Plattentektonik und Gebirgsbildung
Der Aufbau der Erde
Die Erde ist aufgebaut aus der dünnen Kruste (nur 0,7 % der Erdmasse), dem dicken Mantel und dem Kern, der etwa 30 % der Erdmasse umfasst. Der Kern besitzt einen festen inneren Bereich aus Eisen und Nickel und einen flüssigen äußeren Bereich aus Eisen und Schwefel. Der Mantel ist aus festem, aber fließfähigem Material aufgebaut. Er besteht vor allem aus dem Gestein Peridotit aus relativ silikatarmen, eisen- und magnesiumreichen (“ultrabasischen”), dunklen Mineralien wie Olivin und Pyroxen. Umgeben ist der Mantel von der dünnen, festen, spröden Kruste. Diese enthält eine ganze Anzahl chemischer Elemente, größtenteils in Form einiger häufiger Minerale wie vor allem Silikaten, Carbonaten und Oxiden. Die häufigsten Minerale sind die Silikate (insbesondere Feldspäte und Glimmer) sowie Quarz (Siliziumoxid).
Die Erdkruste
Es gibt zwei unterschiedliche Typen Erdkruste: die ozeanische, die vor allem in den Ozeanen auftritt, und die kontinentale, aus der die Kontinente aufgebaut sind. Die ozeanische Kruste („Sima“) enthält viel Silizium und Magnesium und ist relativ basisch; ihre durchschnittliche Zusammensetzung entspricht der von Basalt. Sie ist meist etwa 5-10 km dick. Die kontinentale Kruste („Sial“) enthält viel Silizium und Aluminium und ist relativ sauer; sie hat eine durchschnittliche Zusammensetzung wie Granit und ist etwa 25-90 km dick.
Die Erdkruste zerfällt in eine Reihe von Platten, die sich gegeneinander mit Geschwindigkeiten von einigen mm bis cm pro Jahr bewegen. Die meisten Platten umfassen sowohl kontinentale als auch ozeanische Kruste. Einige Platten bestehen nur aus ozeanischer Kruste (z.B. die pazifische Platte). Die normale Ozeantiefe beträgt etwa 2000 m.
Die kontinentale Kruste ist dicker und leichter als die ozeanische. Sie besteht aus mehreren großen Stücken, den Kontinenten, die auf dem Mantel „schwimmen“ wie Eisberge auf dem Meer (das Verhältnis von eingetauchter zu herausragender Masse ist etwa entsprechend). Die Kontinente existierten im Großen und Ganzen im Laufe der Erdgeschichte in ähnlicher Form, aber sie driften in unterschiedlicher Weise über den Erdball und lagern sich dabei abwechselnd aneinander (bei den Kollisionen entstehen die Gebirge) und brechen wieder auseinander. Teilweise kann die kontinentale Kruste durchaus auch vom Meer überschwemmt sein (Schelfbereiche, normalerweise bis etwa 200 m tief).
Die ozeanische Kruste wird ständig neu gebildet und wieder eingeschmolzen; sie erneuert sich laufend. Diese Erneuerung geht aus von den mittelozeanischen Rücken, an denen die Platten voneinander weg driften (divergente Plattengrenzen), wobei (durch die Druckentlastung verflüssigtes) Magma aus dem Mantel hervordringt und zu neuer Kruste verfestigt wird. Auch wenn ein Kontinent auseinander bricht, tritt im entstehenden Graben ozeanische Kruste zu Tage; ein neuer Ozean beginnt sich zu bilden (z. B. Great Rift in Afrika).
Vulkanismus
An den divergenten Plattengrenzen, d.h. wo zwei Platten sich voneinander entfernen, tritt basaltischer (“basischer”) Vulkanismus auf. Die aus den aufreißenden Spalten zur Oberfläche dringende Lava ist sehr heiß und dünnflüssig. Dementsprechend quillt sie meist recht gleichmäßig ohne größere Expolsionen hervor. Diese Vorgänge spielen sich normalerweise tief unter dem Meeresspiegel ab und können nur an wenigen Stellen an Land beobachtet werden (z.B. Island).
Auch innerhalb einer Platte (genauer gesagt im Mantel unter ihr) kann eine (nicht an eine tektonische Störung gebundene) Stelle existieren, an der Magma aus dem Erdmantel bis zur Oberfläche dringt und sich ein Vulkan bildet. Diese Stellen nennt man Hot Spot (z.B. Hawaii und die meisten anderen Pazifikinseln, Yellowstone). Man erklärt sich ihr Entstehen durch aufwärts gerichtete Strömungen (“plumes”) im Erdmantel; das heiße, leichte Magma kann sich an diesen Schwächestellen den Weg bis zur Erdoberfläche bahnen. Die Platten driften gegebenenfalls über die besagten Stellen im Erdmantel hinweg; so entstehen im Laufe der Zeit Insel- bzw. Vulkanketten.
Auch an konvergenten Plattengrenzen, d.h. wo zwei Platten aufeinander stoßen, tritt häufig Vulkanismus auf. Wo zwei ozeanische Platten kollidieren, werden sie wieder eingeschmolzen, indem sie in tiefere Mantelbereiche abtauchen; meist wird eine der beiden Platten unter die andere geschoben. Dabei bilden sich ein Tiefseegraben an der Stelle der Subduktion und dahinter eine (wegen der Erdkrümmung bogenförmig angeordnete) Kette von Vulkaninseln (z. B. Japan, Aleuten), da das in der Tiefe aufschmelzende Krustenmaterial leichter ist als das umgebende Mantelmaterial und wieder zur Oberfläche emporquillt.
Wenn eine ozeanische Platte und eine kontinentale Platte zusammenstoßen, taucht die schwerere ozeanische Platte (in einem Winkel von etwa 40°) unter die leichtere, höher schwimmende Kontinentalplatte ab. Die Kontinentalplatte wird dabei durch den Druck gestaucht und aufgefaltet; es bildet sich ein Küstengebirge (z.B. Anden). Auch an diesen konvergenten Plattengrenzen tritt häufig Vulkanismus auf, da die ozeanische Kruste, die unter der kontinentalen Platte eingeschmolzen wird, aufquillt; auch das Mantelgestein wird durch den Kontakt verflüssigt. Ein Stück vor der Küste verläuft der Tiefseegraben. In diesem lagern sich die durch die Flüsse herantransportierten Sedimente aus den Erosionsprodukten des Gebirges ab; so entsteht ein charakteristisches Gestein (Flysch).
Der Vulkanismus an den konvergenten Plattengrenzen wird als „saurer Vulkanismus“ bezeichnet, da sich aus der austretenden Lava „saure“, d.h. relativ kieselsäurereiche Gesteine bilden: Diese haben einen niedrigeren Schmelzpunkt als die basischen, so dass letztere schon in der Tiefe erstarren, während erstere beim Aufdringen zur Erdoberfläche am längsten flüssig bleiben. Das Magma aus der aufgeschmolzenen ozeanischen Kruste ist vergleichsweise kühl und zähflüssig. Außerdem enthält die subduzierte ozeanische Kruste viel Wasser, und zusätzlich werden durch die Druckentlastung beim Aufsteigen des Magmas große Mengen an Gas frei. An den konvergenten Plattengrenzen liegen über der Zone, in der die subduzierte Platte eingeschmolzen wird, die bei der Kollision aufgefalteten Gebirge. Entsprechend kann sich das aufquellende Magma seinen Weg viel schwerer bahnen als an divergenten Plattengrenzen. So kommt es zum Aufbau hoher Drücke und dadurch oft zu heftigen, zerstörerischen Explosionen (z.B. Indonesien, Anden, Alaska).
Die ozeanische Kruste wird bei der Subduktion größtenteils eingeschmolzen, allerdings können Stücke von ihr am Kontinent „kleben“ bleiben, die dann in das Küstengebirge eingebaut werden (Ophiolithe). Ebenso kann man in den Gebirgen oft die Reste von an den Kontinent angeschweißten, mit der ozeanischen Platte herangedrifteten Mikrokontinenten oder vulkanischen Inselbögen finden. Oft werden alle (gegebenenfalls kilometerdicken) auf der ozeanischen Kruste abgelagerten Sedimente (z.B. Flysch und Schelfkarbonate) von dieser abgeschert und über Hunderte von Kilometern auf die kontinentale Platte aufgeschoben.
Wenn zwei kontinentale Platten aufeinander stoßen, werden sie zu einem hohen Gebirge aufgetürmt. Hierbei tritt üblicherweise kein Vulkanismus auf (z.B. Himalaja). Gebirge können kaum über 9 km hoch werden, da dann ihr unterer Bereich so tief einsinkt, dass er den Mantel erreicht, wo er wieder eingeschmolzen wird.
Orogenese
Gebirge entstehen durch die Kollision von Kontinentalplatten. Die Ränder der Kontinente werden beim Zusammenstoß gestaucht, aufgefaltet und übereinandergeschoben. Die Auffaltung läuft nicht kontinuierlich ab, sondern in kleinen Schüben, die durch Erdbeben spürbar werden. Die Gesteinsschichten werden bei der Stauchung verbogen und in kleine oder große Falten gelegt oder auch entlang von Gleitflächen gegeneinander verschoben. Bei einem Erdbeben kann die Erde um bis zu 10 Meter angehoben oder seitlich verschoben werden; meist sind die Versetzungen allerdings viel geringer. Falten und Sprünge bzw. Verschiebungen können in allen Größenordnungen zwischen wenigen Millimetern und Hunderten von Kilometern auftreten.
Die im Gestein erkennbaren Sprünge werden Verwerfungen genannt. Man unterscheidet zwischen normalen Verwerfungen (Abschiebung; Abrutschen an mehr oder weniger schräger Fläche, ohne dass die Schichten übereinander geschoben werden), widersinnigen Verwerfungen (Abschnitte derselben Schicht geraten übereinander; Stauchung), Überschiebungen (ebenso, aber an sehr flach liegender Gleitfläche) und seitlichen Blattverschiebungen. Widersinnige Verwerfungen und Überschiebungen entstehen bei der Kollision von Platten und der Auffaltung von Gebirgen; normale Verwerfungen und Abschiebungen dagegen bei der Extension (Dehnung) einer Region.
Im zentralen Bereich eines Gebirges werden in der Tiefe die Gesteinsmassen durch den hohen Druck aufgeschmolzen. Bei ihrem Wiedererstarren nach dem Ende der Orogenese bildet sich Granit. Wenn das Gebirge durch Erosion wieder abgetragen wird, dann tritt in seinem zentralen Bereich oft die ehemalige granitische “Gebirgswurzel” zu Tage. Ein granitischer “Dom” kann auch bei der Dehnung einer Region entstehen, wenn aufgrund der Verdünnung der Kruste Magma in höhere Bereiche aufquellen kann. Dieser kann später durch Erosion freigelegt werden.
Die Kruste wird bei einer Gebirgsbildung meist nicht einfach in die Höhe hoben, sondern normalerweise auch stark verfaltet (Faltengebirge), oder es werden große Bereiche der Kruste über andere hinweg geschoben und übereinander gestapelt (Deckengebirge). So wird bei der Orogenese die beteiligte Kruste auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Ausdehnung zusammengestaucht (im Fall der Alpen zum Beispiel etwa auf ein Zehntel).
Die Alpen als typisches Falten- und Deckengebirge sind durch die Einengung eines ehemaligen Ozeans (der Tethys) zwischen der europäischen und der adriatischen/afrikanischen Platte entstanden. Sie bestehen aus diversen Gesteinsmassen, die bei der Kollision der adriatischen mit der europäischen Platte aufgefaltet wurden: aus den Sedimenten (vor allem Kalksteine und Schiefer) der beiderseitigen Schelfbereiche der kollidierenden Platten, aus Resten der Ozeanböden und des mittelozeanischen Rückens (im Gebirge lokal als Ophiolithe erhalten), aus Sedimenten der Gebirgsvortiefe (Flysch) und aus der im Zentrum des Gebirges freigelegten granitischen Gebirgswurzel.
Gebirgsbildung und Erosion
Wenn man ein durchschnittliches Höhenwachstum von einem Millimeter pro Jahr zugrunde legt, ergibt sich für die Auftürmung eines 4 Kilometer hohen Gebirges (ohne Berücksichtigung der Erosion) eine theoretische Zeitspanne von 4 Millionen Jahren. Die Dauer einer jeden der verschieden Perioden der Erdgeschichte (je um die 500 Millionen Jahre) reicht also zum Auftürmen und auch zum Wiedereinebnen ganzer Gebirgsketten aus.
Mit der Auffaltung eines Gebirges setzt auch seine Erosion ein. Je höher und steiler ein Gebirge ist, desto höher ist die Reliefenergie und desto schneller wird es wieder abgetragen. Die Hauptrolle spielen dabei die Flüsse, die das durch Verwitterung gelockerte Gesteinsmaterial davontragen. Die Auffaltung eines Gebirges spielt sich in Geschwindigkeiten von etwa 1 bis 50 mm Höhenzuwachs pro Jahr ab; entsprechende Werte erreicht auch die Erosion. Die jüngeren Gebirge der Erde sind noch hoch und steil (z.B. Alpen, Himalaja), während die älteren niedrig und weich geformt sind, da sie schon durch die Erosion weitgehend abgetragen sind (z.B. deutsche Mittelgebirge, Ural, Appalachen).
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