Wolfsmilchgewächse, Euphorbiaceae
Die weltweit verbreiteten Wolfsmilchgewächse sind eine artenreiche, vielfältige Familie innerhalb der Ordnung der Malpighienartigen (auch Johanniskräuter, Lein, Weiden); sie umfasst 240 Gattungen mit etwa 6000 Arten. Auf Naxos kommen Vertreter von drei Gattungen vor: je eine Art der Gattungen Chrozophora und Mercurialis (Bingelkräuter) und etwa 10 Arten der Gattung Euphorbia (Wolfsmilch).
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Lackmuskraut, Chrozophora
Es gibt etwa zehn Lackmuskraut-Arten, die im Mittelmeergebiet, aber auch anderswo in Europa und Asien vorkommen. Es handelt sich um relativ ursprüngliche Wolfsmilchgewächse, deren Blüten zwar sehr klein, aber nicht ganz so reduziert sind, wie die von Euphorbia. Auf Naxos kommt Chrozophora tinctoria vor.
Lackmuskraut, Chrozophora tinctoria, (L.) A. Juss.
Das Lackmuskraut ist auf Naxos im Sommer hier und da in Feldern, Weinbergen und Gärten zu finden; es wächst gemeinsam mit Pflanzen wie dem Schwarzen Nachtschatten und der Sonnenwende. Es ist stark giftig und wurde früher als Brechmittel bei Pilzvergiftungen eingesetzt. Im Mittelalter wurde die Pflanze zum Herstellen der Farbe Tournesol verwendet, die wie Lackmus je nach pH-Wert ihre Farbe von rot (sauer) nach blau (alkalisch) ändert, und vor allem in der Buchmalerei benutzt wurde. Bei den südeuropäischen Vorkommen des Lackmuskrautes handelt es sich möglicherweise um die letzten Überbleibsel einer derartigen Nutzung.
Das Lackmuskraut besitzt filzig graugrüne Stängel und Blätter. Auffällig sind die rundlichen, warzigen, dreispaltigen Kapselfrüchte.
Die winzigen gelblichen Blüten stehen in kleinen Trauben, wobei die männlichen Blüten oben sitzen, die gestielten weiblichen Blüten darunter.
Die Kapsel ist rundlich mit kleinen Warzen. Hier sieht man auch die sternförmigen Haare auf den Blättern, die der Pflanze das filzig-graugrüne Aussehen verleihen.
Wolfsmilch, Euphorbia
Die weltweit verbreitete Gattung Euphorbia umfasst etwa 2160 Arten; besonders viele, oft sukkulente Arten kommen in tropischen und subtropischen Regionen vor. Die Pflanzen besitzen gegenständige, wechselständige oder wirtelige Blätter. Die Stängel geben einen stark reizenden Milchsaft ab, der nicht in Kontakt mit Augen und Schleimhäuten kommen sollte; der giftige Saft der Palisaden-Euphorbie wurde früher auf Naxos zum Betäuben und Fangen von Fischen verwendet.
Die Blüten der Euphorbien sind getrenntgeschlechtlich und sehr stark reduziert. Sie stehen in sogenannten Cyathien (Scheinblüten) aus je einer weiblichen Blüte, die nur noch aus dem Fruchtknoten und Griffel besteht, und fünf um sie herum angeordneten männlichen Blüten, die je nur noch aus einem Staubblatt bestehen. Diese Blüten sind von einer kleinen Blütenhülle (Involucrum, Bracteolen) mit mehreren (meist vier oder fünf) Nektardrüsen eingehüllt, um die herum oft auffällige, manchmal blütenblattartige Hochblätter (Brakteen) stehen. Die Nektardrüsen können unterschiedliche Formen haben; oft sind sie länglich oder nierenförmig; bei vielen Arten besitzen sie an den Enden gebogene Hörnchen. Bei den meisten Euphorbien stehen je mehrere Cyathien in Scheinblütenständen (Trugdolden, Zymen) zusammen.
Cyathien der Palisaden-Wolfsmilch mit den je vier bräunlichen Nektardrüsen und den umgebenden, an der Unterseite behaarten Brakteen. An den unteren Blüten kann man den Griffel und die Staubblätter erkennen; bei der oberen Blüte sieht man die behaarte, dreilappige Kapselfrucht, während die Staubblätter verwelkt sind.
Hier sieht man gut die die Cyathien umhüllenden Brakteen, die Kapselfrucht und die glänzenden Nektardrüsen mit den langen, dünnen Hörnchen (Euphorbia terracina).
Untergattung Chamaesyce
Eine Reihe von Wolfsmilch-Arten wird von manchen Autoren in eine eigene Gattung (Chamaesyce) gestellt; von anderen Autoren wird diese Gruppe nur als Untergattung betrachtet. Diese Arten zeichnen sich aus durch gegenständige Blätter mit Nebenblättern und einem schiefen, unsymmetrischen Blattansatz sowie durch einen meist dem Boden anliegenden Wuchs. Fünf Arten dieser Untergattung sind auf Naxos nachgewiesen worden; die meisten davon sind Pflanzen ruderaler Standorte, die auf Naxos nur selten vorkommen.
Euphorbia chamaesyce, L.
Die erste Art der Untergattung Chamaesyce kommt bei uns in Garten und Weinberg recht häufig vor.
Euphorbia chamaesyce ist eine kleine, niederliegende Pflanze mit unauffälligen, weißlichen Blüten. Sie ist trägt feine Haare auf der Blattunterseite und an den Stängeln.
Charakteristisch sind die kleinen Nebenblätter (die bei den meisten anderen Euphorbien-Arten fehlen) und der schiefe Ansatz der rundlichen, leicht gezähnten Blätter. Auch die bis zu 2 mm großen Kapseln sind fein behaart.
Euphorbia serpens, Kunth
Ähnlich ist Euphorbia serpens, die ich in Südost-Naxos in einem Weinberg angetroffen habe.
Euphorbia serpens sieht der vorigen Art auf den ersten Blick ähnlich, ist aber gänzlich kahl und die Blätter sind rundlicher und leicht fleischig.
Hier sieht man die Blätter von unten sowie die kleinen kahlen Kapseln.
Euphorbia prostrata, Aiton
Die ebenfalls zur Untergattung Chamaesyce gehörende Art Euphorbia prostrata war bislang auf Naxos nicht nachgewiesen. Sie wächst an einer Stelle in den Gassen von Apíranthos.
Euphorbia prostrata wächst ebenfalls dem Boden anliegend; die gegenständigen Blätter stehen schön geordnet am Stängel. Blattunterseite und Stängel sind eher anliegend behaart.
Die Art ist daran zu erkennen, dass die Kapseln auf den Kielen abstehend behaart sind.
Meerstrand-Wolfsmilch, Euphorbia peplis, L.
Die Meerstrand-Wolfsmilch kommt an Sandstränden vor, hier am Strand von Azalás.
Euphorbia peplis wächst als niedrige Pflanze und ist kahl und leicht fleischig; ihre Stängel sind meist rot gefärbt. Die gegenständigen Blätter besitzen wie bei den anderen Arten der Untergattung Chamaesyce einen schiefen Ansatz und sind leicht seitlich gebogen. Die glatten, oft ebenfalls rötlichen Kapseln hängen unterhalb der Blätter.
Untergattungen Euphorbia und Esula
Palisaden-Wolfsmilch, Euphorbia characias, L.
Die große Palisaden-Wolfsmilch ist in den mittleren Lagen von Naxos (Tragaia, Hochtäler der Gebirge usw.) sehr häufig.
Die Palisaden-Wolfsmilch wird bis fast einen Meter hoch; sie ist in der Landschaft unübersehbar.
Ihre Cyathien besitzen auffällige dunkelbraune Nektardrüsen; in deren Mitte sind die verzweigten Griffel zu erkennen.
Zur Fruchtzeit werden die Nektardrüsen zurückgebildet. Zwischen den verwelkten Staubblättern sieht man die behaarten, dreiteiligen, rundlichen Kapselfrüchte, die je an kurzen Stielchen hängen.
Im Laufe des Sommers fallen die Blätter der Palisaden-Wolfsmilch ab; im Herbst nach den ersten Regenfällen treiben sie wieder aus.
Strand-Wolfsmilch, Euphorbia paralias, L.
Die Strand-Wolfsmilch wächst an Sandstränden. Sie kommt auf Naxos an mehreren Stränden im Westen der Insel vor.
Die Strand-Wolfsmilch besitzt zahlreiche, regelmäßig angeordnete, leicht fleischige Blätter an den langen Stielen.
Ihre Nektardrüsen sind hörnchenförmig.
Euphorbia terracina, L.
Auch die Art Euphorbia terracina kommt an Stränden vor – sie ist ein Bewohner der Sanddünen. Man kann sie zum Beispiel am Strand südlich von Naxos-Stadt finden. Außerdem wächst sie am Fluss unterhalb von Káto Potamiá. Auch sie kommt nur im Westen der Insel vor.
Euphorbia terracina wächst auf Sanddünen und in Flusstälern.
Die schlanken Stängel tragen viele schmale Blätter; die Blütenstände sind locker dichasial verzweigt. Charakteristisch sind die langen, dünnen Hörnchen an den Nektardrüsen.
Baum-Euphorbie, Euphorbia dendroides, L.
Die beeindruckende Baum-Euphorbie kommt in der Gegend von Apóllonas und Liónas auf trockenen Marmor-Hängen vor; auch bei Moutsoúna und Azalás sind einige Exemplare zu finden.
Die Baum-Euphorbie treibt im Winter aus. Die bis zu 2 Meter hohen Bäumchen besitzen wirtelig stehende, lanzettliche Blätter. Die Baum-Euphorbie wächst an felsigen Stellen auf Marmor in trockenen, warmen Lagen der Insel; größere Bestände kommen vor allem bei Apóllonas und Liónas vor.
Im Frühjahr blüht die Baum-Euphorbie; die Pflanzen nehmen dann ein leuchtendes Gelbgrün an.
Hier sieht man die in zusammengesetzten Scheinblütenständen stehenden Cyathien mit den gelbgrünen Brakteen (Hochblättern), den gelben Nektardrüsen und den dreiteiligen Kapselfrüchten.
Im Lauf des Frühjahrs beginnen sich die Brakteen bräunlich zu verfärben.
Bald verwelken auch die Blätter und werden nach und nach abgeworfen.
Im Frühsommer färben sich die Baum-Euphorbien in schönen Gelb-, Rot- und Brauntönen.
Den Sommer überdauert die leicht sukkulente Art in blattlosem Zustand: Sie legt eine besonders ausgeprägte Trockenpause ein, wodurch sie gut an trockene, heiße Standorte angepasst ist.
Euphorbia hirsuta, L.
Die Wolfsmilch-Art Euphorbia hirsuta wächst am Flusslauf bei Mélanes.
Euphorbia hirsuta bildet hohe, gerade Stängel aus, die dicht mit schmalen, leicht stängelumfassenden Blättern besetzt sind. Die ganze Pflanze ist intensiv grün und weich behaart.
Die Hochblätter in den Blütenständen sind eiförmig bis rundlich, die Nektardrüsen nierenförmig. Die Kapseln sind hier noch nicht ausgebildet; sie sind warzig.
Sonnenwend-Wolfsmilch, Euphorbia helioscopia, L.
Die Sonnenwend-Wolfsmilch ist in Gärten und Kulturland häufig.
Die Sonnenwend-Wolfsmilch besitzt eine hübsche Trugdolde mit großen Brakteen, die insgesamt eine Art runde Scheibe formen.
Die Trugdolde ist meist fünfstrahlig. Bei dieser Art sind die Kapseln kahl; die Nektardrüsen besitzen eine ovale Form. Die Brakteen und Stängelblätter sind an der Spitze leicht gezähnelt.
Garten-Wolfsmilch, Euphorbia peplus, L.
Die Garten-Wolfsmilch kommt oft gemeinsam mit der Sonnenwend-Wolfsmilch vor; auch sie wächst in Gärten und Kulturland, ist allerdings wesentlich kleiner und unauffälliger.
Die Garten-Wolfsmilch sieht der Sonnenwend-Wolfsmilch auf den ersten Blick mit ihren rundlichen hellgrünen Blättern ähnlich; sie bildet jedoch keine “Scheibe” aus. Ihre Nektardrüsen besitzen schlanke Hörnchen.
Die Kapselfrüchte weisen vorstehende Nähte auf.
Euphorbia exigua, L.
Auch Euphorbia exigua kommt in Gärten und Kulturland vor; sie wächst aber auch in Macchie und Phrygana. Sie ist ebenfalls in vielen Gegenden von Naxos sehr häufig, aber wegen ihrer Kleinheit leichter zu übersehen.
Euphorbia exigua ist eine kleine, schlanke, leicht zu übersehende Art.
Die Pflanze ist unbehaart und eher spärlich verzweigt; charakteristisch sind die linealen Blätter. Die kleinen Honigdrüsen sind hörnchenförmig.
Bingelkräuter, Mercurialis
Es gibt etwa 10 Bingelkraut-Arten, die in Eurasien verbreitet sind. Die meisten Arten sind zweihäusig, das heißt die männlichen und die weiblichen Blüten stehen an unterschiedlichen Pflanzen. Auf Naxos kommt das Einjährige Bingelkraut vor.
Einjähriges Bingelkraut, Mercurialis annua, L.
Das Einjährige Bingelkraut ist in Gärten und Kulturland sehr häufig und auch in den Wäldern von Naxos anzutreffen.
Das Einjährige Bingelkraut besitzt gegenständige, längliche, gesägte Blätter.
Hier eine männliche Pflanze; die kleinen Blüten sitzen in langen Ähren, die deutlich über die Pflanzen herausragen. Sie besitzen drei Blütenblätter und etwa 15 Staubblätter.
Die weiblichen Blüten sitzen in den Achseln der Blätter. Hier sieht man die behaarten Kapselfrüchte.
Die männlichen Pflanzen (links) sind meist etwas häufiger als die weiblichen (rechts).
siehe auch: Wunderbaum, Rhizinus communis
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