Feuer
Feuer ist ein natürlicher Faktor im mediterranen Ökosystem: In der ausgedörrten Vegetation können nach der langen Sommertrockenheit leicht Brände durch Blitze entzündet werden. Fast alle heutigen Brände sind jedoch durch den Menschen verursacht, sowohl aus Fahrlässigkeit als auch durch Brandstiftung.
Feuer bei Skeponi
Die Pflanzen des Mittelmeergebietes haben sich an das gelegentliche Auftreten von Feuern angepasst. Viele Arten können ein mäßiges Feuer überleben; andere sind darauf eingerichtet, nach einem Feuer aus Samen zu keimen. Geschädigt werden vor allem die Bäume: selbst wenn wie bei den meisten Arten die unterirdischen Teile überleben und wieder ausschlagen können, dauert es doch eine ganze Weile, bis ein Baum seine frühere Größe wieder erreicht hat.
Pflanzen, die vom Feuer profitieren
Entsprechend der fehlenden Beschattung und Konkurrenz seitens der Bäume finden nach einem Waldbrand die niedrigeren Pflanzen bessere Überlebensbedingungen vor, insbesondere die kurzlebigen krautigen Pflanzen, aber auch die Zwergsträucher. Die einjährigen Pflanzen können eine Brandfläche in der Regel schnell über Samen wiederbesiedeln. Zwiebel- und Knollenpflanzen werden meist wenig geschädigt und treiben wieder aus. Die meisten Zwergsträucher haben die Fähigkeit, schnell aus Samen neu zu keimen.
Für die Zwergsträucher sind Brände also günstig: Nach einem Feuer können sie sich auf der Brandfläche ausbreiten und sich gegen die stärker geschädigten Bäume zumindest für einige Zeit durchsetzen. Es ist kein Zufall, dass viele Zwergsträucher so gut brennbar sind: Sie fördern das Auftreten von Feuern, um die danach für sie günstigeren Bedingungen auszunutzen. Die gute Brennbarkeit wird durch einen hohen Gehalt an ätherischen Ölen erreicht sowie durch die günstige Struktur der ein lockeres Gerüst aufbauenden Zweiglein.
Die brennbarste Art ist der Dornige Ginster, der sehr leicht Feuer fängt und unter enormer Energiefreisetzung brennt. Er wurde früher von den Dorfbewohnern nicht nur zum Feueranzünden und zum Anheizen der Backöfen verwendet, sondern auch zum Befeuern der Brennöfen der Töpfer und der großen Kalkbrennöfen, in denen der Kalk zum Weißen der Häuser hergestellt wurde. Ähnlich leicht entzündet sich auch die extrem harzhaltige Zistrose.
Der Dornige Ginster ist am besten brennbar.
Hier ist ein Stück Hang mit Dornigem Ginster abgebrannt worden.
Die Baumarten von Naxos wie die Eichen-Arten und der Immergrüne Ahorn sind wesentlich weniger brennbar als die Ginster und Zwergsträucher. Selbst wenn ihre oberirdischen Anteile bei einem Feuer abbrennen oder absterben, können sich viele Arten aus ihren Wurzeln regenerieren, insbesondere dort, wo zwischen den Bäumen die sehr brennbaren Zwergsträucher wachsen, da dann das Feuer sehr schnell über die Fläche wandert und sich die Erde kaum aufheizt.
Die Kermeseiche treibt bald nach dem Feuer aus den Wurzelstöcken wieder aus.
Auch der Mastixstrauch regeneriert sich schnell.
Die abgebrannten Sträucher wachsen bald wieder in die Höhe.
Die Sukzession nach dem Feuer
Im ersten Jahr nach einem Feuer gedeihen auf der Brandfläche viele einjährige Kräuter und Gräser – deswegen sind die abgebrannten Flächen eine bessere Weide für die Ziegen und besonders die Schafe als dichte Ginstervegetation. In den Jahren danach breiten sich die Zwergsträucher und Ginster allmählich wieder aus. Manche Arten wie die Zistrosen keimen sofort aus und wachsen so schnell, dass man nach ein, zwei Jahren schon kaum einen Unterschied mehr sieht. Die Bäume, die das Feuer überlebt haben und aus ihren Wurzeln austreiben, brauchen dagegen eine ganze Reihe von Jahren, um wieder in die Höhe zu wachsen.
Unterbrochen wird die natürliche Sukzession zum Wald, wenn die abgebrannte Fläche beweidet wird, insbesondere durch Ziegen. Durch das Feuer wird der Wald zerstört; durch die Beweidung wird das erneute Hochwachsen der Bäume verhindert. So wird ein Wald zu einer einer Garrigue degradiert. In der Garrigue existieren dieselben Baumindividuen, die den Brand überlebt haben und wieder austreiben. Sie können jedoch wegen des Verbisses nicht in die Höhe wachsen, sondern entwickeln sich nur zu niedrigen, polsterartigen Zwergformen.
Brände auf Naxos
Naxos ist nicht übermäßig brandgefährdet. Kiefern, im Mittelmeergebiet der brennbarste Baum, kommen auf der Insel nicht vor. Die meisten Brände werden durch Hirten gelegt, vor allem in der Garrigue und in Ginster-Beständen, wenn diese so dicht werden, dass die Ziegen und Schafe keine Nahrung mehr finden. Diese Feuer richten meist nur mäßigen Schaden an und breiten sich nicht weit aus, weil sie bei Windstille und feuchtem Wetter entzündet werden. Wenn Flächen mit Phrygana abgebrannt werden, ist der langfristige Effekt auf die Vegetation gering. Feuerangepasste Arten werden häufiger und feuerempfindliche seltener, und eventuell wird die nach einem Feuer unbedeckte Erde durch Regen stärker abgetragen, ansonsten ändert sich nicht viel.
In den meisten Gegenden von Naxos brennen bei diesen Feuern eher kleine Flächen ab: Es ist überall steil und das wandert Feuer von allein nur nach oben; außerdem gibt es meist immer wieder fast vegetationsfreie felsige Flächen, an denen das Feuer anhält. Nur bei starkem Wind breiten sich die Feuer über große Flächen aus. Im Zentrum der Insel und im Nordwesten, in den Gebieten, in denen viel dichte Ginstervegetation und Phrygana mit vielen brennbaren Arten wächst, kommt es allerdings alle paar Jahre zu einem großen, zerstörerischen Feuer.
Auch wenn eine große Fläche abbrennt, so betrifft das doch selten bewaldete Gebiete. Selbst große Feuer machen an den Wäldern halt. Das liegt einerseits daran, dass die naxiotischen Bäume nicht so gut brennbar sind und in geschlossenen Wäldern die sehr brennbaren Zwergsträucher fehlen, aber vor allem liegt es auch daran, dass Wälder heute nur noch dort existieren, wo sie für Feuer weniger erreichbar sind, z.B. von felsigen Regionen umgeben oder in Senken und Talsohlen.
Inmitten der großen abgebrannten Ginsterfläche sind die Bäume, wenn auch etwas angesengt, stehen geblieben.
Viele naxiotischen Bäume wie die weitverbreitete Kermeseiche oder hier der Kretische Ahorn brennen eher schlecht.
Etwa zwei Monate nach dem Brand treiben diese angesengten und durch das Feuer oberirdisch vertrockneten Bäume aus ihren Ästen neue Blätter.
Feuermanagement
Frisch gebrannte Flächen dürfen laut Gesetz in Griechenland fünf Jahre lang nicht beweidet werden. Wenn das eingehalten würde, hätte die Vegetation nach einem Waldbrand tatsächlich Gelegenheit, sich wieder zu regenerieren. Aber die Hirten brennen ihre Flächen ja ab, um günstiges Weideland zu schaffen, so dass dieses Verbot kaum eingehalten werden wird. Durch die Beweidung nach dem Feuer wird die Vegetation deutlich degradiert: die Baumarten können nur noch als verbissene Zwergformen wachsen, und feuerempfindliche Arten verschwinden. So werden nach und nach immer mehr Waldstücke in Garrigues verwandelt.
Bei den meisten Feuern auf Naxos, insbesondere den durch die Hirten gelegten, brennen nur unbewirtschaftete Hänge ab. Die Dörfer der Insel geraten nur selten in Gefahr. Die am wenigsten brennbaren Flächen auf einer Insel wie Naxos sind die Weinberge. Es ist sicher kein Zufall, dass die Dörfer vorzugsweise inmitten der mit Weinbergen bewirtschafteten Täler angelegt wurden. Allerdings kommt es bei großen Feuern gelegentlich dazu, dass kultivierte Flächen wie Ölbaumhaine abbrennen, und manchmal geraten Felder mit für die Schafe bestimmtem Getreide oder die Herden selbst in Gefahr.
Da das Löschen der Brände wegen des unwegsamen Geländes und des Mangels an ausreichendem Wasser in den meisten Gebieten mit Feuerlöschwagen kaum zu bewerkstelligen ist, werden bei großen Bränden meist Feuerlösch-Flugzeuge oder -Hubschrauber geschickt.
Im Sommer 2022 geriet einer der Windgeneratoren bei Kóronos in Brand und löste ein größeres Feuer im darunter gelegenen Tal aus.
Der Feuerlöschhubschrauber kam zum Wasseraufnehmen zu uns an die Küste; er war viele Dutzend Male unterwegs und flog häufig genau über unser Haus hinweg.
Später wurde dieser Hubschrauber eingesetzt, der das Wasser mit einem großen Schlauch aus dem Meer aufsaugt.
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siehe auch: Feuerlösch-Flugzeuge