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Erstaunliche Tiere 4: Nesseltiere

Einer der erstaunlichsten Zelltypen im Tierreich findet sich – vielleicht überraschenderweise – bei Tieren, die man auf ersten Blick als primitiv und “niedrig” ansehen würde, nämlich bei den Nesseltieren. Der Stamm der Nesseltiere (Cnidaria) umfasst die Seeanemonen, die Korallen, die Hydrozoen, die Schirmquallen und die Würfelquallen.

Die Nesseltiere sind recht einfach aufgebaute Tiere. Sie besitzen üblicherweise eine sessile Polypen-Generation und eine im Wasser treibende Medusen-Generation (bei manchen Nesseltieren fehlt die Medusen-Generation, bei anderen die Polypen-Generation). Der Körper sowohl der Polypen als auch der Medusen besteht im Wesentlichen aus zwei Epithelien, der äußeren Epidermis und der inneren Gastrodermis, zwischen denen eine zellfreie Stützschicht, die Mesogloea mit Kollagenfasern, liegt. Ihre Nahrung, meist kleine Krebschen und andere Angehörige des Planktons, fangen sie mit Tentakeln ein, die entweder klebrig sind oder meist Nesselzellen besitzen, mithilfe derer die Nahrung abgetötet wird.

Die Nesselzellen sind äußerst erstaunliche, sehr hochentwickelte Zellen – vielleicht die kompliziertesten Zellen, die man überhaupt im Tierreich findet. In der Nesselzelle liegt (je nach Typus) ein langer aufgerollter Nesselfaden und ein Apparat mit kleinen Stiletten, die explosionsartig hervorgestoßen werden, wenn der haarartige Sinnesapparat der Zelle berührt wird. Die Stilette durchstoßen die Körperwand des Opfers und der Nesselfaden wird blitzartig hervorgestülpt, wobei er die in seinem Inneren gespeicherten Gifte freisetzt. Die Entladung der Nesselzelle erfolgt in wenigen Millisekunden, unter extrem hoher Beschleunigung (etwa das 50fache der Beschleunigung einer Gewehrkugel) und ungewöhnlich hohem Druck. Wie die Zelle diese hohe Beschleunigung erreicht, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Gifte der Nesseltiere sind sehr wirksam; einige Arten (manche Quallen) verursachen starke Schmerzen und Schockzustände und können auch für den Menschen gefährlich werden. Die Nesselzellen werden von den Nesseltieren für den Beutefang, zur Verteidigung gegen Fressfeinde und zur Abwehr von Raumkonkurrenten verwendet.

Siebanemone
Im flachen Wasser um Naxos treten mehrere Arten an Seeanemonen auf, hier die Siebanemone (Aiptasia mutabilis). Wenn man eine Siebanemone mit bloßer Haut berührt, verursacht sie eine Nesselung ähnlich wie von einer Brennnessel, d.h. ihre Nesselzellen können die menschliche Haut durchstoßen, sind aber nicht gefährlich.

Kirchenpaueria spec.
Wesentlich schwerer zu entdecken sind die zarten Hydrozoen, hier vermutlich Angehörige der Gattung Kirchenpaueria. Die Polypen vieler Hydrozoen bilden kleine federförmige Kolonien. Die winzigen Polypen einer Kolonie sind durch “Leitungsbahnen” direkt miteinander verbunden. Sie sitzen je in einer kleinen Kapsel, in die die mikroskopisch kleinen Tentakel zurückgezogen werden können. Zwischen größeren Polypen, die der Nahrungsaufnahme dienen, sitzen bei dieser Gattung kleinere, mit besonders vielen Nesselzellen ausgestattete Wehrpolypen.

Leuchtqualle, Pelagia noctiluca
Die Nesselzellen der Leuchtqualle (Pelagia noctiluca) sitzen an bis zu 1 m langen, sehr dünnen und schwer zu sehenden Nesselfäden, die vom Rand des Schirmes herabhängen.

Obwohl die Nesseltiere mittels ihrer Nesselzellen die meisten Fressfeinde wirkungsvoll abwehren können, gibt es einige Tiere, die sich auf Nesseltiere als Nahrung spezialisiert haben, und denen die Nesselzellen nicht schaden, so zum Beispiel die Unechte Karettschildkröte. Gänzlich erstaunlich ist schließlich ein Trick, den manche Meeres-Nacktschnecken und Rippenquallen anwenden, die ausschließlich Nesseltiere fressen: Sie verdauen die (noch unreifen) Nesselzellen ihrer Beutetiere nicht, sondern nehmen sie unbeschädigt auf und bauen sie in ihre eigenen Gewebe ein, so dass sie sie selbst zur Feindabwehr verwenden können.

mehr Informationen und Abbildungen zu den faszinierenden Nesselzellen findet man in diesen Artikeln:

siehe auch:

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