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Wälder

Auf der Insel Naxos gibt es weit mehr Wälder, als man auf den ersten Blick vermuten würde.


Das Hochtal von Komiakí ist eine der am dichtesten bewaldeten Regionen von Naxos.

Unter Wäldern versteht man dichtstehende Vegetationsbestände aus Bäumen mit deutlich ausgeprägtem Stamm. Hohe und dichte Wälder, so wie sie uns aus Mitteleuropa bekannt sind, gibt es im Mittelmeergebiet allerdings nur selten. Viel häufiger kommen hier Pflanzenbestände aus Sträuchern und niedrigen, locker stehenden Bäumen, die teilweise durch Beweidung zu Strauchform verbissenen worden sind. Derartige Pflanzenbestände nennt man Macchien. Viele Baumarten des Mittelmeergebietes bleiben gewöhnlich relativ niedrig und wachsen oft strauchartig mit zahlreichen kleinen Stämmchen. Auch in durchgehenden Beständen stehen die Gebüsche und Bäume oft auf Lücke und bilden kein geschlossenes Kronendach. Trotzdem wollen wir derartige Bestände hier als Wälder bezeichnen, wenn sie hauptsächlich aus nicht verbissenen Bäumen bestehen und die Bäume deutlich gegenüber den Sträuchern überwiegen.

Die typische natürliche Vegetation des Mittelmeergebietes sind die Hartlaubwälder mit der Charakterart der Steineiche. In den nördlich anschließenden Gebieten bzw in Gebirgen in der über der Region der Hartlaubwälder liegenden Höhenstufe kommen sogenannte sub-(oder supra-)mediterrane laubabwerfende Wälder vor. Durch Abholzung und Brand sind die natürlichen Wälder in den meisten Gebieten vollständig oder weitgehend verschwunden und durch Macchien oder Garrigues ersetzt. Oftmals ist es schwierig, die ursprüngliche Vegetation eines Gebietes zu rekonstruieren.

Immergrüne Wälder, Hartlaubwälder

1. Kermeseichen-Wälder

In großen Teilen der Insel Naxos wachsen natürlicherweise Wälder aus Hartlaubbäumen. Diese Hartlaubwälder sind zumindest in den trockeneren Lagen an Marmor als Untergrund gebunden; auf Schiefer, Granit u.a. wachsen Phryganas, in denen die Baumarten fehlen. Insbesondere in den niedrigen Lagen treten noch eine Reihe weiterer Hartlaubbäume hinzu, so die Steinlinde, die Wilde Olive, der Mastixstrauch und der Phönizische Wacholder.


typischer Hartlaubwald der niedrigen Lagen auf Marmor mit der Kermeseiche als häufigster Baumart


Auch in den mittleren Lagen der Insel wachsen stellenweise fast reine Kermeseichen-Wälder; hier auf dem Berg oberhalb von Keramí.

Größere Kermeseichenwälder existieren auf Naxos nur noch an wenigen Stellen; meist handelt es sich nur um kleinere Waldreste. Nach alten Fotos und den Berichten älterer Einwohner zu urteilen nimmt der Waldbestand in den letzten Jahrzehnten zu; die meisten der Wälder bestehen entsprechend aus recht jungen Bäumen. Waldbestände existieren besonders häufig in den etwas geschützeren und vor allem weniger feuergefährdeten Taleinschnitten, während an den Hängen und auf den Hügeln offene Macchien oder niedrige Garrigues wachsen, die die Hartlaubwälder nach Brand und unter Beweidung ersetzen.


Ein kleines Wäldchen hat sich inmitten der Macchie erhalten.


Unter dem geschlossenen Kronendach des Hartlaubwaldes können keine Sträucher gedeihen.


Die Macchie, die nach Brand unter Beweidung auf denselben Standorten wächst, ist wesentlich artenreicher als die Hartlaubwälder; hier kommen auch viele Sträucher und Zwergsträucher sowie kurzlebige Pflanzenarten vor.

2. Macchie aus Phönizischem Wacholder

An den trockensten Standorten gedeiht in Ost- und Südnaxos meist eine lockere Macchie, die vor allem vom Phönizischen Wacholder gebildet ist, in der aber oft auch der Wilde Ölbaum und der Mastixstrauch vorkommt sowie manchmal die Steinlinde. Die trockenheitsempfindlichere Kermeseiche tritt in diesen Beständen zurück oder fehlt völlig. Die Wacholder-Macchie ist also nicht als eine Ersatzgesellschaft des Kermeseichenwaldes zu sehen, sondern sie ist die (heutige) natürliche Vegetation an den trockeneren Standorten. Diese Macchien sind eigentlich keine Wälder und hier nur der Vollständigheit halber aufgenommen, da der Wacholder auf Naxos nie anders als „auf Lücke“ wächst und da es sich bei diesen Macchien nicht um einen degradierten Wald, sondern um die natürliche Vegetation dieser Standorte handelt.


An trockeneren Standorten werden die Hartlaubwälder durch offene Macchien ersetzt, die hauptsächlich aus dem Phönizischen Wacholder bestehen.


In diesen Wacholder-Macchien fehlt meist die Kermeseiche; es kommen aber Olive, Steineiche, Mastixstrauch und Sträucher wie der Behaarte Dornginster vor.

3. Steineichenwald

Der Charakterbaum der Hartlaubzone des Mittelmeerklimas ist die Steineiche (Quercus ilex). Sie kommt auf Naxos wie auf den meisten Ägäisinseln heute kaum noch vor, was daran liegt, dass sie gegen Brand und Beweidung empfindlicher ist als etwa die Kermeseiche und dass sie nicht als verbissene Zwergform wachsen kann.


großer Steineichen-Baum bei Kinidaros

Auf Naxos hat sich ein Steineichenwald im kaum zugänglichen, sehr steilen und schotterigen Westhang des Zeus-Berges erhalten. Dieser Wald ist heute größtenteils sehr locker, nur in kleinen Bereichen gibt es noch ein geschlossenes Kronendach. Es scheint keine natürliche Verjüngung mehr stattzufinden. Der größte Baum des Bestandes hat einen Durchmesser von fast 6 Metern und besitzt somit (unter Berücksichtigung des geringen Wachstums der Hartlaubbäume) ein ganz gewaltiges Alter. Dass sich dieser Steineichenwald erhalten hat, liegt sicher nicht am besonders günstigen Standort; es ist hier beispielsweise nicht feuchter als anderswo. Der entscheidende Punkt liegt offenbar darin, dass der Wald im schotterigen, kahlen Steilhang nicht von Feuern erreicht werden kann; deswegen konnte er so lange überleben.


der Steineichenwald im Westhang des Zeus-Berges


Hier der Steineichen-Riese im Zeus-Wald; von einem alten Papierfoto abfotografiert (deswegen die schlechte Qualität). Der gelbe Maßstab ist 2 m lang.

Abgesehen von diesem Wald kommt die Steineiche in einzelnen Exemplaren bei Kinídaros, bei Skepóni, in Sífones und am Kóronos-Berg vor. Außerdem gibt es einen kleinen Steineichen-Hain, in dem sogar Jungwuchs hochkommt, in der Nähe des Dorfes Kinídaros.


Nah beim Dorf Kinídaros gibt es einen kleinen Steineichen-Hain, in dem die Bäume gut gedeihen und sich sogar verjüngen.

Wir müssen sicher davon ausgehen, dass vor dem Einfluss des Menschen ein großer Teil mindestens der höheren Berge der Insel mit Steineichenwald bewachsen war, in den vermutlich die anderen Baumarten untergemischt waren. Heute hat die Kermeseiche die Steineiche ersetzt.

Wälder mit sommergrünen Baumarten

1. Wälder der höheren Lagen: Kermeseiche und Kreta-Ahorn

In den Bergregionen von Naxos fallen die nur in den niedrigeren Lagen vorkommenden Arten Steinlinde, Phönizischer Wacholder und Wilde Olive weg, dafür tritt neben die Kermeseiche der Kreta-Ahorn, der „halbimmergrün“ ist, d.h. er wirft an den kühleren Standorten in höheren Lagen seine Blätter im Herbst ab, in den niedrigeren, wärmeren Lagen dagegen erst im Frühling kurz bevor er wieder austreibt. An feuchteren Standorten wie in Flusstälern oder auch im Norden der Insel kommt er bis fast zum Meer hinab vor; in den Bergen bildet er hier und da fast reine Bestände. Meist wächst der Ahorn als zwei, drei Meter hohes, mehrstämmiges Gebüsch. Diese Wuchsform entstand auch durch die frühere Nutzung des Ahorns zum Korbflechten, wozu die Zweige bis auf den Stock abgeschnitten wurden. Eine weitere laubabwerfende Baumart, die sich oft in die Wälder des Kreta-Ahorns mischt, ist die Mandelblättrige Birne. Sie kommt überall auf Naxos vor und ist sehr trockenheitsresistent, wächst aber auch in den höchsten Lagen.


gemischte Wälder mit Kermeseiche und Kreta-Ahorn südöstlich des Zeus-Berges


ein typischer Wald der höheren Lagen


Der Kreta-Ahorn ist an seiner hellgrünen Farbe im Frühling leicht von der Kermeseiche zu unterscheiden.


Er bildet an vielen Stellen in den Bergen von Naxos wie hier bei Kóronos niedrige Gestrüppe.


In der Nähe von Apollonas gedeihen Gebüsche aus Kreta-Ahorn und Kermeseiche auch in den niedrigen Lagen.


Der Zeus ist heute größtenteils von einer sehr lockeren, niedrigen Garrigue aus Kreta-Ahorn, Kermeseiche und Kreuzdorn bewachsen. In mehreren Senken stehen kleine Baumgruppen aus großen Exemplaren des Kreta-Ahorns, der sicher ein natürlicher Bestandteil des ehemals hier wachsenden Steineichenwaldes war.

2. Waldbestände mit Blumen-Esche und Weißdorn

Außer dem Immergrünen Ahorn kommen in den höheren Lagen von Naxos noch einige weitere laubabwerfende Baum-(bzw Strauch-)arten vor. Besonders interessant ist das Vorkommen der in der Ägäis seltenen, anspruchsvollen Arten Weißdorn (Crataegus monogyna) und Blumen-Esche (Fraxinus ornus). Diese beiden Arten sind für die submediterrane Vegetation typisch (s.u.).


Unterhalb von Kóronos wächst auf den verwilderten Terrassen außer Obst- und Walnussbäumen auch die Blumen-Esche.

Blumen-Esche, Fraxinus ornus
Die Blumen-Esche (mit großen weißen Blütenständen) gehört zu den laubabwerfenden Baumarten, die für die submediterrane Vegetationszone typisch sind.


Bei Myrísis findet man häufig kleine Gebüsche aus Kreta-Ahorn und Weißdorn.

3. Flaumeichenwälder

Flaumeichenwälder stellen die natürliche Vegetation der sub-(=supra-)mediterranen Klimazone dar. Sie kommen in den nördlich an die Hartlaubzone des Mittelmeergebietes anschließenden Regionen vor und können auch in den Bergen in der Höhenstufe oberhalb der Steineichenwälder wachsen. Auf Naxos kommen zwei sommergrüne Eichenarten vor, die Flaumeiche (Quercus pubescens) und (wesentlich seltener) die Walloneneiche (Quercus ithaburensis). Für beide Arten wird allgemein angenommen, dass sie auf den Ägäisinseln nicht natürlich vorkommen, sondern vermutlich schon im Altertum für die Schweinemast und die Gerberei eingeführt wurden. Dafür spricht, dass sie vor allem in offensichtlich angepflanzten Exemplaren in den kultivierten Regionen der Insel auftreten.


Flaumeichenhain bei Kinidaros. Die Flaum- und die Walloneneiche kommen auf Naxos meist in derartigen offensichtlich angepflanzten Hainen vor.


Dieser Waldbestand mit Kermeseichen und einigen Flaumeichen sowie hier und da einer Steineiche bei Skepóni steht auf alten, aufgegebenen Terrassen; auch hier könnten die Flaumeichen angepflanzt sein.

Im feuchteren und kühleren Norden von Naxos gibt es jedoch in der Nähe von Komiakí einen größeren Waldbestand, in dem die Flaumeiche offensichtlich wild wächst. Auch hier handelt es sich nicht um einen urtümlichen Wald: Alle Bäume sind relativ jung, und an vielen Stellen am bewaldeten Hang kann man Spuren einer ehemaligen Terrassierung erkennen. Dennoch beweist die Existenz dieses Waldes, dass die Flaumeiche in dieser Region von Naxos problemlos wachsen und sich selbst vermehren kann. Der Verdacht, dass es sich hier um einen quasi-natürlichen Bestand handelt und dass somit die submediterrane Klimastufe mit ihren laubabwerfenden Wäldern auf Naxos auch vertreten ist, wird dadurch erhärtet, dass hier auch weitere sommergrüne Arten, die für submediterrane Vegetation typisch sind, auftreten, so der Weißdorn, die Blumen-Esche und die ebenfalls laubabwerfende Terebinthe (Pistacia terebinthus). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass in dieser kühlsten Region der Insel der Olivenbaum zwar gedeihen kann, jedoch keine Früchte mehr produziert. An Hartlaubbäumen kommt in diesen Waldbeständen nur die allgegenwärtige Kermeseiche vor.


Das Hochtal von Komiakí ist eine der am stärksten bewaldeten Regionen von Naxos.


An diesem Hang (auf dem vorigen Bild etwas links oben von der Mitte zu sehen) stellt insbesondere in den höheren Lagen die (eher graugrüne) Flaumeiche einen großen Anteil am Baumbewuchs.


Flaumeichenwälder dieser Art müssen der submediterranen Klimastufe zugeordnet werden. Dieser Standort liegt sehr häufig, so wie auf dem Foto, in den Wolken, die sich bei Nordwind hier am Berg stauen.


Überall kann man sehen, dass sich die Flaumeiche hier natürlich verjüngt.


Etwas unterhalb des Flaumeichenwaldes trifft man wieder auf die in den Bergen weitverbreiteten Bestände aus Kreta-Ahorn und Kermeseiche mit Blumen-Esche, Weißdorn, Terebinthe und Wilder Birne in geringeren Anteilen.


Der ganze Hang ist vermutlich früher landwirtschaftlich genutzt worden. An vielen Stellen wachsen noch verwilderte Obstbäume wie vor allem Sauerkirschen, Äpfel und Birnen. Hier sind die alten Terrassen noch gut erhalten.

Die Auwälder werden auf einer eigenen Seite behandelt.

Warum und wann die ursprünglichen Wälder verschwunden sind

Von den ursprünglichen Wäldern der Insel Naxos hat sich nach etwa 5.000 Jahren menschlicher Nutzung (fast) nichts erhalten. Dennoch gibt es heute gar nicht so wenig Waldbestände auf der Insel. Die meisten bestehen aus eher jungen Bäumen und sind erst in den Jahrzehnten nachlassender Nutzung etwa seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts hochgewachsen. Es ist anzunehmen, dass diese Wälder zum Teil in Aussehen und Artenzusammensetzung dem ursprünglichen Bewuchs der Inseln ähneln. Dennoch stößt man auf viele schwer zu beantwortende Fragen, wenn man versucht, den ursprünglichen Pflanzenbewuchs von Naxos zu ermitteln und herauszufinden, welche Gebiete der Insel von Wäldern aus welchen Arten bestanden waren.

Als sicher gelten kann, dass ein Teil der Insel unter heutigen Klimabedingungen auch für die trockenheitsresistenten Hartlaubbäume zu trocken ist; in diesen Bereichen kann heute also natürlicherweise kein Wald gedeihen. Stattdessen wachsen hier Phrygana genannte Strauchgesellschaften. Das ist aber vermutlich eine eher junge Entwicklung: Das sommertrockene Mittelmeerklima hat sich erst nach den Eiszeiten herausgebildet. Die Entstehung des sommertrockenen mediterranen Klimas fiel in etwa mit dem Beginn der Entstehung der Landwirtschaft zusammen (um 8.000- 5.000 v. Chr.).

Vor der Herausbildung des Mittelmeerklimas befand sich Europa in der letzten Eiszeit. Untersuchungen von Pollenablagerungen zeigen, dass auf Naxos um das Ende der letzten Eiszeit herum ein großen Anteil der Vegetation aus Pflanzen offener Standorte bestand, d.h. dass nicht überall Wald wuchs, sondern auch Strauchgesellschaften oder eine steppenartige Vegetation. Das ist wohl einerseits durch das eher trockene Klima während der Eiszeitenzu erklären und andererseits dadurch, dass die einheimische Vegetation schon vor dem Einfluss des Menschen einem starken Beweidungsdruck ausgesetzt war: Die ägäischen Inseln waren bis zum Ende der Eiszeit, teilweise bis zur Ankunft des Menschen, von zahlreichen großen und kleinen Pflanzenfressern besiedelt, deren Bestände jedoch durch kein einziges großes Raubtier begrenzt wurden.

Eine Beeinflussung der natürlichen Vegetation durch den Menschen kam schon in prähistorischen Zeiten allmählich in Gang. In der archaischen Periode (um 500 v. Chr.) war Naxos so dicht besiedelt, dass alles geeignete Land der Insel für die Landwirtschaft genutzt gewesen sein muss und die ehemaligen Wälder vermutlich zu großen Teilen verschwunden waren. In dieser Zeit trug Naxos alten Berichten zufolge eine Bevölkerung von etwa 100.000 Menschen, also fast zehn mal so viel wie heute, die sich (fast ausschließlich) von der Insel selbst ernährten. Dementsprechend müssen alle landwirtschaftlich nutzbaren Flächen mit Getreide, Ölbäumen, Weinbergen sowie Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst bebaut worden sein. Außerdem hat es auf Naxos auch eine bedeutende Tierhaltung und zwar vor allem Ziegenzucht gegeben, die alle nicht direkt kultivierten Landstriche genutzt haben wird. Es ist also anzunehmen, dass die Insel schon im Altertum einen ähnlichen Anblick bot wie zur Zeit der traditionellen Landwirtschaft der letzten Jahrhunderte, wie sie bis etwa in die 60er Jahre hinein betrieben wurde. Die ursprünglichen Wälder werden schon im Altertum größtenteils abgeholzt worden sein, vor allem aus Landbedarf für die Landwirtschaft. Auch der Bedarf für den Schiffsbau, der seit der frühesten Zeit eine wichtige Rolle auf der Insel spielte, wird dazu beigetragen haben (wenn auch neuere Forschungen vermuten lassen, dass der Holzverbrauch dafür geringer war als allgemein angenommen wird). Schon Plato beschreibt und beklagt bekanntlich die (schon lange vor seiner Zeit erfolgte) verwüstende Abholzung und Erosion der ehemals bewaldeten Landschaft in Attika.

In späteren Jahrhunderten ist die Bevölkerung von Naxos teilweise deutlich zurückgegangen, so dass sich die (halb-)natürlichen Wälder vermutlich wieder ausbreiten konnten. Allem Anschein nach wurden Baumarten wie die Walloneneiche und die Esskastanie, nach manchen Forschern auch die Flaumeiche vermutlich schon im Altertum auf der Insel eingeführt und kultiviert; diese Arten verwilderten möglicherweise und bildeten in den höheren Lagen auch Wälder. Ernst Aristide Dugit, der Naxos 1861 bereiste, berichtet, dass es auf dem Kóronos-Berg im 18. Jahrhundert Wälder aus Kastanien und Eichen mit Erdbeerbaum und Mastixstrauch im Untergrund gegeben haben soll. Von diesen Wäldern ist fast nichts übrig geblieben: ein paar vereinzelte Steineichen, ein kleines Wäldchen mit Erdbeerbäumen bei Skepóni und nur ein, zwei (vielleicht angepflanzte) Exemplare der Kastanie in den höchsten Lagen bei Komiakí.

Wie viel und was für ein Wald ursprünglich auf Naxos wuchs

So weit dies heute noch zu beurteilen ist, müssen wir zum Schluss gelangen, dass auch vor der Ankunft des Menschen im kühleren und trockenen Klima nach dem Ende der letzten Eiszeit größere Regionen der Insel waldfrei waren und von Steppenvegetation sowie von den heutigen ähnlichen Zwergstrauchgesellschaften bewachsen waren. Sowie sich das Mittelmeerklima ausbildete, wanderten die Hartlaubbäume und -sträucher ein. In den höheren Lagen wie im Gebiet des Zeus-Berges wuchsen vermutlich Steineichenwälder mit Kermeseiche und Kreta-Ahorn, während in den niedrigeren Lagen eine niderige Wälder bzw Macchien aus den auch heute häufigen Baum- und Straucharten gediehen. In der nördlichen Bergregion wuchsen aller Wahrscheinlichkeit nach Flaumeichenwälder mit weiteren laubabwerfenden Baumarten wie Weißdorn und Blumenesche, so wie man sie heute noch bei Komiakí antreffen kann. Die Gipfelregion war aufgrund des für Bäume ungünstigen Untergrundes aus Migmatit dagegen vielleicht schon früh (auch vor dem menschlichen Einfluss?) waldfrei und nur, wie heute, von einer Heide bewachsen.Die ganzjährig fließenden Flüsse werden von denselben Platanen-Erlen-Auwäldern umstanden gewesen sein wie heute, ein Überbleibsel der während der Eiszeiten in Griechenland verbreiteten laubabwerfenden Wälder.

Es ist auffällig und interessant, dass die Phryganas, in geringerem Maß auch die Macchien und Garrigues, auf Naxos viel artenreicher sind als die Wälder, die kaum Unterwuchs aufweisen. Der Artenreichtum der Phryganas und die Artenarmut des Unterwuchses der Wälder lässt vermuten, dass offene Strauchgesellschaften hier über längere Zeiträume heimisch waren als Wälder. Es wäre natürlich denkbar, dass die Pflanzenarten des Unterwuchses der Wälder im Zuge der großräumigen Zerstörung dieser Wälder durch den Menschen ausgestorben sind. Aber auch auf Kreta, wo sich mehr urtümliche Waldreste erhalten haben, ist die Artenvielfalt in den offenen Pflanzengesellschaften wesentlich höher. Es gibt kaum endemitische Waldarten, aber zahlreiche endemitische Arten der offenen Vegetation. All das weist darauf hin, dass auch in der Vergangenheit offene Vegetationsbestände für die Ägäis typischer waren als geschlossener Wald.

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