Auf den Hügeln nördlich von Kalandós, der großen Bucht an der Südspitze von Naxos, liegt eine kleine dem Heiligen Johannes dem Theologen geweihte Kirche mit Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert. Sie liegt nahe an einem recht breiten, aber heute nicht mehr genutzten monopáti (Pfad) in der Nähe zweier Hirtenhäuser in einer Gegend namens Kamíni (von der Bezeichnung für die traditionellen Kalkbrennöfen). Es sind zwar nicht sehr viele Wandmalereien in der Kirche in gutem Zustand erhalten, aber diese sind von einer umso beeindruckenderen Qualität mit sorgfältig gemalten, schön schattierten, ausdrucksvollen Gesichtern. Am besten erhalten sind einige der Hierarchen an den Seiten der Apsis sowie die Darstellung von Christus als Opferlamm in der Eucharistie-Schale auf dem Altar in der Mitte der Apsis. Auf der Eucharistie-Schale steht die Inschrift: „LABE FAGE TOUTO TO SOMA MOU“ = „Nimm und iss, dies ist mein Leib“ (Matthäus 26:26). Neben der Schale mit Christus als Brot steht ein Kelch mit Wein. Es verwundert mich immer wieder, mit wie viel Mühe die Naxioten ihre Kirchen auch in den abgelegensten Ecken der Insel ausschmückten! Ich denke, man kann dies nur so erkären, dass sie auf diese Weise außer ihrem Glauben auch ihrem Nationalbewusstsein Ausdruck verliehen: Die orthodoxen Griechen der Insel lebten ja zum Zeitpunkt der Ausschmückung dieser Kirche schon 100 Jahre lang unter dem schweren Joch der katholischen Venezianer.