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Die geologische Entstehungsgeschichte des Mittelmeeres

Im Erdaltertum (Paläozoikum)

Der erste Vorläufer des Mittelmeeres war der paläozoische Ozean Paläotethys. Dieser bestand als riesige Meeresbucht schon am Ende des ersten (und längsten) der drei durch Fossilien dokumentierten Erdzeitalter, des Paläozoikums (vor 540 bis 250 Mio. Jahren). Während der letzten Epochen des Paläozoikums, dem Karbon (vor 345 bis 295 Mio. Jahren) und dem Perm (vor 295 bis 250 Mio. Jahren), lagerten sich alle Kontinente aneinander (Pangäa) und ordneten sich dabei etwa in C-Form um die riesenhafte Meeresbucht der Paläotethys an.

Nördlich der nach Osten offenen Paläotethys lag Euramerika, das nur etwa bis Mittelasien reichte, südlich der große Südkontinent Gondwana, bestehend aus Südamerika, Afrika, Indien, Australien und Antarktis. Richtung Westen reichte die Paläotethys im Perm bis nach Südosteuropa.

Euramerika und Gondwana waren bei der Variszischen Gebirgsbildung im späten Paläozoikum kollidiert, bei der sich die Gebirge im östlichen Nordamerika, in Marokko und in Mitteleuropa bildeten, als Afrika mit Nordamerika und Europa zusammenstieß (die südeuropäischen Gebiete gehörten noch zu Afrika und wurden erst später davon abgespalten). Außerdem bildeten sich der Ural durch weitere Annäherung der schon verbundenen Kontinente Europa und Asien sowie die Bergländer in Asien nördlich des Himalaja durch die Anlagerung von kleineren Kontinentstücken aus Südosten. Südchina und andere Gebiete Südostasiens wanderten noch als isolierte Inseln südlich von Asien nach Norden, um später mit diesem zu kollidieren.

Im Erdmittelalter (Mesozoikum)

Nach dem Perm begann die mittlere Epoche des Erdmittelalters, das Mesozoikum (Trias, Jura, Kreide; vor 250 bis 65 Mio. Jahren). Im Mesozoikum brach Pangäa auseinander. Die Paläotethys wurde geschlossen (s.u.) und ihr Folgeozean, die Neotethys, gebildet. Diese wurde später in ihrem Westteil durch einen weiteren Ozeanarm, das Mittelmeer, ersetzt.

In der Trias

Schon ab dem Perm war vom Nordrand von Gondwana durch die Öffnung eines neuen Ozeanarmes, der Neotethys, ein langgestrecktes Kontinentstück oder Inselsystem abgepalten worden: der Kimmerische (Teil-)Kontinent. Dieser wanderte unter Rotation entgegen dem Uhrzeigersinn nach Norden und kollidierte während des Mesozoikums von West nach Ost fortschreitend mit Eurasien. Dabei entstanden Teile des Balkanraumes, der Krim, Kleinasiens, des Iran, Tibets und Indochinas. Bei der Anlagerung wurde die Paläotethys nördlich von Kimmeria geschlossen, südlich öffnete sich entsprechend die Neotethys.

Im Bereich Europas erfolgte die Kollision des Kimmerischen Kontinents während der ersten mesozoischen Epoche, der Trias (vor 250 bis 203 Mio. Jahren). Gleichzeitig mit der Schließung der Paläotethys vergrößerte sich die südlich des Kimmerischen Kontinentes entstehende Neotethys und dehnte sich auch weiter nach Westen aus, bis Europa fast vollständig von Afrika getrennt war.

Am Nordrand von Afrika bildeten sich von Ost nach West fortschreitend mehrere weitere parallel zur Neotethys verlaufende Grabenbrüche, die je kleine Kontinentstücke abspalteten. Diese Terrane wanderten ebenfalls im Laufe der Zeit nach Norden, um schließlich eines nach dem anderen mit dem Südrand Europas zu kollidieren. Sie waren zunächst als flache Plattformen ausgebildet und ebenso wie weite Teile Südost- und Mitteleuropas während des größten Teils des Mesozoikums vom Meer überflutet, und es wurden dicke Schichten kalkhaltiger Sedimente auf ihnen abgelagert.

Im Jura

In der nächsten Epoche, dem Jura (vor 203 bis 135 Mio. Jahren), begann Pangäa auseinander zu brechen. Zwischen Nordamerika und Nordwestafrika entstand ein Grabenbruch, in dem sich das erste Teilstück des Atlantischen Ozeans bildete. Gleichzeitig trennten sich Antarktis, Autralien und Indien in einem Stück von Afrika und zerfielen später in ihre Einzelteile. Afrika entfernte sich weiterhin von Europa und der dazwischen liegende Ozean, die Neotethys, weitete sich aus.

Im Bereich der heutigen Alpen entstand der Penninische Ozean als nach Osten versetzte nord-südlich verlaufende Fortsetzung des Atlantik und Verbindung mit der Tethys. Auch hier wurden Hunderte von Metern dicke Sedimente abgelagert. Südöstlich des Penninischen Ozeans lag die noch zum überfluteten Schelfgebiet von Afrika gehörende Adriatische Platte. Diese bewegte sich nun durch die Öffnung des Penninischen Ozeans und des Atlantik gemeinsam mit Afrika nach Osten. Durch diese Bewegungen wurden die kleinen Terrane, die sich nordöstlich von Afrika abgespalten hatten, nach Norden geschoben, und die ersten zwei von ihnen kollidierten noch im Lauf des Juras mit Südosteuropa. Dabei entstanden die nördlichen Anteile des griechischen Festlandes und des Ägäisraumes (älteste Phasen der Alpidischen Gebirgsbildung).

Bei den Kollisionen wurden die jeweils nördlich der Terrane liegenden Ozeanarme der Neotethys geschlossen. Ihre Sedimentdecken wurden bei der Subduktion des Ozeanbodens unter die europäische Platte größtenteils abgeschert und mit den Gesteinsschichten der Terrane zu Gebirgszügen verfaltet bzw. übereinander geschoben. Ein weiteres Terran wurde am Übergang zur nächsten Periode, der Kreidezeit, an Südosteuropa angelagert. (Das letzte Terran kollidierte erst im Eozän (Erdneuzeit) mit Europa.) Südlich der Terrane und Kontinentstücke, die sich auf Europa zubewegten, öffnete sich zunehmend ein neuer großer Ozeanarm, das Mittelmeer.

In der Kreide

In der nächsten Epoche, der Kreidezeit (vor 135 bis 65 Mio. Jahren), weitete sich der Atlantik aus und Nordamerika löste sich von Europa. Die Iberische Platte wurde von Europa abgespalten. Auch Südamerika trennte sich von Afrika, wobei letzteres entgegen dem Uhrzeigersinn zu rotieren begann.

Ab der mittleren Kreidezeit wanderte Afrika wieder auf Europa zu. Das führte zu weiteren gebirgsbildenden Prozessen in Südeuropa; so kam es zu den ersten Auffaltungen im Bereich der Alpen. Die Neotethys war im Bereich Europas schon weitgehend geschlossen und durch das Mittelmeer ersetzt. Wie auch schon im Jura lag der Meeresspiegel wegen des Fehlens von Eiskappen an den Polen und der relativ weiten Ausdehnung der Landmassen (es gab nur wenige junge Faltengebirge) sehr hoch und große Teile Europas wie auch Nordamerikas und Nordafrikas waren vom Meer überflutet. Über diese überfluteten Kontinentbereiche bestand eine Meeresverbindung vom Atlantik zur Tethys südlich von Asien. Im Bereich der Tethys spaltete sich Indien von Madagaskar ab, mit dem gemeinsam es sich vorher von Australien getrennt hatte, und begann zügig nach Norden zu wandern.

In der Erdneuzeit (Tertiär und Quartär)

Nach der Kreidezeit begann die Erdneuzeit (Tertiär und Quartär, oder: Paläozän, Eozän, Oligozän, Miozän, Pliozän, Pleistozän, Holozän; von vor 65 Mio. Jahre bis heute). In der Erdneuzeit näherte sich Afrika weiter an Europa an und der dazwischen gelegene Ozean, das Mittelmeer, wurde zunehmend eingeengt. Die Adriatische Platte wurde von Afrika weiter nach Norden geschoben und kollidierte mit Europa, wobei sich die Alpen auffalteten (jüngere Phasen der Alpidischen Gebirgsbildung; ab dem Paläozän vor 65 Mio. Jahren mit Höhepunkt im Miozän, vor etwa 20 Mio. Jahren). Im Bereich Griechenlands kollidierte im Eozän das letzte Terran mit dem Südrand Europas, wodurch Kreta und die anderen südlichsten Ägäisinseln gebildet wurden. Iberien lagerte sich wieder an Europa und die Pyrenäen falteten sich auf. Auch Indien kollidierte ab dem Eozän mit Asien, was zur Entstehung des Himalajas führte; südlich davon formte sich der Indische Ozean, der ebenso wie das Mittelmeer ein Nachfolgeozean der Tethys ist.

Afrika und Europa näherten sich nun so weit an, dass sie im Westen nur noch durch einen sehr schmalen Meeresarm bei Gibraltar getrennt waren. Diese Meeresverbindung zum Atlantik wurde später zeitweise unterbrochen. Im Osten stieß ab dem Oligozän (vor 30 Mio. Jahren) Arabien an Asien; jenes war vorher ein überflutetes Schelfgebiet am Nordostrand von Afrika. Dadurch wurde das Mittelmeer von der Tethys (jetzt Indischer Ozean) abgeschnitten. Europa und Amerika trennten sich im Tertiär vollständig. Im Pliozän entstanden auch Landbrücken zwischen Nord- und Südamerika sowie zwischen Nordamerika und Ostasien.

Vor etwa 5,9 Mio. Jahren (im Miozän) schloss sich die Verbindung des Mittelmeeres zum Atlantik bei Gibraltar, und das Mittelmeer trocknete (in mehreren Zyklen) unter wüstenhaftem Klima aus, wobei sich endlose Salzseen und -wüsten mit dicken Salzablagerungen bildeten. In der bis über 3 Kilometer tiefen Senke müssen extrem hohe Temperaturen geherrscht haben, aber entlang der Flüsse wanderten zahlreiche Tierarten aus Afrika und der Levante in die Region ein. Etwa 600.000 Jahre später öffnete sich plötzlich die Verbindung zum Atlantik wieder, und das Mittelmeer füllte sich innerhalb weniger Jahre durch einen riesenhaften Wasserfall, der ungefähr 1000 mal so viel Wasser transportierte wie heute die Niagara-Fälle. Dabei wurden auf manchen Inseln kleine Populationen der eingewanderten Arten (Elefanten, Nilpferde, Antilopen, zahlreiche Nagetiere usw.) isoliert und überlebten dort teilweise bis ins Holozän.

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