Terrassen

Die Terrassen sind ein besonders auffälliger Bestandteil der mediterranen Landschaft. Heute ist etwa 10 % der Fläche von Naxos terrassiert, ursprünglich lag der Anteil sogar noch wesentlich höher. Intakte und bewirtschaftete Terrassen gibt es vor allem in der Nähe der Dörfer.

Terrassen in Mesi
Terrassen beim Dorf Mési

Aber auch in fast allen übrigen Gebieten der Insel kann man auf den Hängen die Spuren älterer, mehr oder weniger verfallener Terrassen erkennen. Selbst an den höchsten Bergen sind manche geschützten Ecken, an denen etwas mehr Erde zur Verfügung steht, terrassiert.

Terrassen am Zeus
eng terrassierter Hang am Aufstieg zum Zeus-Berg

Terrassen wurden vor allem in Schiefergebieten angelegt, wo tiefgründiger Boden zur Verfügung steht. Auf den Terrassen wurden Wein und Oliven kultiviert. In der Nähe der Flussläufe, wo den ganzen Sommer über Wasser für die Bewässerung der Beete zur Verfügung stand, bauten die Dorfbewohner Obstbäume sowie alle Sorten Gemüse an.


Noch heute werden die Gemüsefelder in der Nähe des Flusslaufes in Myrisis bewirtschaftet; die umliegenden, früher vor allem mit Wein bebauten Terrassen sind größtenteils aufgegeben.

Auch auf sehr felsigen Marmorhängen wurden teilweise kleine Terrassenmauern gebaut, hinter denen die spärliche Erde angesammelt wurde, um den Anbau von ein wenig Getreide zu ermöglichen.

Terrassenmauern an felsigem Marmorhang
Derartige kleine Terrassenmauern dienten dazu, auch auf sehr felsigem Gelände kleine bebaubare Streifen mit Erde zu schaffen.

Auf Naxos werden meist ebene, parallele Terrassen gebaut, die jeweils mit einer ordentlich angelegten Steinmauer abgestützt sind. Die Höhen der Mauern betragen je nach der Steilheit des Hanges meist um die zwei Meter. An den steilsten Hängen müssen oft meterhohe Stützmauern gebaut werden, um nur einen schmalen Streifen Erde zu sichern, der manchmal nicht mehr als einem einzigen Baum einen Halt gewährt. Um von einer Terrasse auf die andere zu gelangen, sind entweder kleine steile Treppen angelegt, oder es werden aus den Mauern herausragende Steine als Stufen eingebaut.


bei Kóronos

Manchmal legten die Bauern beim Bau der Terrassen kleine unterirdische Kammern an, die durch eine herausnehmbare Steinplatte in der Stützmauer zugänglich waren und in denen sie ihre Habseligkeiten vor den Piraten verstecken konnten. Jedenfalls kann man nur staunen über die Arbeit, die im Lauf der Jahrhunderte in den Terrassenbau gesteckt worden ist.

Warum baut man Terrassen?

Terrassen halten die im Mittelmeergebiet in den gebirgigen Regionen spärliche Erde fest und schützen sie vorm Wegschwemmen bei Starkregen im Winter. Wichtig ist weiterhin, dass die Terrassen das Regenwasser stauen, so dass es leichter im Boden versickern kann und weniger oberirdisch abfließt. Eine nennenswerte Erdschicht kann man auf Naxos (außer in den Ebenen) fast nur auf Terrassen finden; auf den nicht terrassierten Hängen ist meist nur ein sehr dünner Boden ausgebildet.

alter Terrassenboden über Schiefergestein
gut ausgebildeter Boden auf verfallenden Terrassen über Schiefergestein

Auch Olivenhaine wurden meist terrassiert, obwohl die Ölbäume auch wild gedeihen. Für das Sammeln der Oliven war es jedoch wichtig, dass der Boden um die Bäume herum möglichst frei von Sträuchern war. Meist wurde unter den Bäumen zusätzlich Getreide angebaut. Durch das dazu erforderliche Pflügen beziehungsweise Hacken wurde der Boden von Wildwuchs freigehalten.

Olivenhain in Ostnaxos
terrassierter Olivenhain

Bei zu bewässernden Beeten ist es besonders wichtig, dass sie eben sind, damit sich das darauf geleitete Wasser gleichmäßig verteilt. Früher wurden die Gärten mit so großer Sorgfalt angelegt, dass auch große Beete gleichmäßig über einen aus den Flüssen gespeisten Zulauf bewässert werden konnten. Aber auch fast alle nicht bewässerten kultivierten Flächen wurden terrassiert, gegebenenfalls nur mit niedrigen Mäuerchen. Die für den Bau der Stützmauern erforderlichen Steine mussten größtenteils sowieso aus den Feldern gelesen werden.

Auf Schiefergestein wurden früher zur Anlage von Terrassen erst die Stützmauern errichtet und danach die Terrassen mit aufgebrochenem Gestein, das möglichst klein zerschlagen wurde, aufgefüllt. In diesem lockeren Gestein konnten die Kulturpflanzen wie z.B. der Wein ausreichend tief wurzeln, dass sie ihre Wasserversorgung den Sommer über sicherstellen konnten, ohne dass Gießen erforderlich war. Viele Pflanzen konnten auch ohne Erde nur in dem aufgebrochenen Schiefer-Rohboden wachsen. Nach und nach bildete sich dann eine humushaltige Erdschicht aus. So konnte durch die Anlage von Terrassen die Bodenbildung gefördert werden.

Weinterrassen in Koronos
Weinterrassen über Schiefer in Kóronos

Wann wurden die Terrassen angelegt?

Man weiß nicht recht, seit wann Terrassen gebaut werden. Nur an wenigen Stellen im Mittelmeergebiet kann man nachweisen, dass Terrassen schon im Altertum oder gar schon in der Bronzezeit angelegt worden sind. Während Naxos’ Blütezeit im Altertum war praktisch die gesamte Insel kultiviert. Entsprechend ist anzunehmen, dass auch damals schon große Bereiche der Berge terrassiert waren. In den folgenden Jahrtausenden, während derer die Bevölkerung teilweise aufgrund der Piratenüberfälle stark verringert wurde, verfielen sicher die meisten Terrassen wieder. Die heute zu sehenden Terrassen sind vermutlich größtenteils in den letzten Jahrhunderten angelegt; bis die traditionelle Landwirtschaft etwa zu Beginn der Sechziger Jahre größtenteils aufgegeben wurde, haben die Bauern gelegentlich auch noch neue Terrassen angelegt und ungenutzte Flächen in Gebrauch genommen.


noch gut erhaltene Terrassen in Skepóni

Die meisten heute verfallenen Terrassen wurden bis nach dem Zweiten Weltkrieg, meist bis etwa zum Beginn der Sechziger Jahre bewirtschaftet, manche auch noch etwas länger. Jedenfalls hat sich praktisch in allen Gebieten der Insel der heute sichtbare Verfall der Terrassen einschließlich Zuwuchern und Wiederbewaldung in diesem Zeitraum abgespielt.


Auf diesen nicht mehr genutzten Terrassen nahe am Auwald in Skepóni sind große Erlen gewachsen.

Terrassen und Erosion

Terrassen und ihre Böden sind recht resistent gegen Erosion. Trotzdem brauchen sie eine gewisse Pflege, damit sie nicht verfallen. Die meisten Schäden entstehen bei sehr starken Regenfällen (wie sie nur alle paar Jahre auftreten), bei denen Teile der Stützmauern einbrechen können, so dass das Erdmaterial auf die darunter gelegene Terrasse fällt.

eingestürzte, alte Terrassenmauer in der Tragea
eingestürzte Terrassenmauer

alter Ölbaum auf verfallender Terrasse
Wo die Terrassensteine weggebrochen sind, erodiert die Erde wesentlich schneller.

Manchmal werden auch ganze Terrassen mitsamt den darauf wachsenden Weinstöcken oder Obstbäumen davongerissen. Kleinere Schäden an den Stützmauern müssen immer wieder ausgebessert werden, damit größere Schäden vermieden werden. Besonders schnell erodieren nicht mehr bewirtschaftete Terrassen, die von Ziegen beweidet werden, da diese Pfade von einer Terrasse auf die andere austreten, auf denen das Regenwasser sich sammelt, so dass immer größer werdende Rinnen ausgewaschen werden, über die das Regenwasser die Erde davonschwemmt.


erodierende Terrassen bei Apíranthos

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