Schnecken 2: Meerohren und Lochschnecken
Die Meer- oder Seeohren (Überfamilie Haliotoidea) und die Loch- oder Schlitzschnecken (Überfamilie Fissurelloidea) gehören zur Überordnung Vetigastropoda, ebenso wie die Kreiselschnecken (Trochoidea), die ich auf einer eigenen Seite behandele. Zusammen mit fast allen anderen Schnecken gehören sie in die Unterklasse der Orthogastropoda. Die Napfschnecken, denen die Lochschnecken ähnlich sehen, gehören dagegen in eine andere Unterklasse, die Eugastropoda; die beiden Gruppen sind also trotz der Ähnlichkeit nicht verwandt.
Wie die Napfschnecken besitzen auch die Meerohren und die Lochschnecken ein nicht oder kaum spiraliges Gehäuse, das wie ein Hütchen oder umgedrehter Teller auf dem Boden sitzt. Alle Arten ernähren sich durch das Abweiden von Algen oder Schwämmen und leben meist im Algenbewuchs versteckt; oft sind sie nachtaktiv und verbergen sich tagsüber unter Steinen.
In der Foto-Übersicht der Meeresschnecken findet man einen Überblick über alle bislang von mir fotografierten Arten.
Eine Anmerkung zur Bestimmung: Einige Arten der Meeresschnecken sind leicht und sicher zu erkennen. In vielen Fällen gibt es jedoch mehrere verwandte Arten, die schwer zu unterscheiden sind. Ein weiteres Problem bei der Bestimmung ist, dass in den Bestimmungsbüchern nicht alle Arten enthalten sind; aber auch im Internet kann man zu vielen Arten kaum Informationen finden. Entsprechend sind manche der Bestimmungen leider ziemlich unsicher, und einige Arten müssen gänzlich unbestimmt bleiben.
Und ein Wort zu den Namen: Wie bei so machen Meerestieren herrscht bei den Schnecken eine große Verwirrung mit den Namen: Für fast alle Arten gibt es eine große Anzahl von heute nicht mehr gültigen Synonymen, die in älteren Büchern aber durchaus noch benutzt werden. Ich verwende hier die Namen entsprechend dem World Register of Marine Species (Stand 2020), wo man auch die entsprechenden Synonyme finden kann.
Hier kann man direkt zu den Gattungen springen (zurück kommt man durch Zurückblättern): Meerohren, Haliotis – Lochschnecken, Diodora – Lochschnecken, Emarginula
1. Haliotidae, Meerohren
Die Schalen des Meerohres sind recht häufig am Strand zu finden; mit ihrer flachen, offenen, nur leicht spiraligen Form und der glänzend-perlmutterigen Innenseite sind sie einfach zu erkennen. Die Meerohren sind in der Lebensweise den Napfschnecken ähnlich. Lebendig sind sie kaum zu entdecken: tagsüber sitzen sie versteckt unter Steinen und Felsen. Nachts kriechen sie umher und weiden den Algenbewuchs der Felsen ab. Sie kommen ab der Wasseroberfläche bis in einige Meter Tiefe vor. Das Meerohr ist ebenso wie die Napfschnecken essbar, wird aber auf Naxos meines Wissens nicht gegessen.
Die Schale der Meerohren hat eine charakteristische ohrähnliche Form mit einem kleinen Gewinde und einem großen, flachen, offenen letzen Umgang, der oben durch unregelmäßige Radialwülste strukturiert ist und in einer Kante nahe des Außenrandes eine Reihe kleiner Löcher trägt. Die Oberseite ist bräunlich gefärbt und meist mit anderen Meeresorganismen wie Moostierchen bewachsen; die Unterseite ist glänzend perlmuttern. Das lebende Tier besitzt einen breiten Fuß, mit dem es sich stark am Untergrund festsaugen kann, und streckt kleine Tentakeln am Schalenrand sowie kurze Tastfäden aus den Löchern in der Schale hervor.
Meerohr, Haliotis tuberculata, L.
häufig
Die flache, offene Schale des Meerohrs besitzt eine besonders schöne, permuttern schillernde Innenseite. Bei der Art Haliotis tuberculata trägt die Schale dicke Radialwülste; die Oberseite ist grau gefärbt. Größe: 45 mm
Haliotis mykonosensis; Owen, Hanavan & Hall
(= Haliotis tuberculata tuberculata)
häufig, aber etwas seltener als die vorige Art
Haliotis mykonosensis wurde kürzlich (2001) als eigene Art beschrieben, die vor allem in Griechenland, aber auch im zentralen Mittelmeer bis Korsika vorkommt. Sie ist an der schwächeren Skulpturierung des Gehäuses zu erkennen: Die Radialwülste fehlen, die Rippung ist feiner. Haliotis mykonosensis ist keine allgemein akzeptierte Art; ich nehme sie hier trotzdem auf, weil sie (soweit ich es verstehe) recht gut zu unterscheiden ist.
Haliotis mykonosensis ist von der vorigen Art an der glatteren Schale zu unterscheiden, die braun, rötlich oder gelblich gefärbt ist. Größe: 33 mm
2. Fissurellidae, Loch- oder Schlitzschnecken
Die Lochschnecken sehen den Napfschnecken ähnlich, wenn sie auch nicht enger mit ihnen verwandt sind. Sie unterscheiden sichdarun, dass ihre Schale an der Spitze ein Loch oder an der Vorderseite einen Schlitz trägt. Die Schale ist nicht rund, sondern leicht oval geformt. Lochschnecken kommen meist erst in einigen Metern Tiefe vor. Wir haben erst einmal ein lebendiges Exemplar gesehen; leere Schalen findet man aber an den Sandstränden recht häufig.
Italienische Lochschnecke, Diodora italica, Defrance
Die Italienische Lochschnecke kommt auf Naxos recht häufig vor. Die bis gut 5 cm langen Schalen dieser Art sind von der Seite deutlich gebogen und sehen “niedergebeugt” aus. Das Loch ist zum schmaleren Ende der ovalen Schale gerückt. Die Farbe ist grau oder grünlich oft mit oft dunkleren Radialstreifen.
Hier sieht man eine lebendige Lochschnecke von oben; etwa in der Mitte der ovalen Schale kann man das längliche Loch erkennen.
Von der Seite sieht man, dass der Körper wesentlich dicker ist als bei Napfschnecken.
Diodora gibberula, Lamarck
Die Art Diodora gibberula ist seltener als die Italienische Lochschnecke. Ihre Schale ist weniger oval geformt und das Loch liegt näher am Zentrum; die Schale ist fein und regelmäßig, aber nicht sehr stark geriffelt. Von der Seite sind die Schalen oft leicht konvex geformt. Die Färbung ist bräunlich.
Emarginula sicula, J.E. Gray
Die Arten der Gattung Emarginula besitzen kein Loch in der Mitte der Schale, sondern einen kleinen Schlitz am vorderen Ende. Die Spitze der Schale ist mehr oder weniger stark zum hinteren Ende hin gebogen. Die lebendigen Tiere sitzen versteckt unter Steinen oder in Felsritzen und sind kaum je zu sehen; an den Sandstränden kann man aber gelegentlich eine leere Schale finden.
Emarginula sicula besitzt eine hohe, bis etwa 1 cm große Schale mit feiner Gitterskulptur und deutlich nach hinten gebogener Spitze.
Emarginula octaviana, Coen
Die Schale der bei uns sehr seltenen Art Emarginula octaviana ist etwas niedriger als die von E. sicula. Die Spitze ist fast bis zum hinteren Ende verschoben. Die Gitterskulptur ist sehr deutlich.
Emarginula huzardii, Payraudeau
Die Schale von Emarginula huzardii ist besonders flach. Die Spitze ist sehr klein und nur wenig zum Ende hin verschoben; die Gitterskulptur ist schwach ausgebildet.
Die Schalen dieser kleinen Art sind bei uns sehr selten zu finden, was aber auch daran liegen könnte, dass sie recht dünn und zerbrechlich sind.
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siehe auch: Napfschnecken