Wasser
Wasser ist im Mittelmeergebiet Mangelware. Die Kykladen sind die trockenste Region Griechenlands; unter den Kykladen ist Naxos jedoch aufgrund seiner Größe und Höhe eine der wasserreichsten Inseln. In den Tieflagen fallen nur geringe Niederschläge (jährlicher Mittelwert um die 360 mm). In den Hochtälern der Berge auf etwa 600 m Höhe regnet es dagegen im Jahresmittel etwa 650 mm, was ein durchaus mitteleuropäischer Wert ist, und für die höchsten Bergspitzen kann man von über 1000 mm ausgehen.
Wasserverfügbarkeit: Die Niederschläge
Für den Wasserreichtum einer Landschaft ist nicht nur die absolute Regenmenge entscheidend, sondern zusätzlich viele weitere Faktoren, so zum Beispiel die Verteilung der Regenfälle übers Jahr. Auf Naxos regnet es ganz überwiegend im Winterhalbjahr. Von Juni bis August fällt fast kein Niederschlag, und auch Mai, September und Oktober sind sehr regenarme Monate. Während der langen Sommerdürre trocknet die Landschaft stark aus, und Pflanzen, die nicht an die Sommertrockenheit angepasst sind, müssen absterben. Natürlich hängt die Wasserverfügbarkeit auch von der Verdunstung ab; auch diese ist auf Naxos wegen der fast ständigen starken, trockenen Winde und der intensiven Sonneneinstrahlung sehr hoch.
Ein wichtiger Faktor für die Wasserverfügbarkeit ist die Regelmäßigkeit und Heftigkeit der Regenfälle. Auch in dieser Beziehung sind die Regenfälle auf Naxos sehr ungünstig: Der Regen fällt sehr unregelmäßig und an vergleichsweise wenigen Tagen im Jahr (durchschnittlich 82 Regentage). Von Jahr zu Jahr können sehr unterschiedliche Regenmengen fallen (in Naxos-Chóra z.B. zwischen etwa 135 und 650 mm), und auch im Winter können lange Regenpausen auftreten. Der größte Teil des Regens fällt in heftigen Güssen: um 60 mm an einem Tag ist keine Seltenheit, und es wurden bis deutlich über 100 mm in wenigen Stunden gemessen. Bei solchen Sturzbächen läuft der allergrößte Teil des Wassers auf dem fast überall steilen Gelände ab (insbesondere nach langer Trockenheit, wenn die ausgedörrte Erde kaum Wasser aufnehmen kann) und fließt sofort ins Meer, wobei meist große Mengen an Erde mitgerissen werden, so dass sich das Meer vor den Flussmündungen rotbraun färbt.
Es regnet zwar selten auf Naxos, aber die Regenfälle sind oft sehr heftig.
Der Einfluss des Gesteins
1. Marmor
Das Untergrundgestein spielt für den Wasserreichtum einer Landschaft eine entscheidende Rolle. In Gebieten mit Marmor oder Kalkstein versickert das Wasser größtenteils in unterirdischen Spalten und Klüften und fließt in unterirdischen Flussläufen ab. Deswegen ist eine Marmor-Landschaft meist sehr trocken. Die Flussläufe sind Torrente, das heißt in ihnen fließt nur nach besonders starken Regenfällen für kurze Zeit Wasser; im Rest des Jahres führen sie aber gegebenenfalls unterirdisch Wasser.
Marmorgebiete sind sehr trocken, da das Regenwasser in den Klüften des Gesteins versickert; in den Flussläufen fließt nur nach heftigen Regenfällen Wasser.
Torrente mit reißendem Fluss nach heftigem Unwetter
2. Schiefer und Granit
In den ausgedehnten Schiefer- und Granitgebieten von Zentral-, West- und Nord-Naxos versickert viel weniger Wasser im Untergrund: das Gestein ist weitgehend wasserundurchlässig. In dieser Region gibt es viele Quellen, einige Tümpel und fünf ganzjährig fließende Flüsse: bei Potamiá, Engarés, Kinídaros, Skepóni, Myrísis und Apóllonas.
Im Winter steht in den Granitgebieten an vielen Stellen das Wasser.
Eine Besonderheit ist dieser kleine Tümpel (der allerdings im Sommer natürlich austrocknet).
ganzjährig wasserführendes Flüsschen nördlich von Kinidaros mit Auwald aus Erlen und Platanen
Quellen
In den Schiefer- und Granitgebieten von Naxos liegen an den Hängen der Berge zahlreiche Quellen, an denen während eines Teils des Jahres oder ganzjährig das Wasser aus dem Boden hervorsprudelt. Auch in den Marmorgebieten sind auf Naxos immer wieder wasserundurchlässige Schiefer-Schichten zwischen die Marmore zwischengelagert, an denen das Wasser in Quellen aus dem Hang tritt. Bei den meisten Quellen versickert das Wasser schon bald wieder im Boden; manche Quellen speisen jedoch ein kleines Flüsschen. Fast in allen Fällen sind die Quellen eingefasst worden und ihr Wasser wird oft in einer kleinen Zisterne gesammelt.
Die bemerkenswerte Quelle Garínou entspringt direkt neben dem Fluss nördlich von Kinídaros.
Die meisten Quellen auf Naxos sind eingefasst und werden zum Bewässern von Beeten und Feldern genutzt. Hier die Quelle in Atsipápi.
An dieser Quelle am Fanári versickert das Wasser zwar bald wieder im Boden, doch die Hirten haben eine kleine Zisterne gebaut, die das ganze Jahr über Wasser hat, so dass die Ziegen und Schafe hier trinken können.
Anpassungen der Pflanzen an die Trockenheit
Die Pflanzen von Naxos haben sich auf vielerlei Art an die Sommertrockenheit angepasst. Entscheidend ist dafür zunächst eine effektive Wasseraufnahme durch die Ausbildung des großen Wurzelsystems. Man kann bei den Pflanzen des Mittelmeerraumes davon ausgehen, dass das Wurzelsystem mindestens ebenso groß ist wie die oberirdischen Teile der Pflanze. Wenn die Pflanzen lückig stehen, dann erscheint das üblicherweise nur oberirdisch so, während unter der Erde die Wurzelsysteme der Pflanzen aneinander stoßen – die Wurzeln brauchen mehr Platz als die Zweige. Viele Baumarten bilden sehr tiefreichende Wurzeln aus, mit denen sie unterirdische Wasseradern zu erreichen versuchen. Die meisten Zwergsträucher dagegen breiten ein feines Wurzelnetz an der Oberfläche aus, mit dem sie die Regenfälle optimal auszunutzen können.
In dieser trockenen Wacholder-Macchie stehen die Bäume sehr weit voneinandern entfernt: So viel Platz benötigen die Wurzeln, damit die Bäume ihren Wasserbedarf sichern können.
Neben der Optimierung der Wasseraufnahme ist die Reduktion der Verdunstung von entscheidender Bedeutung, um den Pflanzen ein Überleben im Sommer zu ermöglichen. Eine ganze Reihe von Zwergsträuchern wirft im Sommer Blätter ab oder diese falten sich zusammen bzw. vertrocknen weitgehend. Andere Arten besitzen das ganze Jahr über keine oder sehr kleine Blätter und betreiben die Photosynthese mit ihren grünen Zweigen (Rutensträucher, z.B. viele Ginsterarten), die aufgrund ihrer kleinen Oberfläche eine geringere Verdunstung haben als Blätter. Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Verdunstung sind beispielsweise kleine, dicke, harte, behaarte Blätter mit einer dicken Epidermis und Cuticula mit zusätzlicher Wachsschicht. Die Spaltöffnungen, durch die der Gasaustausch betrieben wird, liegen oftmals in kleinen Gruben mit feiner Behaarung, so dass windstille, feuchte Räume geschaffen werden.
Die Zwergsträucher legen während der langen Sommertrockenheit eine Pause ein, indem sie ihre Blätter abwerfen.
Die sicherste Anpassung an die Sommertrockenheit ist jedoch das ebenfalls sehr weit verbreitete Absterben der oberirdischen Pflanzenteile im Sommer, wie es zum Beispiel Knollen- und Zwiebelpflanzen sowie Stauden zeigen. Und fast die Hälfte der Arten, die auf Naxos auftreten, sind einjährig, das heißt sie keimen im feuchten Winter, bilden schnell Samen und vertrocknen, wenn der Sommer kommt.
Im Herbst treiben die Meerzwiebeln ihre Blätter aus den dicken Zwiebeln.
Am schlechtesten an das mediterrane Klima angepasst sind die Baum- und Straucharten, die im Winter ihr Laub abwerfen, da sie die günstige Periode mit den meisten Niederschlägen kaum ausnutzen können. Solche Arten wachsen vor allem in den höheren Lagen der Insel (z.B. Kretischer Ahorn, Esche) oder entlang der Flüsse (z.B. Platane, Erle, Mönchspfeffer).
Die Mandelblättrige Birne ist einer der wenigen laubabwerfenden Bäume auf Naxos, die auch an sehr trockenen Standorten gedeihen können.
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