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Panagia Archatou bei Agiassos

Im Südwesten von Naxos, nicht weit von Agiassós, liegt die ungewöhnliche und mit bemerkenswerten Wandmalereien verzierte byzantinische Kirche Panagía Archatoú. Das Gebäude geht vermutlich auf die Zeit vor dem 12. Jahrhundert zurück; sie ist jedoch spätestens im 13. Jahrhundert deutlich umgebaut worden. Es handelt sich um eine einschiffige Kirche mit Kuppel (die deutlich kleiner ist als die Breite des Schiffes) mit einer seitlichen Kapelle mit niedriger Kuppel im Süden und einer querstehenden Kapelle im Norden, die auf der Höhe der Kuppel ansetzt. Von der zentralen Kuppel aus verlaufen Dächer mit Tonnengewölben nicht nur nach Westen und Osten (das normale Kirchenschiff), sondern auch nach Norden (die nörliche Seitenkapelle) und nach Süden: ein querverlaufendes Tonnendach erstreckt sich über die ganze südliche Kapelle, so dass der Eindruck einer kreuzförmigen Kirche entsteht.


Die byzantinische Kirche Panagía Archtoú liegt am Hang eines weiten, offenen, mit Getreidefeldern bewirtschafteten Tals im Südwesten von Naxos. Sie liegt direkt an einem Hirtenhof und ist nur über eine ziemlich schlechte Straße zu erreichen.


Es handelt sich um eine einschiffige Kirche mit Kuppel, an die im Süden eine ebenso lange seitliche Kapelle, ebenfalls mit Kuppel angebaut ist, sowie im Norden, von der Kuppel ausgehend, eine kleine querverlaufende Seitenkapelle.


Die Kirche ähnelt außerdem mit einer Kreuzkuppelkirche, da sich von der Kuppel aus querverlaufende Tonnengewölbe nach Norden (nördliche Kapelle) sowie auch nach Süden erstrecken (quer über die südliche Kapelle).


Über beiden Eingängen liegen große und schwere Marmor-Türstürze. Die Eingänge stehen offen, was dazu führt, dass der Boden teilweise mit Schafsdung bedeckt ist. Ein trauriges Schicksal für so eine schöne Kirche, als Schafstall zu dienen!


Die Kirche Panagía Archatoú ist mit Wandmalereien hoher Qualität ausgeschmückt, von denen einige noch recht gut erhalten sind, während andere stark von Ablagerungen beeinträchtig und unkenntlich sind. Die am besten erhaltenen Malereien befinden sich um die Kuppel und in der Apsis…


…sowie in der nördlichen querverlaufenden Kapelle. In dieser steht ein offenbar stützendes Gerüst, woduch es schwieriger wird, die Wandmalereien zu sehen (und zu fotografieren).


Die Bögen, Pfeiler und Wände um die Kuppel sind reich mit Wandmalereien ausgeschmückt.


hier die Bögen unterhalb der Kuppel


Wie in den meisten Kirchen sind leider auch diese Wandmalereien stark durch Ablagerungen an Kalk und Salzen beeinträchtigt. Das einzige Gute daran ist, dass sich die Ablagerungen entfernen lassen; aber in Anbetracht der großen Zahl an byzantinischen Kirchen mit Wandmalereien auf Naxos wird die zuständige Behörde noch viele Jahre beschäftigt sein, bis alle Kirchen restauriert und gereinigt sind!


Die Malereien der Halbkuppel der Apsis ist durch die Ablagerungen weitgehend unkenntlich. Sie enthält nicht wie üblich Christus im Zentrum mit Maria und Johannes dem Täufer auf den Seiten (Deesis), sondern Maria im Zentrum (der die Kirche ja geweiht ist), mit dem Erzengel Michael und Johannes dem Täufer auf den Seiten. Diese gleiche Figurenkombination findet sich auch in der nahegelegenen Panagía Jialloús. Im unteren Bereich stehen je zwei Hierarchen zu beiden Seiten eines Altars; diese sind besser zu erkennen, aber auch nicht in gutem Zustand.


die Hierarchen auf der rechten Seite


Links von der Apsis sind vermutlich stehende Heilige abgebildet. Hier finden sich diese Schriftzüge in byzantinischer Schreibschrift, die fast wie arabische Schrift aussehen, insbesondere der auf der linken Seite, der offenbar von rechts nach links geschrieben ist.


Unterm Bogen zur Kuppel sind Heilige gemalt; hier der Heilige Damian, ein beliebtes Motiv in den naxiotischen Kirchen.


Die Bögen und Pfeiler tragen außerdem aufwändigen Schmuck aus roten und schwarzen Linien.


Dieser Kopf einer Heiligen mit Krone gehört zu einer älteren Schicht: Er ist ins 12. Jahrhundert einzuordnen und ähnelt den Malereien in der Kirche Ágios Geórgios Diasorítis. Oben rechts sieht man die jüngere Schicht darüber liegen.


ebenso


Oberhalb des Bogens zwischen der Kuppel und dem Allerheiligsten ist auf der linken Seite die Darstellung des Herrn abgebildet.


Auf der rechten Seite steht der Heilige Georg: Ágios Geórgios Diasorítis.


Joseph (links von der Szene der Darstellung des Herrn)


Ágios Geórgios Diasorítis. Die Wandmalereien sind von bemerkenswerter Qualität. Die Gestaltung der Gesichter und Kleidung und die Linienführung sind einfach und klar gehalten, aber die Farbgebung und Schattierung sehr sorgfältig ausgeführt, so dass die Gesichter natürlich wirken. Der Ausdruck der Gesichter vermittelt eine tiefe, heilige Ruhe.


In der nördlichen Kapelle sind ebenfalls schöne, relativ gut erhaltene Wandmalereien zu sehen. Hier ein Heiliger, vermutlich der Heilige Stefanos.


Daneben steht ein weiterer Heiliger.


In die östliche Wand daneben ist eine Nische eingearbeitet, in der dieser Heilige abgebildet ist.


Auf der Wand oberhalb und um die Nische sind sorgfältig gearbeitete Ornamente angebracht.


Auf der linken Seite ist zwischen den Ornamenten ein Pfau abgebildet,…


…auf der rechten Seite eine Katze.


Im unteren Teil steht links vom Heiligen dieser Text. Es handelt sich um die komplizierte Schrift der späten byzantinischen Zeit mit vielen zusammengezogenen Buchstaben, teilweise aus Majuskeln, teilweise aus Minuskeln. An einer Stelle kann man die Worte „του ΖΟΓΡΑΦΟΥ“ = „des Malers“.


Auf auf der rechten Seite sind wieder Stifter der Malereien erwähnt; rechts sieht man ein Schriftstück, dass der Heilige in der Hand hält und in dem die Worte Himmel, Erde, König und Hymne vorkommen.


Am rechten Ende derselben Wand sind an den Halbsäulen neben einer Nische weitere interessante Ornamente angebracht, wieder mit einem Vogel…


…und einem apotropäisch wirkenden Katzengesicht.

Die Panagía Archatoú gehört zu einer Gruppe von Kirchen, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit Wandmalereien ausgeschmückt wurde. In den ersten Jahrzehnten nach der Einnahme der Insel durch die Venezianer im Jahr 1207 und nach der Etablierung der katholischen Feudalherrschaft war das Errichten und Ausschmücken von Kirchen völlig zum Erliegen gekommen und wir kennen keine Wandmalereien aus dieser Zeit. Etwa fünfzig Jahre später, zur Regierungszeit von Marco Sanudo II, Enkel des ersten Herzogs, hatte sich die Lage offenbar soweit beruhigt, dass die ersten Kirchen wieder errichtet und vor allem neu ausgemalt wurden. Aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen so viele Wandmalereien, dass man annehmen muss, dass die griechische orthodoxe Bevölkerung im Ausschmücken der Kirchen einen Ausdruck ihrer Religionszugehörigkeit und wohl auch ihrer Nationalität fand.

Die im 13. Jahrhundert angefertigten Wandmalereien auf Naxos sind meist in Repertoire und Stil eher konservativ und ein wenig ländlich; aber wie man an vielen Kirchen, so auch an der Panagía Archatoú, sehen kann, war die Qualität der Malereien oft erstaunlich hoch mit einer bemerkenswerten Vielfalt. Auch in der Panagía Archatoú finden wir ungewöhnliche Motive und Wahl der Figuren. Mehrere Inschriften geben uns Auskunft über die Stifter und Maler der Ausschmückungen; vor allem wird ein Priester namens Michael erwähnt. Die meisten Kirchen, die in dieser Zeit errichtet oder bemalt wurden, lagen in ländlichen Gebieten, nicht in den Dörfern, und wurden den Inschriften zufolge meist von mehreren lokalen Anwohnern gestiftet, nicht, wie in der Periode zuvor, von hohen Persönlichkeiten der Kirche. Die Kirche auf Naxos hatte in dieser Zeit, unter der katholischen und später der türkischen Oberherrschaft keinen Bischof, und das Erstellen und der Erhalt der Kirchen lag offenbar ganz in den Händen der lokalen Priester und der Bevölkerung.

Auf jeden Fall ist die Kirche Panagía Archatoú trotz ihres schlechten Zustands ein sehr wichtiges und erhaltenswertes Denkmal ihrer Zeit. Wollen wir hoffen, dass sie bald restauriert wird, so dass ihre noch vorhandenen Malereien wieder ganz zu genießen sind!

weiter: Agios Panteleimonas in Lakkomersina

siehe auch:

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