Schildkröten, Geckos und Echsen
Die Reptilien gehören zu den charakteristischsten Tieren des Mittelmeerraumes. In den warmen Regionen der Erde sind Reptilien wesentlich häufiger als etwa in Mitteleuropa, weil sie als wechselwarme Tiere auf hohe Außentemperaturen angewiesen sind. Auf Naxos kommen eine Bachschildkröten-Art, zwei Gecko-Arten, eine Agame, zwei Eidechsen-Arten und die Johannisechse vor.
Hier kann man direkt zu den Arten springen (zurück kommt man durch Zurückblättern): Balkan-Bachschildkröte – Europäischer Halbfinger – Ägäischer Nacktfinger – Hardun – Ägäische Mauereidechse – Riesen-Smaragdeidechse – Johannisechse
Balkan-Bachschildkröte, Mauremys rivulata, Valenciennes
Auf Naxos kommt (außer den Meeresschildkröten) nur eine Schildkrötenart vor: die Balkan-Bachschildkröte (Mauremys rivulata). Bei den Schildkröten herrscht eine ziemliche Verwirrung, was die Arten betrifft: teilweise wird die auf den Kykladen und in Südosteuropa vorkommende Art auch als Kaspische Bachschildkröte (Mauremys caspica) bezeichnet – beide Arten sind äußerlich nicht zu unterscheiden). Landschildkröten haben wir auch schon mal auf Naxos gesehen, aber dabei handelt es sich um ausgesetzte oder entflohene Exemplare.
Die Balkan-Bachschildkröte hat eine dunkel- oder grünlichbraune Färbung und wird bis über 20 cm lang. Sie ist am besten an den Längsstreifen an ihrem Hals zu erkennen; Jungtiere sind lebhafter gefärbt. Sie lebt in Flüssen, Sümpfen und Seen und kann, eingegraben im Gewässergrund, auch periodisches Austrocknen überstehen, indem sie in einen Ruhezustand fällt. Die Balkan-Bachschildkröte ernährt sich von Wassertieren aller Art, beispielsweise Wirbellosen, Fischen oder auch Fröschen.
Auf Naxos kommt die Balkan-Bachschildkröte in ganzjährig fließenden Flüssen vor, so bei Kinídaros, bei Potamiá und bei Apóllonas, außerdem in größeren Flussmündungen wie in Kalandós. Sie verträgt auch brackiges oder verschmutztes Wasser.
Kaspische Bachschildkröten sitzen häufig in dieser Art am Rand eines Gewässers; hier an der Flussmündung in Apóllonas.
Sie sind sehr scheu und springen bei jeder Störung in Wasser, wo sie es dann sehr lang unter der Wasseroberfläche aushalten.
Wenn sie wieder auftauchen, schaut oft zuerst nur der Kopf aus dem Wasser. Um das Atmen zu ermöglichen, sitzen die Nasenlöcher der Schildkröte ganz vorn an der Spitze des Kopfes.
Hier ist die Streifung des Halses gut zu erkennen. Der Panzer dieser Schildkröte ist von Algen bewachsen, was für die Tiere teilweise zu einem Problem werden kann.
ein kleineres Exemplar am Fluss bei Kinídaros
und hier von nahem…
große Balkan-Bachschildkröte an Land
Bei Störung zieht die Schildkröte, wie allgmein bekannt, Kopf und Beine in den Panzer hinein. Außerdem hat dieses Exemplar ein äußerst übelriechendes Sekret abgegeben.
Eine Balkan-Bachschildkröte schwimmt im kleinen Teich am Wasserfall bei Keramotí.
Europäischer Halbfinger, Hemidactylus turcicus, L.
Der Europäische Halbfinger ist eine von zwei Gecko-Arten, die auf Naxos vorkommen. Er wird bis zu 10 cm lang und hat eine hellbräunliche, ein wenig durchsichtig wirkende Färbung. Auf dem ganzen Körper sitzen kleine Höcker. Charakteristisch sind die Haftscheiben an den Füßen, die die vorderen Zehen freilassen (“Halbfinger”, im Gegensatz zum Mauergecko, wo sie sich über den ganzen Zeh erstrecken). Sie ermöglichen dem Halbfinger das Klettern selbst an glatten Wänden; die Tiere können mühelos auch unter der Decke entlang laufen. Der Europäische Halbfinger gibt ein schnell wiederholtes, schnalzendes Geräusch von sich. Er kommt rund um das Mittelmeergebiet vor, außerdem in Nordafrika und Südwestasien bis Indien.
Geckos sind vorwiegend nachtaktiv, orientieren sich beim Jagen aber trotzdem mit dem Gesichtssinn. Entsprechend haben sie sehr große Augen, die eine senkrechte Pupille aufweisen. Der Europäische Halbfinger kommt an Felsen und Bäumen vor; sehr häufig lebt er an und in Häusern, wo er abends leicht bei der Jagd zu beobachten ist: Für gewöhnlich sitzt er unter der Decke, besonders in der Nähe von Lampen, und versucht die vom Licht angelockten Motten und anderen Insekten zu erbeuten. Bei der Jagd pirscht er sich erst langsam an die Beute an, um sie dann mit einem plötzlichen Sprung zu erhaschen.
Der Europäische Halbfinger hat eine bräunliche Färbung mit vielen Flecken und Punkten.
Der ganze Körper ist mit Höckern und Warzen übersät.
An den Füßen sitzen kleine Haftscheiben, die die vordere Hälfte der Zehen freilassen.
Diese Haftscheiben ermöglichen den Gecko-Arten das Klettern auch an ganz glatten Wänden.
Wie alle Geckos besitzt der Europäische Halbfinger senkrechte Pupillen, hier als sehr schmaler schwarzer Schlitz zu erkennen.
Ägäischer Nacktfinger, Mediodactylus kotschyi, Steindachner
Der Ägäische Nacktfinger unterscheidet sich vom Europäischen Halbfinger an seiner dunkleren Färbung und den sehr schlanken Zehen ohne Haftscheiben. Auch er wird etwa 10 cm lang. Auf Rücken und Schwanz sitzen kleine Höcker. Der Ägäische Nacktfinger ähnelt dem Halbfinger in der Lebensweise, klettert aber etwas weniger geschickt und kommt seltener an Gebäuden vor. Tagsüber versteckt er sich gern an der Unterseite großer Steine. Der Ägäische Nacktfinger kommt in Griechenland und der Türkei, in der Levante, der Krim und einer kleinen Region in Süditalien vor.
Der Ägäische Nacktfinger ist üblicherweise dunkler gefärbt als der Halbfinger. Dieses Exemplar besitzt einen regenerierten Schwanz, wie daran zu erkennen ist, dass auf ihm die typischen Höcker fehlen.
Er besitzt sehr schlanke Zehen ohne Haftscheiben.
Hier sind die senkrechten Pupillen und die großen Ohrlöcher zu erkennen.
Der Ägäische Nacktfinger kann seine Farbe je nach Stimmung wechseln. Hier ein junges Exemplar mit hellbrauner Grundfärbung und intensiver Streifung auf Rücken und Schwanz.
Hardun, Stellagama stellio, L.
Der Hardun gehört zur großen Familie der Agamen, die in Afrika, Asien und Australien vorkommen. Er ist die einzige Art dieser Familie, die auch in Europa auftritt; hier beschränkt sich sein Verbreitungsgebiet auf einige Inseln der Kykladen, auf Korfu und die Gegend um Thessaloniki. Es wird angenommen, dass der Hardun hier schon in der Antike aus Afrika eingeschleppt oder mit Absicht eingeführt worden ist.
Der Hardun ist unverkennbar aufgrund seiner Größe (bis 30 cm). Er besitzt einen kräftigen, abgeflachten, sehr stacheligen Körper, einen dreieckigen Kopf und einen langen Schwanz. Die Färbung ist dunkelgrau, teilweise mit helleren Flecken und kann sich schnell ändern. Der Hardun ist tagaktiv und häufig auf besonnten Felsen zu sehen. Als Imponiergehabe zeigen die Männchen ein auffallendes Kopfnicken. Gelegentlich findet man im Garten beim Umgraben ein Gelege aus weißen, weichschaligen, länglichen Eiern, die flach in der Erde vergraben werden. Der Hardun ernährt sich hauptsächlich von großen Insekten wie Bienen, weswegen er bei der Bevölkerung nicht besonders beliebt ist; es ist aber ein unerschrockener Jäger, der auch die großen Hunderfüßer erbeutet.
Hier möchte ich kurz auf die Herkunft des Namens Stellagama stellio” hinweisen. Linné, der dem Reptil seinen Namen gab, und der sich offenbar hervorragend in der griechischen Mythologie auskannte, benannte es nach Stellio, einem Jungen, auch Askalabos genannt, der von der Göttin Demeter in eine Echse verwandelt wurde, weil er über sie lachte, als sie auf der Rückkehr von ihrer ergebnislosen Suche nach Persephone den Getreidebrei kykeon hungrig und deswegen sehr hastig trank.
Der große Hardun ist unverkennbar.
Der ganze Körper ist mit Höckern und kurzen Stacheln besetzt.
Hier ein besonders dunkles Exemplar.
Wenn er auf einem Ausguck sitzt, bewegt der Hardun oft den Kopf ruckartig auf und ab.
Auf der nordwestlich gelegenen kleinen Nachbarinsel Delos gibt es Hardune, die einen fast schwarzen Körper und einen gelben Kopf haben.
Ägäische Mauereidechse, Podarcis erhardii, Bedriaga
Die Ägäische Mauereidechse ist die weitaus häufigere der zwei Eidechsen-Arten, die auf Naxos leben. Sie kommt im südlichen Balkan vor und ist auf vielen ägäischen Inseln die einzige Eidechsenart. Sie wird ohne den sehr langen Schwanz bis etwa 7 cm lang. Die Färbung ist variabel, bei Weibchen ist die Grundfarbe braun, bei Männchen, insbesondere im Frühling, grün. Oft ist eine deutliche Zeichnung mit hellen Längsstreifen auf dem Rücken zu erkennen. Die Mauereidechse ist überall häufig, nicht sehr scheu und gut zu beobachten.
Die Ägäische Mauereidechse ist im Bereich der Kykladen in mehrere Unterarten aufgespalten. Auf Naxos, Paros, Folegandros, Sikinos, Donoussa und den kleinen Kykladen kommt die Unterart Podacis erhardii naxensis (Werner) vor, eine andere Unterart beispielsweise auf Amorgos und je auf mehreren kleineren Inseln östlich und südöstlich davon. Die größere der Makares-Inseln besitzt eine eigene Unterart namens Podarcis erhardii makariaisi (Wettstein). Eine weitere Unterart namens Podarcis erhardii buchholzi (Wettstein) besiedelt die kleine, von uns aus so gerade Richtung Nordosten sichtbare Felseninsel Ktenia (mit Leuchtfeuer, von der lokalen Bevölkerung mérmingas (= Ameise) genannt).
Die Männchen der Ägäischen Mauereidechse besitzen einen grünlichen Rücken.
Die Weibchen sind braun mit Längsstreifen. Oft halten die Tiere wie hier auf sonnenwarmen Steinen die Füße in die Luft.
Die ebenfalls gestreiften Jungtiere trifft man ab Juni an.
Die Ägäische Mauereidechse ist recht zutraulich und sehr neugierig.
Riesen-Smaragdeidechse, Lacerta trilineata, Bedriaga
Außer der kleinen Ägäischen Mauereidechse kommt auf Naxos eine weitere Eidechsenart vor, nämlich die bis zu über 40 (ohne Schwanz 16) cm lange Riesen-Smaragdeidechse. Sie ist wesentlich seltener als die Mauereidechse und vor allem sehr scheu und darum nur selten zu sehen; meist sieht man sie nur schnell über die Straße rennen oder im Gebüsch verschwinden. Sie ist einfarbig grün mit einer feinen Punktierung; Jungtiere weisen gewöhnlich Längsstreifen und hellere Flecken auf. Die Riesen-Smaragdeidechse kommt nur im südlichen und östlichen Balkan einschließlich der (größeren) griechischen Inseln vor.
Die Riesen-Smaragdeidechse ist sehr scheu.
In der letzten Zeit sehen wir häufiger Exemplare auf unserem Grundstück; allesdings haben sie etwas unter den Katzen zu leiden, wobei die Eidechse die Katze auch beißt, nicht nur umgekehrt.
Johannisechse, Ablepharus kitaibelii, Bibron & Bory de Saint-Vincent
Die Johannisechse gehört zu den Skinken. Die Angehörigen dieser Familie besitzen nur fast nicht mehr benutzte, sehr kleine oder gar keine Beine. Bei der Johannisechse sind die Beinchen noch verhältnismäßig gut ausgebildet und werden zum Abstützen des Körpers benutzt; zur Fortbewegung schlängelt sich das Tier jedoch wie eine Schlange ohne seine Beine zu gebrauchen.
Die Johannisechse ist klein (bis etwa 15 cm) und dünn. Sie ist bronzefarben mit einem dunkleren Längsstreifen an der Seite; der Rücken glänzt stark. Sie ernährt sich vor allem von Insekten. Man bekommt Johannisechsen eher selten zu Gesicht, obwohl sie bei uns im Garten recht häufig sind.
Die Johannisechse ähnelt aufgrund ihrer schlängelnden Fortbewegungsweise einer kleinen Schlange.
Es handelt sich um einen Übergangszustand zwischen Eidechse und Schlange mit nur sehr kleinen, kaum noch benutzten Beinchen.
weiter: Schlangen
zurück: Die Tiere von Naxos
siehe auch:
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