Flechten auf dem Zeus-Berg
Der Gipfel des Zeus-Berges, des höchsten Berges von Naxos (und der Kykladen), war ursprünglich sicher dicht bewaldet. Heute ist er mit spärlich verstreutem, niedrigem, von den Ziegen verbissenem Gesträuch bewachsen, das sich vor allem aus den Arten Kreta-Ahorn, Kermes-Eiche und Kreuzdorn zusammensetzt, kümmerliche Nachfahren der stolzen Bäume, die einst den Gipfel bedeckten. Es gibt jedoch einige geringe Reste der früheren Wälder, die um so bemerkenswerter und interessanter sind: Den lichten Steineichenwald im Steilhang an der Westseite des Zeus-Berges und einige wenige Ahornbäume auf dem flacheren Osthang kurz unterhalb des Gipfels.
Der Gipfel des Zeus-Berges ist heute weitgehend kahl; von den Wäldern, die ihn sicher ursprünglich bedeckten, ist größtenteils nur spärliches, niedriges Gesträuch übrig.
Im Steilhang auf der Westseite des Berges hat sich ein interessanter Waldrest aus Steineichen erhalten; dieser ist aber leider (oder glücklicherweise) schwer zu erreichen.
Auf dem sanften Osthang, den der Wanderweg heraufführt, stehen kurz unterhalb des Gipfels des Zeus-Berges in zwei Geländemulden einige Ahorn-Bäume.
Hier sieht man die zwei höchstgelegenen Bäume der Insel.
Etwas weiter unten steht ein gutes Dutzend weiterer Bäume.
Sie bilden ein schönes lockeres Wäldchen; zwischen den Ahorn-Bäumen wächst von den Ziegen verbissenes, niedriges Gebüsch derselben Art (Kretischer Ahorn, Acer sempervirens).
Im Sommer ist es auf dem Zeus-Gipfel ebenso trocken wie auch anderswo auf der Insel. Im Winter ist der Gipfel jedoch häufig in Wolken gehüllt. Diese hohe Luftfeuchtigkeit während eines großen Teiles des Jahres ermöglicht das Gedeihen einer interessanten Moos- und Flechtenflora aus Feuchtigkeits-liebenden Arten, die ihren Wasserbedarf aus der Luftfeuchtigkeit decken bzw die Nebeltröpfchen aus der Luft “auskämmen” können. So wächst hier auf den höchstgelegenen Bäumen der Insel eine ungewöhnliche Flechtengesellschaft mit einigen auf den Kykladen sehr seltenen Arten, die eigentlich für weit regenreichere Regionen Nord- und Westeuropas typisch sind.
Auf den höchstgelegenen Bäumen der Insel wächst eine interessante Gesellschaft aus Moos- und Flechtenarten, die eine hohe Luftfeuchtigkeit benötigen.
Die Stämme und dicken Äste sind größtenteils fast flächendeckend mit Moosen bewachsen.
Auf den unteren Stämmen wachsen außer den Moosen vor allem Krustenflechten der Gattungen Pertusaria und Phlyctis.
Die Pertusarien sind für feuchte, schattige Stammfüße typisch. Auf diesen Bäumen wachsen vier Pertusaria-Arten, von denen zwei auf Naxos fast nur hier vorkommen.
Eine häufige Art ist Pertusaria pertusa …
…ebenso wie Pertusaria albescens.
Der Thallus dieser Flechte, Phlyctis argena, ist gänzlich zu weißen, sehr feinen Soredien aufgelöst.
Zwischen den Pertusarien und Moosen wachsen zwei auf Naxos extrem seltene, feuchtigkeitsliebende Blattflechten: Nephroma laevigatum mit ihren braunen, aufsteigenden Lappen…
… und (in wenigen Exemplaren) die sehr seltene Degelia plumbea.
Außerdem kommt hier die auf Naxos ebenfalls recht seltene Gallertflechte Collema flaccidum vor.
Weiter oben auf den Stämmen und auf den Ästen wachsen mehrere feuchtigkeitsliebende Strauch- und Blattflechten-Arten, von denen die meisten auf Naxos nur in den höchsten Gipfellagen auftreten. Besonders häufig sind hier die Strauchflechte Anaptychia ciliaris und die Blattflechte Parmelina pastillifera.
Hier mehrere typische Arten dieser Flechtengesellschaft auf einem Ast: Anaptychia ciliaris, Evernia prunastri, Parmelina pastillifera und Pleurosticta acetabulum.
Anaptychia ciliaris
Evernia prunastri
Pseudevernia furfuracea
Pleurosticta acetabulum
Parmelina pastillifera
Parmotrema chinense bevorzugt die dünnen Äste und das niedrige Gestrüpp.
Also: ein ganz besonderer Gipfel- oder besser Spitzen-Ahorn! Wollen wir hoffen, dass sich dieses kleine Wald-Relikt mit vielen (nicht nur) auf Naxos sehr seltenen Flechtenarten noch viele, viele Jahre erhalten kann!
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