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Agios Dimitris

Agios Dimitris Moutsouna Naxos
„unsere“ Kapelle, Ágios Dimítris

Und hier eine Geschichte zu dieser Kapelle, aus den Erzählungen meines Schwiegervaters Dimitris Mandilaras:

„…Als nun Vassilis und Nikos das Grundstück in Agios Dimitris erworben hatten, wandte sich Mitsos an seinen Namenspatron und versprach ihm: „Heiliger Dimitris, wenn du mir beistehst und es mir möglich machst, dann werde ich deine Kapelle wieder aufbauen! Axíosé me na se xanachtíso!“
Es ergab sich aber zunächst keine Gelegenheit für den Wiederaufbau. Mitsos kam nur selten nach Naxos und arbeitete in Athen hart, um seine Familie zu ernähren. Im folgenden Jahr, also 1970, baute Vassilis ein Haus auf seiner Grundstückhälfte, in dem die Familien von nun an ihre Ferien verbrachten. Auch Nikos begann bald mit dem Bau eines Hauses: Im Jahr 1972 wurde mithilfe mehrerer Arbeiter aus Koronos und Komiaki der Beton gegossen (damals machte man das noch per Hand). Gänzlich fertiggestellt wurde dieses Haus aber erst einige Jahre später.
Ende August 1971 hatte Mitsos einen merkwürdigen Traum: Ihm war, er befinde sich in seinem Vaterhaus in Koronos. Da sah er, als er zum offenen oberen Flügel der Haustür hinausschaute, einen Mann um die Ecke der Gasse kommen, einen alten, dünnen, unrasierten Mann mit einem hellen Strohhut. Der Alte kam geradewegs zum Haus und stieg die drei Stufen zur Tür hinauf. Die untere Türhälfte war mit dem üblichen, schweren Holzriegel von innen versperrt. Der Mann streckte seinen Arm herein, so als sei er hier zu Hause, öffnete den Riegel und trat ein. „Wer bist du?“ fragte Mitsos ihn erstaunt. „Was willst du hier?“ – „Ich suche dich!“ erwiderte der Mann. „Mich? Aber was willst du denn von mir? Ich kenne dich doch gar nicht!“ wandte Mitsos ein. Da antwortete der Mann: „Ich bin Dimitris. Ich wollte dich daran erinnern, dass du mir etwas versprochen hast!“ Und damit drehte er sich um, ging ohne ein weiteres Wort hinaus, lief die Gasse hinunter und verschwand um die Ecke.
Am nächsten Tag während der Arbeit fiel Mitsos dieser Traum plötzlich wieder ein und er verstand sofort seine Bedeutung: Er sollte die Kirche wieder aufbauen! Als nach einigen Tagen ihre Arbeit auf dieser Baustelle beendet war, meldete er sich nicht arbeitslos, wie sonst üblich, sondern fuhr stattdessen nach Naxos.
Mitsos hatte kein Geld für den Bau der Kapelle, aber sein Schwager Vassilis, der als Tankwagenfahrer gut verdiente, übernahm die Kosten, während Mitsos die Arbeit leistete. Er machte sich sofort ans Werk. Zweiunddreißig Tage lang war er beschäftigt. Zunächst konnte er kaum ausmachen, wo sich die Kapelle befunden hatte: Die Wände waren völlig zerfallen. Aber er erinnerte sich, dass sie auf den Küstenfelsen südlich des Firolimnari gestanden hatte, wo im Meer in zwei, drei Metern Tiefe Süßwasserquellen hervorsprudeln und bei Windstille deutlich sichtbare kreisförmige Schlieren bilden. Und nach einigem Suchen fand er auf dem südlichsten Marmorfelsen die Fundamente der Kapelle unter dem Steinschutt, der von den eingestürzten Wänden stammte.
Er legte die Fundamente frei und schaffte weitere zum Bauen geeignete Steine herbei. Kies und Sand für den Mörtel und den Beton holte er vom Strand. Zement und Kalk brachten ihnen Hirten, die einen kleinen Lastwagen besaßen, aus der Chora, und sie mussten sie nur von der drei Kilometer entfernten Fahrstraße abholen. Das besorgte Angelikis Cousin Axaovassilis mit seinem Maultier. Dieser kam oft aus Koronos herunter, ging mit Nikos und Kostas auf die Jagd und brachte ihnen Brot und andere Verpflegung.
Keiner half Mitsos beim Bauen; die Jugend beschäftigte sich mit Fischen und Baden. Nur die Frauen trugen ihm von dem knapp fünfhundert Meter entfernten Brunnen Glyfada (glyfádha = brackige Quelle) das Süßwasser für den Mörtel herbei. Schließlich waren die Wände fertig; nun musste das Dach gegossen werden. Mitsos verschalte den Bau, dann schaffte er alles erforderliche Material herbei. Er mischte den Beton mit der Schaufel und schüttete ihn eimerweise auf das Dach; dabei half ihm sein hochgewachsener Neffe Kostas, indem er ihm die Eimer anreichte. Endlich war das Dach fertig. Mitsos war erschöpft. Nun musste er noch verputzen und das Dach musste einige Tage lang gewässert werden; für beides war viel Süßwasser erforderlich. Aber Mitsos hatte keine Lust mehr, Wasser zu schleppen, und auch die Frauen waren es müde geworden. Also wandte er sich an den Heiligen: „Nun, Heiliger Dimitris, kannst du auch noch ein wenig helfen! Lass es wenigstens regnen, damit wir kein Wasser mehr schleppen müssen!“ Es war allerdings erst Mitte September und das Wetter noch sehr sommerlich, also würden sie wohl weiter Wassereimer herbeitragen müssen…
Weil so viele Leute da waren und nicht alle im Haus Platz fanden, schlief Mitsos im Weinberg; er hatte schon immer gern im Freien geschlafen. Er hüllte sich in eine Decke, legte sich in den Windschatten und schaute den Sternen bei ihrer nächtlichen Wanderung zu. In dieser Nacht wurde er von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Es dauerte ein Weilchen, bis ihm klar wurde, was es war. Schließlich begriff er: Es regnete! Große, schwere Regentropfen platschten auf die Weinblätter; das Laub raschelte. Mitsos sprang erfreut auf, dankte dem Heiligen und stellte Schüsseln und Fässer unter den Ablauf vom Dach und von der Terrasse. Es regnete zwar nicht sehr lang, aber heftig. Das frisch gegossene Dach der Kapelle wurde gut gewässert, und Mitsos sammelte so viel Wasser, dass er damit den Bau beenden konnte….“