Die endemische Höhlenschrecke von Naxos
Höhlen sind ganz besondere und interessante Lebensräume. Sie stellen große Anforderungen an ihre Bewohner: Das Nahrungsangebot ist meist sehr gering, da wegen des fehlenden Lichtes kaum Pflanzen existieren können. Dementsprechend gibt es auch nur sehr wenige Tierarten, die dauerhaft in Höhlen leben. Bemerkenswert ist außerdem die Einförmigkeit der Umweltbedingungen: Temperatur und Feuchtigkeit schwanken kaum.
In Höhlen kann man eine Reihe interessanter Tierarten finden, zum Beispiel die bemerkenswerten Höhlenschrecken. Die Höhlenschrecken gehören zur Ordnung der Langfühlerschrecken – tatsächlich sind ihre Fühler und auch die Beine ganz besonders lang. Die Schrecken können springen, bewegen sich aber meist langsam laufend fort. Sie besitzen in Anpassung an das Höhlenleben keine Flügel mehr, und können darum auch nicht zirpen (die Langfühlerschrecken zirpen durch das Aneinanderreiben ihrer Flügel). Dementsprechend fehlt ihnen auch das Hörorgan, das bei anderen Langfühlerschrecken an den Vorderbeinen liegt. Die Weibchen besitzen einen langen, gebogenen Legestachel, an dem sie leicht von den Männchen zu unterscheiden sind. Heuschrecken entwickeln sich mit einer Unvollständigen Metamorphose, das heißt dass die Jungtiere den Adulten gleichen und ihnen von Häutung zu Häutung ähnlicher werden. Insgesamt häuten sich die Jungtiere im Laufe eines guten Jahres etwa 10 Mal, bis sie ausgewachsen sind. Die adulten Tiere leben ebenfalls etwa ein Jahr. Sie ernähren sich sowohl von pflanzlichem Material als auch von verschiedenem Kleingetier.
Naxiotische Höhlenschrecke, Dolichopoda naxia, Boudou-Saltet
In den natürlichen Höhlen von Naxos lebt eine interessante endemische Höhlenschrecke namens Dolichopoda naxia. Die in Südeuropa verbreitete Gattung Dolichopoda ist in etwa 30 Arten aufgespalten, deren jede auf ein kleines Gebiet, etwa eine Region, eine Insel oder manchmal nur eine einzige Höhle, beschränkt ist. Im mediterranen Klima ist es unter den heutigen Bedingungen den empfindlichen Tieren nicht möglich, außerhalb der Höhlen zu überleben, so dass die einzelnen Populationen voneinander isoliert sind, was zur Aufspaltung in die zahlreichen Arten geführt hat. Die Höhlenschrecken sind vermutlich während des späten Miozäns (vor etwa 5,5 Mio. Jahren) in den Ägäisraum eingewandert, als das Mittelmeer ausgetrocknet war; die naxiotische Art ist genetischen Untersuchungen zufolge seit etwa 3 Millionen Jahren isoliert. Die nächsten Verwandten der naxiotischen Art finden sich auf Samos und Kalimnos, die Cousins auf Kreta.
Auf Naxos kommen die Höhlenschrecken nicht nur in natürlichen Höhlen, sondern auch in Schmirgelminen vor, die ja oft mit natürlichen Höhlen Kontakt haben. Dort treten sie an feuchten Stellen manchmal massenweise auf.
Das Tal mit den Schmirgelminen unterhalb von Koronos; die Mine, in der wir die Höhlenschrecken fanden, liegt nahe beim Feigenbaum, der im Hintergrund zu erkennen ist.
Der Eingang zur Mine ist sehr feucht.
in der Mine
Zahlreiche Höhlenschrecken sitzen an den Wänden, insbesondere unter der Decke.
Die bräunlichen Tiere besitzen keine Flügel, aber extrem lange Beine und Fühler.
Weibchen mit Legestachel
Jungtier
Auch in den Höhlen von Naxos kann man die Naxiotische Höhlenschrecke antreffen, hier in der Höhle Kakó Spílaio am Kóronos-Berg.
zurück:
siehe auch:
- Die Schmirgelminen von Naxos
- Die Drachenhöhle bei Mesi
- Die Höhle Kako Spilaio am Koronos-Berg
- Heuschrecken
Quelle: Testing phylogenetic hypotheses for reconstructing the evolutionary history of Dolichopoda cave crickets in the eastern Mediterranean, by Giuliana Allegrucci, Mauro Rampini, Paolo Gratton, Valentina Todisco and Valerio Sbordoni, Journal of Biogeography (J. Biogeogr.) (2009) 36, page 1785–1797