Agia Kyriaki bei Apiranthos

Eine besonders interessante byzantinische Kostbarkeit ist die kleine Kirche Ágia Kyriakí nördlich von Apiranthos, die einsam und abgelegen an einer kleinen Hochfläche mit gutem Ackerland namens Kalloní steht. Die Kirche stammt aus dem 8. oder 9. Jahrhundert n. Chr., der Zeit des Bildersturmes, und ist mit seltenen, ja einzigartigen Wandmalereien ausgeschmückt – eines der wenigen besser erhaltenen Zeugnisse aus dieser Zeit nicht nur in Naxos, sondern in ganz Griechenland.

Erfreulicherweise ist die Kirche Ágia Kyriakí in den letzten Jahren von Schweizer Byzantinologen in Zusammenarbeit mit dem griechischen Byzantinischen Ephorat aufwändig restauriert worden, sowohl von außen als auch von innen. Seitdem ist sie normalerweise abgeschlossen (verständlicherweise); im Sommer ist sie jedoch mittwochs und samstags um die Mittagszeit zu besichtigen (Information aus dem Jahr 2021).

Ein schöner Wanderweg führt von Apiranthos zur Kirche Ágia Kyriakí und weiter zu den Schmirgelminen.


Die kleine Kirche Ágia Kyriakí liegt nördlich von Apiranthos auf dem Hügel, der etwa in der Bildmitte zu erkennen ist.


Sie liegt oberhalb eines alten, malerischen Olivenhaines.


Die kleine, zweischiffige Kirche mit Kuppel stammt aus dem 9. Jahrhundert.


Ansicht von Süden; links ist der nachträgliche Vorbau auf der Westseite zu sehen, der den nach Westen schauenden Eingang vor den von dort kommenden bösen Mächten schützen sollte.


Der westliche Vorbau von innen; rechts der Eingang ins Hauptschiff. Wie bei allen byzantinischen Kirchen auf Naxos ist das Dach als Tonnengewölbe konstruiert.


Der Eingang ins Hauptschiff ist aus mächtigen Steinblöcken errichtet.


Links neben dem Haupteingang sieht man den Eingang ins kleinere und wohl etwas jüngere Südschiff.


Bemerkenswert ist die Ausleuchtung des Kircheninnenraumes durch nur wenige, kleine Fensterlücken: Es ist, als würden die Kuppeln von unten angestrahlt. In der Kirche sind bemerkenswerte Wandmalereien aus dem 9. Jahhundert erhalten. Dabei sind nur der Altarraum und die Apsis ausgeschmückt sowie teilweise die Wände unterhalb der Kuppel.


Wie man von unten schauend sieht ist die Kuppel eher eckig als rund und recht unsorgfältig gemauert.


Im südwestlichen „Zwickel“ unterhalb der Kuppel ist eine Klangvase eingemauert. Diese tönernen, in die Wand eingelassenen Gefäße sollten die Akustik verbessern.


Der Fußboden ist mit Steinplatten ausgelegt. Hier der Blick zurück auf den Eingang des Hauptschiffes.


Das südliche Schiff ist etwas schmaler als das Hauptschiff. Es ist vermutlich (ebenso wie der Narthex im Westen) etwas später hinzugefügt worden.

Vor der Restaurierung


Hier sieht man die Wandmalereien vor der Restaurierung.


Man sieht wie dringend die Wandmalereien eine Säuberung und Konservierung benötigen!

Nach der Restaurierung


Während des Bildersturms im 9. Jahrhundert wurden die Abbildungen von Heiligen in den Kirchen verboten und die Wände stattdessen mit Ornamenten, Kreuzeszeichen oder manchmal mit Tieren ausgeschmückt.


Die Ausschmückung der Kirche Ágia Kyriakí ist einzigartig: Es sind nur sehr wenige vergleichbare Wandmalereien bekannt. Im Gegensatz zu Kirchen derselben Zeit in den großen Städten wie Thessaloniki und Konstantinopel ist an den Wandmalereien der Ágia Kyriakí ein persischer (sassanidischer) bzw islamischer Einfluss zu erkennen.


An der nördlichen Wand des Altarraums ist ein Kreuz dargestellt. Ganz unten sieht man eine wellenartige Bemalung, die Marmor nachahmen soll. Diese Ausschmückung erinnert ebenso wie manche der ornamentalen Motive vor allem an die islamische Kunst des 9. Jahrhunderts.


Die Inschrift erwähnt einen Diakon vermutlich als Stifter der Kirche bzw der Wandmalereien.


Der Altarraum ist mit Abbildungen von Hähnen ausgeschmückt. Es ist keine andere Kirche mit (erhaltenen) Wandmalereien dieser Art bekannt. Vergleichbare Darstellungen finden sich nur auf wenigen sassanidischen (= persischen) Textilien bzw Metallobjekten des 6. bis 9. Jahrhunderts.


Die Hähne tragen merkwürdige Halstücher, ein Motiv, das in der byzantinischen und römischen Kunst dieser Zeit nicht unüblich ist und wohl ebenfalls auf die Sassanidische Kunst zurückgeht.


Hier die Hähne auf der linken Seite der Apsis; diese sind etwas weniger sorgfältig gezeichnet. Neben den Hähnen steht ein Palmbäumchen in einem Topf und dann ein juwelengeschmücktes Kreuz, ein typisches byzantinisches Motiv aus der Zeit des Bildersturms.


Oberhalb der Hähne ist als zweite Lage auf den Ornamenten des 9. Jahrhunderts ein Stückchen einer jüngeren Wandmalerei erhalten: Es handelt sich um ein Buch, das Evangelium, das der üblicherweise im Allerheiligsten abgebildete Christus Pantokrator in der Hand hielt.


Der Rundbogen zum Südschiff ist ebenfalls sorgfältig bemalt, hier ein Kreuz.


Die Ornamente sind sehr vielfältig und phantasievoll.


An der Nordwand unterhalb der Kuppel ist ein weiteres Kreuz abgebildet.


Hier findet sich eine Inschrift namens „Kyriakí“; offenbar ein Hinweis auf die Heilige Kyriakí, der die Kirche geweiht ist.


An der Wand daneben, die diesen Bereich unterhalb der Kuppel vom Altarraum abgrenzt, ist die Abbildung einer Heiligen- oder Engelsfigur zu erkennen; sie scheint eine kleine Ikone zu halten.


In der Apsis des Südschiffes findet sich eine Abbildung der „Deesis“: In der Mitte Christus mit dem Evangelium in der Hand, rechts Johannes der Täufer und links Maria, die sich bittend an Christus wenden und für die Gläubigen als Christus besonders nahe stehend die Rolle der Fürsprecher übernehmen. Die Deesis ist ein sehr übliches Motiv in den byzantinischen Kirchen Griechenlands und befindet sich üblicherweise in der Halbkuppel der Apsis.


Blick auf die Kirche von Norden über die Felder der Flur „Kalloní“ hinweg.

Eine sorgfältige Untersuchung der Wandmalereien von Ágia Kyriakí und Vergleiche zur byzantinischen und islamischen Kunst der entsprechenden Zeit macht eine Datierung der Malereien in die Zeit des Herrschers Theophilos wahrscheinlich (829 – 842 n. Chr.). Es gibt in Griechenland und im ganzen östlichen Mittelmeerraum nur sehr wenige Kirchen mit einer weitgehend erhaltenen Bemalung aus dem 9. Jahrhundert. Abbildungen von Hähnen sind aus keiner anderen Kirche bekannt, obwohl Tierdarstellungen während der Zeit des Bildersturms in einem Geschichtswerk aus dem 11. Jahrhundert (von Theophanes Continuatus) erwähnt werden. Somit haben wir hier ein einzigartiges Zeugnis aus einer lang vergangenen Zeit vor uns, das uns einen wichtigen Einblick in diese eher unbekannte Periode ermöglicht.


Die hervorragende Restaurierung der Kirche ist im Jahr 2018 mit dem Preis der Europäischen Union für Kulturerbe ausgezeichnet worden.

Quelle: „Hagia Kyriake – Hagios Artemios“ von Agapi Vasilaki-Karakatsani
in: „Byzantine Art in Greece – Naxos“, editor Manolis Chatzidakis; G. Rayas & Co. G.P. – Melissa Publishing House, 1989, Athens

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