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Die Minoische Epoche

Um 2000 v. Chr. nahm die charakteristische Kykladenkultur (3. Jahrtausend vor Christus) ein Ende und die Minoer übernahmen in der Ägäis die Vorherrschaft. Entsprechend wird die nun beginnende Mittlere Bronzezeit auf den Kykladen als Minoische Epoche (2.000 bis 1.550 v. Chr.) bezeichnet. Das ist insofern gerechtfertigt, als dass Kreta sich in dieser Epoche zu einer bedeutenden Großmacht entwickelte und die zumindest die näheren Inseln der Ägäis deutlich beeinflusste, während gleichzeitig die Kykladen stark an Bedeutung verloren. Allerdings kann man von keiner minoischen Herrschaft über die Kykladen insgesamt sprechen. Auf Naxos ist nur wenig über die minoische Epoche bekannt; bis lang sind kaum Ausgrabungen gemacht worden, die in diese Zeit datieren.

Die Kontakte zwischen den Kykladen und Kreta vor der minoischen Epoche

Schon während der Jungsteinzeit gab es Kontakte zwischen den Kykladen und Kreta: So taucht an allen steinzeitlichen Fundstätten Kretas Obsidian von Milos auf. In der späteren Jungsteinzeit tritt zum Obsidian auch einige Keramik, die von den Kykladen, darunter auch von Naxos stammt. Von Interesse ist, dass man aus dieser Zeit auf Kreta zwar eine ganze Reihe kykladischer Artefakte gefunden hat, aber keinerlei kretische auf den Kykladen.

In der nachfolgenden Frühen Bronzezeit („Kykladenkultur“) verstärkt sich diese Tendenz: Es gibt, insbesondere in Nordkreta, zahlreiche Funde kykladischer, teilweise naxischer Fundstücke, außer Keramik auch Steingefäße und Idole. Außer den direkten Importen werden auf Kreta außerdem in immer größerem Maß Waren in kykladischem Stil hergestellt. Das zeigt, dass die frühbronzezeitliche kykladische Kultur einen starken Einfluss auf die frühminoische Kultur in Kreta ausübte; man kann berechtigterweise sagen, dass sie diese befruchtete. Auch während dieser Epoche sind in auffälligem Gegensatz dazu fast keine kretischen Artefakte auf den Kykladen zu finden. Aus der späten Phase der Frühen Bronzezeit stammen zwei Siedlungen in Nordkreta (Archanés und Ágios Fokás), in denen derart zahlreiche kykladische Produkte gefunden wurden, dass viele Forscher davon ausgehen, dass es sich um kykladische Kolonien handelte.

Die minoische Epoche auf Kreta

Während der folgenden Mittleren Bronzezeit nahmen die kykladischen Exporte nach Kreta schnell ab, so dass sie während der mittleren Phase der minoischen Epoche völlig versiegten; sie lebten erst in ihrer späten Phase wieder etwas auf. Dafür sind nun zunehmend minoische Importe auf den Kykladen zu finden, allerdings überwiegend auf den westlichen und südlichen Kykladen (z.B. Santorin, Milos, Kea), während Naxos von diesem Einfluss weniger berührt wurde. In Kreta entwickelte sich nun die Minoische Kultur, die bald ein deutlich höheres Niveau erreichte als die frühbronzezeitliche Kykladenkultur: Es entstanden hier nun reich ausgestattete Paläste und große Stadtanlagen mit mehrstöckigen Häusern, die mit Wasserversorgung, Abwassersystem, Straßen usw. eine bemerkenswert hohe Organisation zeigen, dazu eine einzigartige Kunst mit feinen Töpferwaren, hochwertigem Metallschmuck und wunderbaren Wandmalereien.

Der hohe Stand der Gesellschaft zeigt sich auch in der Entwicklung der ersten europäischen Schrift (Linear A). Die Gesellschaft war stark differenziert mit einer reichen Aristokratie und spezialisierten Arbeitern, die oft nach Berufen getrennt in unterschiedlichen Stadtvierteln wohnten. Die Bevölkerungsdichte auf Kreta war sehr hoch und die ganze Insel muss intensiv bewirtschaftet gewesen sein. Importierte Waren aus Kreta wurden insbesondere in Ägypten, aber auch anderswo im Mittelmeerraum gefunden, und es gab ausgedehnte Handelskontakte, die den sehr seetüchtigen Minoern wohl zu ihrem auffälligen Wohlstand verhalfen.
  • zeremonielle Doppeläxte
  • Steingefäße
  • Stierkopf
  • Vase mit Nautilus und anderen Meeresorganismen
  • das berühmte Bienen-Ornament
  • die Schlangen-Göttinnen
  • Goldschmuck
  • tierförmiges Tongefäß
  • sehr fein verzierter goldener Siegelring
  • Gerät zum Souvlakia-Grillen
  • Wandmalerei mit Stierspringern
Hier ein paar Bilder aus dem absolut sehenswerten Museum in Heraklion mit atemberaubenden Artefakten aus der Minoischen Epoche.

Die minoische Epoche auf den Kykladen

Auf den Kykladen war eine Entwicklung zur Hochkultur wie auf Kreta vermutlich vor allem aufgrund der Kleinheit der Inseln nicht möglich; die kleinen Kykladeninseln boten einfach nicht einer ausreichenden Bevölkerung Platz, um eine so hoch entwickelte und differenzierte Gesellschaft entstehen zu lassen. Außerdem ist sicher der enge Kontakt Kretas zum benachbarten Ägypten ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der kretischen Hochkultur gewesen.

Von den Kykladen war lange Zeit sehr wenig über die Mittlere Bronzezeit bekannt, so dass man davon ausging, dass es am Ende der Frühen Bronzezeit mit dem Zusammenbruch der Kykladenkultur einen deutlichen Einschnitt gegeben hätte, der mit einer radikalen Verringerung der Bevölkerung einher ging; das interpretierte man als die Folge einer Unterwerfung der Kykladen durch die Minoer. Heute weiß man jedoch, dass dieses Bild nicht stimmt: Auf den Kykladen sind inzwischen zwanzig Siedlungen aus der Mittleren Bronzezeit lokalisiert worden; das sind sogar etwas mehr als die frühbronzezeitlichen Siedlungen. Allerdings sind von ihnen bislang nur drei ausgegraben worden, so dass unser Bild noch sehr unvollständig ist.

Im Vergleich zur vorangegangenen Epoche werden die Siedlungen in der minoischen Zeit deutlich größer, und in Phylakopí auf Milos finden wir die erste echte Stadt. Die bislang bekannten Siedlungen sind interessanterweise je deutlich voneinander unterschieden; jede besitzt einen eigenen Stil und zeigt andere Beziehungen zu den Nachbarvölkern. Im Gegensatz zur Situation auf Kreta mit den großen, reichen Palästen wurde bislang in keiner der Siedlungen der Kykladen ein deutlich zu unterscheidendes Herrscherhaus gefunden: Nach wie vor scheinen alle Einwohner einer Siedlung etwa gleichgestellt gewesen zu sein und es gab keine Aristokratie.

Die bekannte Siedlung Akrotíri auf dem Kreta am nächsten gelegenen Santorin datiert in die Späte Bronzezeit; ihre Anfänge reichen aber bis in die Mittlere Bronzezeit zurück. In der großen, gut organisierten und (vermutlich durch ausgedehnten Handel) sehr wohlhabenden Siedlung lässt sich ein deutlicher minoischer Einfluss zu erkennen, auch wenn man die Siedlung nicht als „minoisch“ bezeichnen kann, da sie doch einen deutlich eigenen Stil aufweist. Geringer ist der minoische Einfluss auf Milos; auf Kea (nordwestliche Kykladen) wurde neben den einheimischen Töpferwaren importierte minoische und mykenische Keramik in etwa gleichen Anteilen gefunden. Ein klarer Fortschritt gegenüber der Frühen Bronzezeit lässt sich auf den Kykladen vor allem in der Töpferei nachweisen, da nun die schnell rotierende Töpferscheibe erfunden wurde, die eine reiche Entfaltung der Töpferei mit vielen unterschiedlichen, sorgfältig gearbeiteten Gefäßformen ermöglichte. Die Bemalung wird reicher und freier; zu Linienmotiven treten Pflanzen- und Tierdarstellungen, wobei besonders häufig Vögel und merkwürdige drachenähnliche Ungeheuer dargestellt werden (Phylakopí).

Die minoische Epoche auf Naxos

Auf Naxos gibt es nur wenige Fundstellen, die in die minoische Epoche zu datieren sind; unser Wissen ist noch sehr lückenhaft. An der Stelle der heutigen Chóra existierte auch in dieser Zeit weiterhin eine bedeutende Siedlung. Die in den Ausgrabungen gefundene Keramik ist teilweise in lokalem kykladischem Stil, teilweise in minoischem und in (festländischem) helladischem Stil gefertigt. Die eher wenigen minoischen Fundstücke beweisen zwar einen Kontakt zu Kreta während dieser Epoche, lassen allerdings kaum auf eine minoische Herrschaft schließen. Insgesamt sind die Funde der Mittleren Bronzezeit auf Naxos (bislang) zu spärlich, als dass sie eine klare Einschätzung der Verhältnisse ermöglichen würden. Möglicherweise ist die eher geringe Bedeutung der Insel Naxos während der minoischen Epoche unter anderem darauf zurückzuführen, dass der wichtigste Seeweg während dieser Zeit vom griechischen Festland nach Kreta verlief, also nicht Naxos, sondern die westlichen Kykladen wie Kea und Milos berührte, die auch tatsächlich in derselben Zeit eine bemerkenswerte Blüte zeigten.

Das Ende der minoischen Epoche auf Kreta

Um 1.600 v. Chr. beschädigte ein schweres Erdbeben die meisten Paläste auf Kreta. Dieses ist vermutlich auf den Ausbruch des Vulkans auf Santorin zurückzuführen, der auch die dortige Siedlung vernichtete. Die kretischen Paläste wurden jedoch wieder aufgebaut, so dass die minoische Kultur durch den Vulkanausbruch nicht direkt beendet, wenn auch sicher geschwächt wurde. Die endgültige Zerstörung der meisten kretischen Paläste erfolgte gut 100 Jahre später um 1.430 v. Chr. Nun wurde die Insel offensichtlich durch die Mykener erobert, die Kreta vom griechischen Festland aus angriffen und bald einnahmen. Alle Paläste wurden zerstört außer dem von Knossós, der wohl als mykenischer Herrschaftssitz noch eine Zeit lang weiter existierte. Kreta verlor seine Bedeutung in der Ägäis. In den folgenden drei Jahrhunderten wird der mykenische Einfluss auf Kreta immer stärker; minoische und mykenische Elemente verschmelzen. Schließlich geht die Bronzezeit um 1.150 v. Chr. zuende und die mykenische Kultur, die sich auf das ganze griechische Festland und die ägäischen Inseln ausgebreitet hatte, wurde durch die geometrische Kultur abgelöst.