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Panagia Liouriotissa in Marathos

Im Tal von Marathós südlich des Kastro Apalírou liegt in einem olivenbestandenen Seitental die kleine Kirche Panagía Liouriótissa (die Muttergottes des Olivenhains), die der Darstellung des Herrn (Mariä Lichtmess, im Griechischen Ypapantí) geweiht ist. Dieses Fest wird 40 Tage nach der Geburt Jesu begangen. Außer der Darbringung eines Opfers durch die junge Mutter zu ihrer „Reinigung“ wird es auch als Fest der Präsentation des Kindes im Tempel, im Fall Jesu vor den zwei Weisen Simeon und Hanna, gefeiert: in der Bibel wird berichtet, dass der erstgeborene Sohn Gott als Eigentum übergeben und dann durch ein Geldopfer wieder ausgelöst wurde.


Die kleine Kirche Panagía Liouriótissa liegt in einem olivenbestandenen Seitental des Tales Marathós südlich von Apalírou.


Hier der Blick auf das Tal vom Kastro Apalírou aus; die Kirche liegt etwa in der Mitte des Bildes.


In der Gegend wachsen viele teilweise sehr alte Oliven.


Die Kirche ist ein sehr einfacher Bau: es ist eine einschiffige Kirche ohne Kuppel, ein Typus der in den ersten zwei Jahrhunderten der venezianischen Herrschaft über die Insel sehr verbreitet war, d.h. dem 13. und 14. Jahrhundert.


Die ganze Kirche ist mit Wandmalereien geschmückt, die noch mäßig gut erhalten sind. Es sind vor allem diverse Szenen aus dem Leben Christi dargestellt, wie in byzantinischen Kirchen üblich.


links von der Tür: ein großer stehender Heiliger, daneben die Darstellung des Herrn


Die Malereien dieser Kirche stammen vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Wie oft in dieser Zeit, der Zeit der venezianischen Oberherrschaft, sind sie eher einfach und in einem „ländlicheren“ Stil erstellt.


Hier die Szene der Darstellung des Herrn, der die Kirche geweiht ist.


Ebenfalls für diese Zeit auf Naxos typisch ist die Farbgebung in gelben orangen und rotbraunen Tönen. Hier sieht man, dass die Gesichter etwas ungeschickt gemalt sind – Sie sind von einem nicht besonders erfahrenen Maler angefertigt worden, vermutlich von den Stiftern selbst, bei denen es sich in dieser Zeit nicht um Würdenträger der Kirche oder reiche Bürger, sondern um die griechischen Anwohner der Gegend, d.h. um einen lokalen Priest einfache Bauern gehandelt hat.


Darüber sieht man die Grablegung oder Beweinung Christi.


Weiter rechts folgt eine Abbildung von Maria und Jesus mit zwei Heiligen.


Von Interesse ist die Gestaltung der Heiligenscheine mit kleinen eingestempelten Sternen: Hier handelt es sich um eins der ganz wenigen Beispiele eines westlichen, katholischen Einflusses in den orthodoxen byzantinischen Kirchen von Naxos. Der Schleier von Maria ist auch mit kleinen Einritzungen verziert.


Der Heiligenschein von Jesus enthält, wie üblich, das Kreuz als drei Balken, auf denen hier die Einstanzungen weggelassen sind.


Darüber sind drei größere Figuren mit mehreren kleinen dargestellt – ich weiß nicht, um was für eine Szene es sich hier handelt.


Auf der rechten Seite der Kirche sind die Wandmalereien stärker durch Ablagerungen beeinträchtigt und kaum zu erkennen. Hier könnte es sich um die Entschlafung Marias handeln.


Im inneren Teil der Kirche stehen an der linken Wand zwei Heilige oder Hierarchen.


darüber weitere Heilige


In der Mitte des Tonnendachs, oben überm Betrachter befindet sich der Pantokrator, dessen Kopf normalerweise in der (hier fehlenden) Kuppel dargestellt wird; hier als ganze Figur in einer vermutlich segnenden Geste dargestellt.


Die Malereien in der Apsis sind unkenntlich; auf der Bogen davor ist oben vermutlich Christus abgebildet, links davon ein Engel in einer anrufenden oder anbetenden Haltung, ähnlich wie die Fürbitter der Deesis.


Details des Engels

Die Kirche Panagía Liouriótissa ist ein gutes Beispiel für eine einfache, ländliche Kirche des 14. Jahrhunderts, die ein besonderes Interesse erhält durch den in den Einstanzungen in den Heiligenscheinen erkennbaren westlichen Einfluss. In Anbetracht der Tatsache, dass die Inselbevölkerung unter katholischen Feudalherren stand, ist es nicht überraschend, einen katholischer Einfluss in den naxiotischen Wandmalereien zu finden – es ist eher überraschend, dass dies nur so selten der Fall ist, und dass die wenigen Beispiele aus sehr kleinen Kirchen in ländlicher Umgebung stammen (außer dieser Kirche auch Ágios Nikólaos bei Komiakí).

Trotz der Einfachheit des Bauwerks und der Malereien kann man selbst im heutigen Zustand der Kirche noch nachempfinden, mit welcher Hingabe und Passion die Menschen damals ihre Kirchen errichtet und ausgeschmückt haben, und welche Wirkung die in der Kirche erzählte Heilige Geschichte auf die Gläubigen gehabt haben muss. So können wir vielleicht auch erahnen, welche Bedeutung die Kirchen als Ort der Zuflucht, des Trostes und der Hoffnung in den schweren Jahrhunderten der Fremdherrschaft gehabt haben müssen.

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