und wurden in Fabriken, zum Beispiel in Piräus, hergestellt. Sie bestanden aus einer absenkbaren, in den vier Ecken an Stäben befestigten Metallplatte mit einer großen Stahlschraube in der Mitte. Die Presse stand auf einer Steinplatte mit einem Ausguss, über den das Öl in einen darunter eingebauten Trog lief, aus dem es von einem Arbeiter herausgeschöpft wurde.


In diese tsourápes, aus Ziegenhaar hergestellte Matten, wurde der Olivenbrei zum Auspressen hineingegeben.


Die tsourápes wurden in der Schale der Presse gestapelt. Dann wurde die obere Metallplatte mithilfe des dicken Astes abgesenktund auf die tsourápes gedrückt und so das Öl ausgepresst.


Die Ölpressen wurden in Piräus hergestellt.

Das Entscheidende bei der Ölgewinnung war das gründliche Auspressen. Hier kam es auf Kraft an! Die Schraube, die die Metallplatte der Presse absenkte wurde, zunächst mit einem dicken, eingehakten Balken oder Ast angezogen. Außerdem gab es zum weiteren Bewegen der Schraube ein Hilfsgerät, den ergáti, eine Winde aus einem senkrecht stehenden Holz mit waagerechten Ästen, die zum Drehen benutzt wurden. Beim Drehen wurde ein Seil oder eine Kette auf den ergáti aufgewickelt, das an dem an der Presse eingehakten Balken befestigt war, so dass durch die Drehung des ergáti die Presse jeweils um eine weitere Vierteldrehung angezogen werden konnte. Dann wurde der an der Presse eingehakte Balken versetzt und erneut angezogen.


Links im Bild sieht man den ergáti, der zum Anziehen der Presse verwendet wurde.

Schon wenn die tsourápes auf die Presse gestapelt wurden, begann das Öl zu laufen. Dieses erste Öl, das von allein auslief, hatte die beste Qualität und war besonders begehrt. Während des Pressens wurden die tsourápes mit kochendem Wasser übergossen, um möglichst viel Öl heraus zu lösen. Das Wasser wurde in einem großen Kessel erhitzt. Diesen befeuerte ein Gehilfe mit dem pyrínas, der nach dem Pressen übrig bleibenden Masse, die vor allem aus den Olivenkernen bestand, aber immer noch viel Öl enthielt. Den übrigen pyrínas bekamen als besonders stärkendes Futter die Schweine, oder er wurde in den Haushalten als Brennmaterial verwendet. Der Trog, in den das Öl aus dem mángano hineinlief, hatte zwei getrennte Becken mit einem Überlauf dazwischen, so dass das schwerere Wasser im ersten Becken zurückblieb, wo es von Zeit zu Zeit abgelassen wurde, während das leichtere Öl in das zweite Becken überlief. Das Öl wurde mit einem Tonkrug und danach mit einem aufgeschnittenen, flachen Flaschenkürbis sorgfältig abgeschöpft.


Und dann konnte man das frische, gute Öl genießen!

Das Olivenöl ist ein unentbehrliches Nahrungsmittel für die Bewohner des Mittelmeergebietes und kann bei keiner Mahlzeit fehlen. Olivenöl hat in Griechenland allerdings auch andere Verwendungen, so als Lampenöl (in religiösem Kontext). In Kirchen und Kapellen, aber auch im Hausaltar zünden viele Menschen jeden Abend eine Öllampe an. Was für einen Trost gibt einem das kleine Lichtlein, das aus dem Fenster in die dunkle Nacht hinausscheint!

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