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Verwitterung und Wasserhaushalt

Die drei wesentlichen Gesteinssorten, die auf Naxos vorkommen, d.h. Schiefer, Marmor (einschließlich Dolomit) und Granit (als Granodiorit, Migmatit und Gneis) verwittern auf sehr unterschiedliche Weise, was zur Ausbildung deutlich verschiedener Landschaften führt. Diese drei Haupt-Landschaftstypen der Insel bieten der Vegetation recht unterschiedliche Bedingungen, so dass sie sich oft auch im Bewuchs unterscheiden.

1. Marmorlandschaften

Marmor verwittert vor allem chemisch: das kalkhaltige Gestein wird nach und nach durch das Regenwasser aufgelöst. Diese Verwitterung geht an der Oberfläche sehr langsam vor sich, so dass Marmorschichten oft über benachbarte Schieferschichten hinausragen. Eine größere Rolle spielt die chemische Verwitterung in den unterirdischen Klüften, die sich im Marmor bilden. Hier hält sich die Feuchtigkeit besser, und durch die andauernde Verwitterung erweitern und vertiefen sich die Klüfte nach und nach. Dabei füllen sich die Klüfte mit einer rötlichen, tonhaltigen Erde, die aus den Mineralien bestehen, die übrig bleiben, wenn sich das Calziumcarbonat aufgelöst hat.

Durch die vielen Klüfte versickert das Wasser in den Marmorgebieten schnell im Untergrund und fließt unterirdisch ab. Entsprechend führen die Flüsse hier nur nach heftigen Regenfällen kurzfristig Wasser (Torrente).

Verwitterung und Erosion

chemische Verwitterung von Marmor durch den Regen, Naxos
Marmor verwittert vor allem chemisch, indem sich das Calciumcarbonat durch das leicht saure Regenwasser auflöst.

chemische Verwitterung von Marmor durch den Regen, Naxos
Durch den Regen bilden sich kleine Rillen auf den Marmorsteinen, die im Lauf der Zeit immer mehr vertieft werden.

Tropfsteingebilde an überhängenden Marmorfelsen, bei Apiranthos, Naxos
An größeren, überhängenden Felsflächen setzt sich das aufgelöste, mit dem Wasser transportierte Calcit manchmal dort, wo das Wasser abtropft, wieder ab. So bildet sich mit demselben Prozess, der Tropfsteine entstehen lässt, eine Kalkschicht auf dem Felsen.

Tropfsteingebilde, bei Apiranthos, Naxos
Hier sieht man die Tropfstein-artige Struktur der Kalkschicht.

Marmorlandschaft, Zeus-Gipfel, Naxos
Da das Gestein hauptsächlich chemisch verwittert, sich also auflöst, gibt es in Marmorlandschaften oft praktisch keine Erdschicht an der Oberfläche.

Schlundloch in Karstlandschaft bei Moutsouna, Naxos
In Marmorgebieten versickert das Wasser unterirdisch, wobei sich oft größere Hohlräume und unterirdische Flüsse bilden (“Karst”). Manchmal entstehen dabei senkrechte “Schlundlöcher” im Fels (im Vordergrund).

Schlundloch in Karstlandschaft bei Moutsouna, Naxos
Bei diesem Schlundloch in der Nähe von Moutsoúna kann man von oben nicht erkennen, wie tief es in die Erde reicht.

in große Brocken zerfallender Marmor, bei Lionas, Naxos
Abgesehen von der chemischen Verwitterung zerfällt der Marmor auch entlang der Klüfte und Schichten in große Brocken.

in große Brocken zerfallender Marmor an Felsküste, nördlich von Moutsouna, Naxos
erodierender Marmor an einer Felsküste

Bodenbildung und Vegetation

rötliche Erde in Marmorklüften
Durch die chemische Verwitterung werden tektonisch entstandene Klüfte im Marmor mit der Zeit immer größer. In ihnen sammelt sich bis in größere Tiefe rötliche Erde an. Diese besteht vor allem aus Tonmineralien, die übrigbleiben, wenn das Calciumcarbonat aufgelöst wird. Die rötliche Erde ist arm an organischem Material, enthält jedoch recht viele Mineralien und Spurenelemente.

Macchie auf Marmor, Agios Dimitris, Naxos
In den Klüften im Marmor können die Bäume gut wurzeln. So finden sie auch in der trockenen Jahreszeit im Marmor noch Feuchtigkeit, auch wenn oberirdisch kaum Erde zur Verfügung zu steht.

Hang des Kalogeros, bei Apollonas, Naxos
Hier am Hang des Kalógeros bei Apóllonas kann man gut erkennen, dass die Bäume nur an den felsigen Stellen wachsen, wo die Klüfte des Gesteins eine ausreichend tiefe Durchwurzelung erlauben, nicht aber an den Stellen, die eine dickere oberflächliche Erdschicht tragen.

Wasserhaushalt

Torrente mit Wasser, Agios Dimitris, Naxos
Da das Wasser generell in Marmorgebieten über die Spalten und Klüfte im Untergrund versickert, führen die Flüsse hier nur kurzfristig nach starken Regenfällen Wasser. Derartige Flüsse werden Torrente genannt.

Torrente mit Wasser, Agios Dimitris, Naxos

trockener Torrente, Agios Dimitris, Naxos
Schon wenige Stunden oder Tage nach den Regenfällen ist der Torrente wieder trocken, wie auch den ganzen Sommer über.

Anevaouses, untermeerische Süßwasserquellen, Agios Dimitris, Moutsouna, Naxos
Das Wasser fließt in Marmorgebieten in unterirdischen Flüssen ab. Diese münden an der Küste oft “untermeerisch” ins Meer, wo das leichtere Süßwasser sichtbar hochsprudelt (an der Kapelle Ágios Dimítris).

Strände

Marmor-Kiesstrand
An Marmorküsten bilden sich Kiesstrände mit weißen Marmorkieseln. Da der Marmor (abgesehen vom Zerfallen in größere Brocken) chemisch verwittert, bildet sich kein Sand.

2. Schieferlandschaften

Schiefer verwittert chemisch und physikalisch. Insbesondere bei den auf Naxos weit verbreiteten, sehr blättrigen Schiefern zerfällt das Gestein leicht entlang seiner Schieferung. Außerdem wandeln sich die Silikatmineralien, aus denen der Schiefer hauptsächlich besteht, bei Feuchtigkeit durch Hydrolyse in Tonminerale um. Die schnelle Verwitterung führt dazu, dass sich auf Naxos in den Schieferregionen oft ein vergleichsweise tiefgründiger, guter Boden bildet. Früher halfen die Bauern der Bergdörfer bei der Bodenbildung nach, indem sie den Schiefer in kleine Stücke zerschlugen und zerrieben.

Im Vergleich zu den Marmorlandschaften, in denen das Regenwasser schnell in der Tiefe versickert, sind Schieferlandschaften weniger wasserdurchlässig. An den Schieferschichten fließt das Wasser zum großen Teil oberirdisch ab und es bilden sich Quellen und oberirdische Flüsse. Auf der anderen Seite trocknen die Böden über Schiefer oft im Sommer stärker aus als die Böden über Marmor mit ihren tiefreichenden Klüften. Entsprechend können sich auf Schiefer in trockeneren Gebieten oft keine Bäume halten, sondern nur Zwergsträucher, die im Sommer eine Trockenpause einlegen und ihre Blätter abwerfen.

Verwitterung und Erosion

verwitternder Schiefer, bei Komiaki, Naxos
Schiefer enthält einen hohen Anteil an blättrigen Schiefermineralien (z.B. Glimmer, Chlorite), die ihm seine blättrige (“schiefrige”) Struktur verleihen. Aufgrund dieser Textur verwittern die meisten Schiefer sehr leicht durch physikalische Verwitterung.

verwitternder Schiefer, Agios Dimitris, Naxos
stark erodierender Schiefer an der Küste

Bodenbildung und Vegetation

Weinterrassen in Schieferlandschaft, Koronos, Naxos
Aufgrund ihrer guten Böden sind Schieferlandschaften stets landwirtschaftlich genutzt, wobei in den Bergen die Hänge sorgfältig terrassiert sind. Alle Bergdörfer liegen in Gegenden, in denen der Schiefer überwiegt. Entsprechend der schnelleren Erosion sind die Schieferregionen oft als sanfte Hochtäler ausgeprägt.

landwirtschaftlich genutzte Schieferlandschaft bei Danakos, Naxos
Hier sieht man eine weiche, landwirtschaftlich genutzte Schieferlandschaft im Vordergrund, während der steile Marmorhang im Hintergrund nur als Ziegenweide dienen kann.

Zwergstrauchvegetation auf Schiefer, Zeus-Berg, Naxos
Im Gegensatz zum Marmor bietet der Schiefer den Bäumen keine Spalten und Klüfte für tiefreichende Wurzeln. Entsprechend wachsen an den Hängen, an denen sich keine dicke Erdschicht halten kann, auch in hohen und regenreichen Lagen wie hier am Zeus-Berg über Schiefer oft nur Zwergsträucher (hellgrün), während über den Marmorschichten (mit herausschauenden weißen Steinen) trotz der spärlicheren Erde auch verbissene Bäume (dunkelgrün) gedeihen können.

Wasserhaushalt

Fluss von Apollonas, Naxos
Im Tal von Apollonas steht überwiegend Schiefergestein an. Hier fließt das Regenwasser vor allem oberflächlich ab, da der Schiefer nicht wasserdurchlässig ist.

Fluss von Apollonas, Naxos
Entsprechend führt der Fluss im Tal das ganze Jahr über Wasser.

Strände

Strand mit feinem Sand aus Schiefer, Agios Dimitris, Naxos
Der Schiefer verwittert bei uns zu einem feinen Sand aus winzigen Schieferplättchen.

Sandburg, Agios Dimitris, Naxos
Dieser ist bestens zum Spielen und Burgenbauen geeignet.

3. Granitlandschaften

Die Granit-ähnlichen Gesteine, die auf Naxos vorkommen (Granodiorit, Migmatit und Gneis; hier der Einfachheit halber zusammenfassend als “Granit” bezeichnet) verwitterern durch oberflächliches “Zerkrümeln” aufgrund der täglichen Temperaturschwankungen, da ihre unterschiedlichen Bestandteile sich bei Erhitzen verschieden stark ausdehnen, so dass sich das Gefüge lockert. Außerdem verwittern diese Gesteine auch chemisch: Unter dem Einfluss von Feuchtigkeit hydrolysieren die Feldspäte und Glimmer. Die Verwitterung des Granits wird Vergrusung genannt, da nach dem Fortwaschen der hydrolysierten Tonminerale mit dem Regenwasser der Quarz als grobkörniger Sand übrig bleibt. Ensprechend bilden sich über Granit und verwandten Gesteinen sandige, eher unfruchtbare Böden.

Auf Naxos kann man in den Granitlandschaften zwei ungewöhnliche Verwitterungsformen antreffen: die Tafoni-Bildung und die Wollsackverwitterung. Als Tafoni bezeichnet man von unten ausgehöhlte Granitblöcke, die dadurch entstehen, dass die Granitblöcke vor allem an ihrer schattigen und somit feuchteren Unterseite verwittern. Die Wollsackverwitterung ist dagegen ein Überbleibsel aus den Eiszeiten, als auf Naxos auf dem Migmatit noch eine dicke Bodenschicht existierte. Am Untergrund des Bodens lief die chemische Verwitterung (Hydrolyse) vor allem entlang der Klüfte ab, die bei der Erstarrung des Granits in regelmäßigen Abständen entstanden waren. Auf diese Weise bildeten sich abgerundete Blöcke, die heute an der Oberfläche liegen, nachdem der Boden wegerodiert ist.

Auch die Granitlandschaften trocknen im Sommer wegen ihrer meist flachen Bodenschicht stark aus. Das anstehende Gestein ist verhältnismäßig hart und wasserundurchlässig. Bäume können im Granit keine tiefreichenden Wurzeln bilden, so dass hier oft nur eine niedrige Zwergstrauchvegetation gedeihen kann. Im Winter sind Granitlandschaften dagegen aus denselben Gründen oft besonders feucht, und das Wasser hält sich in feuchten Senken oder kleinen Tümpeln. Im Migmatit entspringen die meisten der ganzjährig wasserführenden Flüsse von Naxos, an denen vielerorts ein bemerkenswerter Auwald gedeiht.

Verwitterung und Erosion

Migmatit, bei Kinidaros, Naxos
Durch physikalische Verwitterung aufgrund der Erhitzung der Oberfläche durch die Sonneneinstrahlung blättert im Migmatit und Granodiorit an vielen Stellen die obere Schicht der Felsblöcke ab; dieser Prozess läuft oft so schnell ab, dass die Gesteinsoberfläche sogar frei von Flechten bleibt.

Tafoni, bei Tsikalario, Naxos
An der feuchteren Unterseite läuft dagegen eine chemische Verwitterung ab, durch die die Felsblöcke von unten ausgehöhlt werden. Die so entstehenden malerischen Felsen werden als “Tafoni” bezeichnet.

Wollsacklandschaft im Migmatit, bei Kinidaros, Naxos
Die “Wollsacklandschaft” in der Nähe von Kinídaros im Migmatit ist ein Überbleibsel aus den Eiszeiten, als der Migmatit unter einer dicken Bodenschicht entlang von Klüften und Rissen zu runden, “lose” auf der Oberfläche liegenden “Findlingen” verwitterte.

Bodenbildung und Vegetation

sandiger Boden über Granit
Durch die Verwitterung entsteht aus dem Granit ein sandiger, armer, flachgründiger Boden.

sandiger Boden über Granit
Dieser trocknet im Sommer oft fast vollständig aus.

Heide auf dem Gipfel des Koronos-Berges, Naxos
Wegen des sandigen, flachgründigen Bodens kann auch auf dem feuchten Gipfel des Kóronos nur eine niedrige Heide gedeihen.

Wasserhaushalt

Tümpel bei Kinidaros, Naxos
Aufgrund der Wasserundurchlässigkeit des Migmatits bilden sich im Winter in den Senken feuchte Stellen oder gar ein großer Tümpel wie hier.

Wasserfall von Routsounas be Keramoti, Naxos
Im wasserundurchlässigen Migmatit fließt das Regenwasser hauptsächlich oberirdisch ab.

der Fluss bei Kinidaros, Naxos
Entsprechend entspringen in der Migmatit-Region mehrere ganzjährig wasserführende Flüsse.

Die Strände

Sandstrand bei Agia Anna, Naxos
Der Granodiorit um Naxos-Stadt verwittert wie der Migmatit zu einem grobkörnigen Quarzsand.

Sandstrand bei Agia Anna, Naxos
Aus diesem Quarzsand haben sich die großen Sandstrände südwestlich der Chóra gebildet.

weiter: Ein tektonischer Bruch bei Azalas

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siehe auch:

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