In der Frühen Bronzezeit entwickelten sich die schon aus der Steinzeit bekannten Handwerkstechniken wie die Töpferei, die Bildhauerei, die Metallverarbeitung und der Schiffsbau auf ein deutlich höheres Niveau. Es kam nun zur Spezialisierung der Handwerker und somit zur Herausbildung von Berufszweigen. Der Handel nahm immer größere Bedeutung an, insbesondere der Handel mit Rohstoffen wie Obsidian und Schmirgel, aber auch die Auffindung und Ausbeutung von teilweise weit entfernt gelegenen Metallvorkommen. Mit der Entwicklung von Handel und Handwerk ging die Herausbildung verschiedener gesellschaftlicher Schichten einher: Ab der mittleren Phase der Kykladenkultur kann man zwischen sorgfältiger errichteten, einzelstehenden Gräbern mit vielen Grabbeigaben und einfacheren, mehrfach benutzten, schlechter platzierten Gräbern ohne Grabbeigaben unterscheiden.
Der wichtigste Werkstoff, der in keiner Siedlung fehlt, war auch in der Bronzezeit noch der von der vulkanischen Insel Milos eingeführte Obsidian. Typisch für die Frühe Bronzezeit sind mit großem Geschick hergestellte, lange, gerade Klingen.
lange Obsidianklingen und ein „Kern“, von dem sie abgespalten wurden
Seltener finden sich Gegenstände oder Werkzeuge aus Knochen (vor allem kleine Pigmentbehälter). Das Spinnen, das Weben, die Lederverarbeitung und die Korbflechterei haben keine direkten Zeugnisse hinterlassen, man hat jedoch Spindeln, Webgewichte, Nadeln und Ahlen gefunden.
aus Knochen hergestellte Werkzeuge und Behälter; die mit Einritzungen verzierten Knochenbehälter (rechts) dienten zum Aufbewahren von Pigment, das vermutlich beim Begräbnisritual verwendet wurde
diverse kleine Metallwerkzeuge
Schreinerei
Einer der Handwerkszweige, die sich während der Bronzezeit stark entwickelten, war die Schreinerei. Dabei war die Herstellung von Möbeln von geringerer Bedeutung, obwohl nun auch die ersten Stühle auftauchen. Weit wichtiger für die Menschen war der Schiffsbau. Man hat zwar keine Überreste von Schiffen gefunden, kennt aber Darstellungen von Langbooten auf Töpferwaren und auf Steinplatten mit eingeritzten Bildern und sowie kleine Schiffsmodelle aus Blei. Die Schiffe zeigen eine charakteristische Form mit stark hochgezogenem Heck.
ein Boot mit zwei Menschen darauf; man sieht die merkwürdige Bootsform mit lang hochgezogenem Heck
Die Kykladen-Bewohner müssen schon sehr seetüchtige Schiffe besessen haben: Sie führten weite Seefahrten nicht nur im Ägäisraum und im Ionischen Meer durch, sondern erreichten allem Anschein nach die iberische Atlantikküste und eventuell gar die Kanaren. In den Kykladenschiffen hatten bis zu 50 Ruderer Platz, außerdem musste ausreichend Platz für Lebensmittelvorräte vorhanden sein. Mit Schiffen sind schon während der Steinzeit auch die Haustiere (Schafe, Ziegen, Schweine und sogar Rinder) auf die Kykladen gelangt (und auf dieselbe Weise auch bis nach Spanien transportiert worden!). Naxos hat entsprechend seiner (im Vergleich zu anderen Kykladeninseln) starken Bewaldung sicher im Schiffsbau eine große Rolle gespielt, ebenso wie die Insel Kreta, deren Zypressen einen großen Aufschwung in der Seefahrt ermöglichten und somit zur Etablierung der minoischen Seeherrschaft beitrugen. Auf der Insel Kythnos fand man in einem Grab einen Zimmermanns-Werkzeugsatz mit zehn Bronze-Werkzeugen (Beilen, Äxten, Meißel). Für den Schiffsbau waren insbesondere die neu erfundenen Sägen von entscheidender Bedeutung.
Zimmermannswerkzeuge aus einem Grab auf Naxos: ein Beil und Meißel bzw Keile
Töpferei
Die ersten bekannten Töpferwaren wurden um 6.500 v. Chr. in Thessalien und Anatolien hergestellt. Die Entwicklung der Töpferei revolutionierte die Steinzeitkultur, da die großen Gefäße nicht nur das Aufbewahren von Wasser und Nahrungsmittelvorräten, sondern auch deren Transport ermöglichten. Während der ganzen Bronzezeit wurde ein großer Teil der Gebrauchsgegenstände der Haushalte aus Ton hergestellt. Entsprechend erreichte die Töpferei einen hohen Stand. Die Tongefäße der Kykladenkultur haben auffällig schöne, harmonische Formen und sind oft sorgfältig und aufwändig verziert.
bronzezeitliche Tongefäße im Museum von Apíranthos
Die Tonwaren wurden mit der Hand geformt (erst gegen Ende der Kykladenkultur taucht gelegentlich die Töpferscheibe auf) und vor dem Brennen auf Stoffstücken oder Blättern zum Trocknen aufgestellt. Es ist anzunehmen, dass zum Brennen in etwa dieselben einfachen aus Stein errichteten, mit Ginster beheizten Öfen verwendet wurden, wie sie die Dorfbevölkerung noch bis in das vorige Jahrhundert hinein betrieb.
In der Töpferei ist im Lauf der Frühen Bronzezeit eine deutliche Entwicklung festzustellen: In der Anfangsphase war der Ton noch schlecht gesiebt und enthielt viele Verunreinigungen; die Tongefäße wurden außen mit einem Überzug aus feinerem Ton versehen und mit einem Holz- oder Knochenwerkzeug poliert. Später wurde feinerer und qualitativ besserer Ton produziert; die Oberfläche der Gefäße wurde nun oft mit einem lackartigen „Urfirnis“ überzogen. Viele Tonwaren sind mit Einstempelungen oder gradlinigen oder spiralförmigen Einritzungen verziert. Seltener und erst ab der mittleren Phase treten bemalte Gefäße auf (auch das meist in gradlinigen, parallelen, den Ritzverzierungen ähnlichen Motiven).
Tongefäß der frühen Phase der Kykladenkultur, mit Firnisspuren und eingeritztem Fischgräten-Muster
Ton-Pyxide, deren Deckel Löcher für die Befestigung aufweist, mit Firnis und Fischgräten-Muster
kykladische Tonvase
Das Spektrum an Gefäßtypen nimmt während der zweiten Phase der Kykladenkultur deutlich zu, wobei auch einige fremde, eingeführte Typen auftauchen. Außerdem werden die Tonwaren in ihrer Form von Allzweck-Krügen oder -Vasen spezialisierter; eine ganze Reihe von Gefäßen taucht auf, die für einen speziellen Zweck gedacht sind und deren Form ganz auf ihre praktische Verwendung ausgerichtet ist. Typische Formen sind Schalen und Schüsseln, Kelche, Becher und Vasen, oft mit Standfuß oder Ösen zum Aufhängen. Besonders charakteristisch für die Kykladenkultur sind zylinderförmige Pyxiden mit Deckel, Doppel- oder Mehrfachvasen, die aus aneinanderliegenden runden Behältern, oft auf einem einzigen Fuß, bestehen, und die sogenannten Kykladenpfannen, flache, runde, sorgfältig verzierte Schalen mit einem Griff, deren Funktion noch unklar ist. Gelegentlich kommen auch tierförmige Gefäße vor. In der dritten Phase der Frühen Bronzezeit werden zwar weiterhin Gefäße von großer Feinheit und Eleganz hergestellt, aber das Formenspektrum wird ärmer und die Kreativität geringer, was wohl mit der unsichereren äußeren Situation zusammenhängt.
In der Kykladenkultur tauchen ungewöhnliche Gefäßtypen auf wie diese Mehrfachvase…
… und Gefäße in Tierform wie dieses hier, das vermutlich bei einem Ritual verwendet wurde.
tönerne „Kykladenpfanne“, eingestempelte und eingeritzte Verzierung mit einer Spirale in der Mitte, die sternförmig von dreieckigen Strahlen umgeben ist
Kykladenpfannen, Wikipedia (engl.); auf einer der abgebildeten Pfannen ist eine Schiffsdarstellung zu erkennen
Steinbearbeitung
Keine Handwerkstechnik ist für die Kykladenkultur so charakteristisch wie die Steinbearbeitung. Die ersten Steingefäße stammen schon aus der Steinzeit, aber erst in der Bronzezeit entwickelte sich diese Technik zu voller Blüte. Die Verzierung der Steingefäße ist oft sehr sorgfältig ausgeführt, mit eingeritzten Mustern aus parallelen Linien oder untereinander verflochtenen Spiralmustern. An Gefäßtypen kommen etwa dieselben vor wie auch bei den Tongefäßen.
Zur Herstellung der Steingefäße können nur für die grobe äußere Bearbeitung Hammer und Meißel verwendet worden sein; für die feine Gestaltung wurden die Stücke mit Schmirgel, der vermutlich auch als Pulver verwendet wurde, geschliffen. Durch Schleifen wurden ebenfalls die oft erstaunlich dünnwandigen und enghalsigen Gefäße hergestellt. Die Löcher, die sich häufig in den Henkeln zum Aufhängen befinden, hat man vermutlich mithilfe von Holzstäben und Schmirgelpulver gebohrt. Unter den Steingefäßen der Kykladenkultur sind ausgesprochen schöne, harmonisch geformte und in ihrer Herstellung sehr aufwändige Gegenstände zu finden, die im Leben der Menschen eine große Rolle gespielt haben müssen.
Marmorpalette mit Löchern an den Ecken, mit dazugehörigem kleinem Stößel
Stein-Pyxide (zylinderförmiges Gefäß mit genau passendem Deckel)
hübsche Doppelpyxide aus gestreiftem Marmor (etwa 2.300 – 2.000 v. Chr.; die Deckel bestehen aus Serpentin und scheinen nicht urspünglich dazu gehört zu haben; ihre Form ist typisch für die frühe minoische Kultur)
Besonders bemerkenswert sind die aufwändig ausgehöhlten, dünnwandigen Marmorvasen (kandíla) mit Standfuß und Ösen zum Aufhängen, die möglicherweise als Lampen gedient haben.
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