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Wicken, Linsen und Platterbsen, Vicia, Lens und Lathyrus

Die Gattung der Wicken (Vicia) ist eine der artenreichsten Gattungen der Schmetterlingsblütler. Sie ist im Mittelmeergebiet mit besonders vielen Arten vertreten; auf Naxos sind 11 Arten nachgewiesen. Charakteristisch sind die gefiederten Blätter, die üblicherweise in einer Ranke enden, mit deren Hilfe die Wicken sich an anderen Pflanzen emporranken. Die Stängel sind oft kantig, aber nicht geflügelt. Die Blüten stehen in länglichen Blütenständen oder einzeln; sie können unterschiedlichste Farben haben. Die Samen liegen wie bei allen Schmetterlingsblütlern in Hülsen (siehe auch die nah verwandte Erbse (Pisum sativum) und die Linse (Lens culinaris)). Die Hülsen sind so konstruiert, dass sie bei Trockenheit plötzlich aufspringen, wobei die Samen herausgeschleudert werden; die runden Samen können dann auf abschüssigem Gelände noch ein Stück weiter rollen. Die Samen sind recht groß und nährstoffreich und auf das Überdauern langer Zeitspannen eingerichtet – deswegen bei einigen Arten auch als Nahrung für den Menschen geeignet (so die Erbse und die Linse, die in Griechenland schon in der Steinzeit als Nutzpflanze auftreten, zum Beispiel in der Franchthi-Höhle).


Häufig wachsen mehrere Wicken- und Platterbsen-Arten durcheinander.

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Wicken, Vicia

Einblütige Wicke, Vicia articulata, Hornem.


Die Einblütige Wicke ist eine sehr zarte, schmale Pflanze mit kleinen weißlichen, langgestielten Blüten. Ihre Fiederblätter sind klein, schmal und abgestutzt. Die Nebenblätter sind auffällig fein zerteilt. Die ganze Pflanze ist kahl. Sie wächst in Getreidefeldern.


Die kahle Hülse beinhaltet 3 bis 4 Samen. Für die Bestimmung dieser Art danke ich sehr herzlich Arne Strid.

Bithynische Wicke, Vicia bithynica, L.


Die Bithynische Wicke hat große, rundliche Blätter mit wenigen Fiedern.


Ihre hübschen Blüten sind lila-weiß gefärbt.

Kretische Wicke, Vicia cretica, Boiss. & Heldr.


Die zarte Kretische Wicke hat kleine Blätter mit meist nur 4 Paar länglichen Fiederblättchen.


Die kleinen Blüten sind purpurn mit dunkleren Streifen.


Die Kretische Wicke wächst fast immer, so wie hier, in den sehr dornigen Büschen der Dornigen Bibernelle (Sarcopoterium spinosum). Hier sieht man auch die breiten, braunen Hülsen.

Spitzblättrige Wicke, Vicia cuspidata, Boiss.


Diese ostmediterrane Wicke hat weißliche sitzende Blüten und schmale, zugespitzte Blätter.


Die Hülse besitzt einen gebogenen Schnabel.

Hybrid-Wicke, Vicia hybrida, L.


Die gelbe Hybrid-Wicke ist sehr häufig.


Die Blüten sind auf dem Rücken behaart.

Platterbsen-Wicke, Vicia lathyroides, L.

Die kleine Wicke Vicia lathyroides blüht recht früh im Frühjahr. Sie kommt in der Tragaía und bei Sífones vor.

Vicia lathyroides
Bei dieser kleinen, unauffälligen Art mit sitzenden Blüten und kurzer, weicher Behaarung handelt es sich um Vicia lathyroides.

Vicia lathyroides
Vicia lathyroides hat zweifarbige Blüten mit dunklerer, rötlicher Fahne und helleren, bläulichen Flügeln. Die Kelchzähne sind etwa gleich lang. Die Blätter tragen oft keine Ranke, sondern nur eine kleine Granne. Die Schote hat eine leicht gebogene Spitze.

Gelbe Wicke, Vicia lutea, L.


Vicia lutea hat meist hellgelbe Blüten und ist stark abstehend behaart.


Die Nebenblätter weisen manchmal einen deutlichen schwarzen Fleck auf.


Die Blüten können auch rosarot gefärbt sein. Die langen Haare der Hülsen stehen auf kleinen Warzen.


Die oberen Kelchzähne der Blüten sind kürzer als die unteren.

Vicia pannonica ?, Crantz


Diese Art hat zahlreiche, dichtstehende, ungestielte rosa Blüten und anliegend behaarte Hülsen; ich habe sie bislang erst einmal gesehen.

Fremde Wicke, Vicia peregrina, L.


Die seltene Art Vicia peregrina wächst in der Phrygana. Sie besitzt sehr schmale, an der Spitze abgeschnittene Fiederblättchen.


Die Fahne der intensiv dunkel-lila Blüten ist tief ausgerandet.


Die Hülsen sind kurz geschnäbelt und recht breit.

Vicia pinetorum, Boiss. & Spruner


Diese große, schöne Art besitzt cremefarbene Blüten. Sie kommt an schattigen Hängen in den Bergen vor.

Vicia pubescens, (DC.) Link


Bei dieser sehr zarten Wicke handelt es sich um Vicia pubescens.


Sie besitzt winzige, langgestielte, hellblaue Blüten mit dünnen, recht langen Kelchzähnen.


Die Hülsen weisen meist vier Samen auf.

Saat-Wicke, Vicia sativa, L.


Die Saatwicke ist sehr häufig; sie wird auch als Futterpflanze angebaut.


Die Blüten sind purpurn; charakteristisch ist der schwarze Fleck auf den Nebenblättern.


Auffällig sind die Hülsen mit dicken Samen darin.


Die Samen sind essbar; jung schmecken sie süßlich, während die reifen einen deutlichen Bittermandel-Geschmack haben.

Vicia villosa ssp. microphylla, (d’Urv.) P.W. Ball


Diese Unterart von Vicia villosa kommt vor allem in der Phrygana vor.


Die Blüten sitzen in lockeren Blütenständen. Sie sind lila mit weißlichen Flügeln. Die Fiederblättchen sind breit oval bis länglich, die Hülse ist leicht geadert.

Vicia villosa ssp. eriocarpa, (Hauskn.) P.W. Ball


Diese Unterart bildet vielblütige, sehr dichte Blütenstände aus; die Fiederblättchen sind schmaler als bei der vorigen Unterart. Sie kommt vor allem auf Feldern und an Wegrändern vor.


Die zahlreichen, hängenden Blüten sind auf charakteristische Weise angeordnet.


Die Blüten besitzen sehr ungleiche Kelchzähne. Die Hülse ist fein behaart.


Die Art ist bei uns stellenweise sehr häufig und kann dichte Bestände bilden.

Vicia sibthorpii, Boiss.


Vicia sibthorpii ist dicht behaart. Die Blüten sind bläulicher, ansonsten ist sie V. villosa recht ähnlich. Es handelt sich um eine recht seltene Art, die auf Naxos erst wenige Male nachgewiesen worden ist. Fotos und Bestimmung durch Stefan Meyer.


Diese Art ist nach John Sibthorp, dem Autor der Flora Graeca benannt, der Ende des 18. Jahrhunderts durch den Balkan reiste und viele noch unbeschriebene Arten sammelte und dokumentierte. Seine Pflanzensammlung existiert noch heute; die Flora Graeca wurde allerdings erst nach einem frühen Tod herausgegeben.

Platterbsen, Lathyrus

Die Platterbsen (Lathyrus) sind ebenfalls mit zahlreichen Arten im Mittelmeerraum vertreten; für Naxos werden 6 Arten angegeben. Ihre Blätter haben im Gegensatz zu den Wicken meist weniger Fiedern; manchmal sind die Blätter grasartig langgestreckt. Charakteristisch sind die geflügelten Stängel. Auch die Platterbsen sind nicht gerade einfach zu bestimmen.

Einjährige Platterbse, Lathyrus annuus, L.


Die Einjährige Platterbse besitzt geflügelte Stängel und lange, sehr schmale Blätter mit feinen Nebenblättern. Sie wächst an feuchten Stellen und ist auf Naxos selten.


Die Blüten sind gelb bis orange.

Ranken-Platterbse, Lathyrus aphaca, L.


Die Ranken-Platterbse hat blassgelbliche Blüten; sie ist leicht an den charakteristischen Blättern zu erkennen: eigentlich handelt es sich um die Nebenblätter, während die Blattspreite zu einer Ranke reduziert ist.

Purpur-Platterbse, Lathyrus articulatus, L.

Sehr ähnlich ist L. clymenum. Die beiden Arten unterscheiden sich nur an der Gestaltung des Griffels: während Lathyrus articulatus einen stumpfen Griffel aufweist, trägt der von L. clymenum eine kleine Granne. Soweit ich es bislang überprüft habe, scheint es sich bei uns um Lathyrus articulatus zu handeln. Die Purpurplatterbse ist essbar: Aus ihren getrockneten Samen wird ein gelber Erbsenbrei (fava) bereitet, der in Griechenland sehr beliebt ist. Heute wird fava noch beispielsweise auf Santorin und Schinoussa angebaut.


Die Purpur-Platterbse ist bei uns sehr häufig.


Sie besitzt breit geflügelte Stängel.


Die Blüten sind zweifarbig mit roter Fahne und hellrosa Flügeln.


Von der sehr ähnlichen Art L. clymenum unterscheidet sich L. articulatus nur an der Gestaltung der Narbe: Hier ist sie stumpf, bei L. clymenum ist sie dagegen nach unten gebogen und begrannt.

Rote Platterbse, Lathyrus cicera, L.


Es gibt mehrere Platterbsen-Arten mit roten Blüten auf Naxos; darunter ist die Rote Platterbse mit Abstand am häufigsten.


Sie besitzt lange, grasartige Blätter, breite Nebenblätter und lange Kelchzähne.

Felsen-Platterbse, Lathyrus saxatilis, (Vent.) Vis.


Die seltene und sehr zarte Lathyrus saxatilis besitzt einen ungeflügelten Stängel und Blätter mit zwei schmalen, etwa 2 cm langen Fiederpaaren.


Die kleinen weißen Blüten weisen zarte lilablaue Striche auf.

Lathyrus setifolius, L.


Lathyrus setifolius ist eine sehr zarte Pflanze mit sehr langen und schmalen Blättern, schmalen Nebenblättern und kaum geflügeltem Stängel. Diese Art ist auf Naxos nur selten anzutreffen.


Die Blüten sehen denen der Roten Platterbse ähnlich; das Schiffchen ist vorn schwärzlich.


Die Hülse ist breit und weist eine deutliche Netznervatur auf.

Lathyrus sphaericus, Retz.


Lathyrus sphaericus ist eine weitere roteblühende Platterbse; ich habe sie auf Naxos erst einmal im Flusstal von Engarés angetroffen.


Sie besitzt einen ungeflügelten Stängel, sehr lange und schmale grasartige Blätter und sehr schmale Hülsen.

Linsen, Lens

Die Linsen sind eine kleine Familie mit nur sechs Arten, die im Mittelmeergebiet und in Asien vorkommen. Lens culinaris ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Die Linsen sind den Wicken sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in den kürzeren Hülsen und den abgeflachten (linsenförmigen) Samen. Auf Naxos kommen zwei Arten vor, von denen es bislang jedoch nur je einen Nachweis aus den 50er Jahren gab. Beide Arten habe ich dieses Jahr (2023) bei Apíranthos wiedergefunden.


Die Samen der Linsen sind abgeflacht (linsenförmig) und sehen denen der Kulturlinse sehr ähnlich.

Zwerg-Linse, Lens ervoides, (Brign.) Grande


Die Zwerg-Linse kommt in der Nähe von Apíranthos in lockerem Kermeseichen-Wald vor. Es handelt sich um eine sehr zarte Pflanze.


Die Blüten sind sehr klein; die Fahne ist bläulich, Flügel und Schiffchen sind weißlich gefärbt.


Charakteristisch für die Linsen-Arten sind die langgestielten, kurzen Hülsen; bei dieser Art sind die Hülsen kurz behaart. Der Kelch besitzt sehr lange Zähne. Die Blätter der Zwerg-Linse weisen meist nur zwei oder drei Fiederblatt-Paare auf und besitzen keine Ranke. Untypisch für die Art sind bei unseren Exemplaren die einfachen, lanzettlichen Nebenblätter.

Schwärzliche Linse, Lens nigricans, (M. Bieb.) Godr.


Die Schwärzliche Linse habe ich nur einmal gefunden, ebenfalls in der Nähe von Apíranthos. Bei dieser Art sind die Hülsen kahl, die Blätter besitzen mehr Fiederblättchen und tragen eine Ranke, und der Blütenstiel trägt eine Granne. Auch hier sind an unserer Pflanze die Nebenblätter (untypischerweise) nicht gezähnt, sondern einfach und lanzettlich.

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siehe auch:

Zur Flora von Naxos

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