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Rad fahren auf Naxos

Gastbeitrag von Dieter Linde

Naxos ist eine vielfältige Insel. Für den Radfahrer bieten flache Küstenstreifen, hohe Berge und ein hügeliges Landesinnere wunderschöne, aber oft anspruchsvolle Touren, auf denen man die Schönheit der Landschaft weit besser erkunden kann, als mit dem Auto.

Wer an der touristischen Westküste mit ihren bezaubernden Stränden Quartier nimmt, findet vom Hauptort Chóra bis zu den südwestlichen Stränden von Kastráki weitgehend flache Strecken, die keine großen Ansprüche an die Fitness stellen. Will man ins Inland, etwa die olivenbaumbestandene Tragaía mit der ehemaligen Inselhauptstadt Chalkí als Zentrum, gilt es von Meereshöhe auf ungefähr 250 Meter Höhe zu radeln. Die meisten Steigungen sind moderat mit bis zu 5 Prozent, aber es gibt kurze, anstrengende Anstiege von 100 bis 200 Metern Länge, die über 10 Prozent steil sind.

Fährt man in Bergdörfer wie Apíranthos oder Kóronos, die auf rund 600 Metern Höhe liegen, gilt es längere Steigungen zu bewältigen, die eine gute Kondition erfordern.

Begibt man sich auf die große Nordrunde bis nach Apóllonas, wird es noch anspruchsvoller, denn die Küstenstraße von Chóra nach Norden durchquert zahlreiche Flusstäler, wodurch die Tour zu einer stetigen Berg- und Talfahrt wird. Belohnt wird man durch grandiose Ausblicke auf die Nachbarinseln und die Berge. Auf den rund 85 Kilometern kommen über 1700 Höhenmeter zusammen. Der stetige Anstieg von Apóllonas bis Koronída bietet 670 Höhenmeter auf 10 Kilometern als die größte Herausforderung.

Wer von West nach Ost fahren will, etwa zum alten Hafen von Moutsoúna, wo einst der Schmirgel aus den Bergwerken verladen wurde und es heute sehr gute Fischtavernen direkt an der Mole gibt, muss einmal die Berge überqueren. Die Passhöhe liegt auf 630 Metern Höhe, wenn man über Filóti und Apíranthos fährt. Besonders die Rückfahrt von Moutsoúna nach Apíranthos bietet einen rund 11 Kilometer langen Anstieg von Meereshöhe auf 580 Meter, der besonders bei Hitze und vollem Bauch nicht unterschätzt werden sollte.

Die meisten Orte der Insel kann man heutzutage auf Asphaltstraßen erreichen. Sie sind grundsätzlich rennradtauglich, wenn auch der grobe Asphalt mit manchen Schlaglöchern breitere und pannensichere Reifen nahelegt. Abseits des asphaltierten Straßennetzes gibt es zahlreiche Schotterwege, die die Bauern und Hirten mit ihren Pick-Ups nutzen, um zu den Feldern und Weideplätzen zu gelangen. Sie führen in die abgelegeneren Gebiete der Insel. In den Bergen sind es oft „Sackgassen“, die man auf der gleichen Strecke wieder zurückfahren muss. Hier sind die Ansprüche an Kondition und fahrerisches Können deutlich höher. Nach den Regenfällen im Winter ist der Belag oft ausgewaschen und voller kleiner Steine, die das Rollen erschweren. Steigungen und Abfahrten bis zu 30 Prozent kommen durchaus vor und verlangen volle Konzentration und auch „Leidensbereitschaft“. Bewältigen kann man sie mit dem Mountainbike. Wer diese Art von Herausforderung liebt, kommt auf seine Kosten.

Bei allen Touren gilt es zu beachten, dass Naxos abseits der Küste weiterhin eine agrarische Insel ist. Das bedeutet, dass in den Bergen Ziegen und Schafe meist frei herumlaufen und nach einer Kurve unvermittelt vor einem auftauchen können. Also nicht „volles Risiko“ durch die Kurven jagen, und stets bremsbereit sein. Die Hirten treiben ihre Tiere auch über die Straße von Weideplatz zu Weideplatz. Wenn man einer Herde begegnet, sollte man langsam fahren, so dass die Tiere nicht auseinanderlaufen. Der Hirte hat dann mit seinen Hütehunden viel Arbeit, um sie wieder zusammenzutreiben. Man sollte darauf achten, nicht das Verhältnis von Inselbewohnern und Gästen durch solche unvorsichtigen Aktionen zu belasten. Bleibt man kurz am Straßenrand stehen, wird die Herde neugierig an einem vorbeiziehen und ein Gruß den Hirten erfreuen.

Man kann Radtouren auf Naxos auch gut mit dem Besuch der zahlreichen Sehenswürdigkeiten kombinieren sowie – hat man entsprechendes Schuhwerk im Gepäck – auch mit Wanderungen. Es gibt auf Naxos inzwischen 12 beschilderte Wanderwege. In Orten wie Chóra, Chalkí, Apóllonas, Komiakí, Kóronos, Moutsoúna, Filóti, Engarés, Mélanes, Potamiá, Liónas, Ágios Prokópios, Ágia Ánna, Mikrí Vígla und Sangrí gibt es Tavernen, wo man sich verpflegen kann. In einigen Orten gibt es öffentliche Wasserstellen, die kostenlos Trinkwasser zur Verfügung stellen. Wer allerdings bis zur Bucht von Kalandós radelt, wird auf den rund 50 Kilometern für Hin- und Rückweg bis Filóti keine Wasserstelle finden. Das Gleiche gilt für die rund 25 Kilometer zwischen Engarés und Apóllonas. Also genügend Wasser mitnehmen.

Das Rad sollte man bei einem längeren Stopp am besten in einem Ort oder bei einer Farm abschließen. Bisher ist das Thema Raddiebstahl auf Naxos so gut wie unbekannt. Es ist eine überschaubare Insel, wo sich die Menschen kennen, und wer ein geliehenes Rad stiehlt und auf der Insel nutzt, wird schnell entdeckt. Daher reicht ein einfaches Schloss zum Abschließen aus. Die Verleiher stellen es in der Regel kostenlos zur Verfügung, wie auch einen Helm.

Inzwischen gibt es einige Radverleiher auf Naxos. Der beste, aber auch teuerste ist nach meinem persönlichen Dafürhalten „Naxosbikes“ in Chora, das von dem freundlichen und kompetenten Jánnis betrieben wird. Er spricht gut Englisch und Französisch. Neben Treckingrädern, Mountainbikes und Rennrädern stehen auch einige E-Bikes zum Ausleihen bereit. Jánnis verfügt über eine Homepage, die weitere Infos zur Verfügung stellt. Auch bei einigen Motorrad- und Skooter-Verleihern kann man sich ein Fahrrad mieten. Das Angebot reicht von einfachen Klapperkisten, die man nur zu einer Fahrt zum Strand nutzen sollte, bis hin zu gut gepflegten Rädern. Da läuft man am besten von Geschäft zu Geschäft und schaut sich die Räder selbst an, was eine gewisse Fachkenntnis voraussetzt, um ein gutes Exemplar für weniger Geld zu ergattern. Die Preise sind normalerweise Tagessätze. Wer sich für eine Woche oder länger ein Rad ausleihen will, kann verhandeln und durchaus deutliche Preisnachlässe erzielen. In der Nebensaison sind Angebote von 60€ für 10 Tage für ein einfaches Rad möglich.

Wann kann man auf Naxos Radfahren? Grundsätzlich das ganze Jahr, denn die Sommer sind nicht so heiß wie auf dem Festland, weil Wind und Meer kühlen. Aber die Sonne brennt trotzdem erbarmungslos vom Himmel, was nicht unterschätzt werden sollte, wie auch der kräftige Nordwind, der im Sommer bläst. Naxos ist nicht umsonst ein Hotspot für Kiter und Windsurfer. Der Herbst und das Frühjahr bieten die besten Bedingungen, zumal dann weniger Touristen auf der Insel sind. Dadurch fährt man in diesen Zeiten oft auf autoarmen Straßen, während im Hochsommer viele Leihwagen und Quads unterwegs sind. Die Touristen, bezaubert von der Schönheit der Insel, stellen das größte Verkehrsrisiko dar, zumal ihnen die Strecken meist unbekannt sind. Trotzdem, im Vergleich mit etwa Mallorca ist der Verkehr moderat bis gering. Im Herbst, Winter und Frühjahr sind fast nur Inselbewohner unterwegs. Es gibt geschätzt 5000 Autos auf der Insel bei einer Fläche von 430 Quadratkilometern. Meist wird rücksichtsvoll gefahren, aber weil in den touristenarmen Jahreszeiten der Verkehr gering ist, gibt es durchaus auch leichtsinnige Fahrer, die in den Kurven die ganze Fahrbahnbreite nutzen. Vorsicht ist auch auf Naxos angebracht!

Wer die sportliche Herausforderung nicht scheut, wird auf Naxos mit sehr schönen und abwechslungsreichen Radtouren belohnt. Man kann von einem Standort die ganze Insel in verschiedenen Tagestouren erkunden, muss also keine Übernachtungen einkalkulieren, wie auf Kreta oder der Peleponnes.

Webseite von Naxosbikes

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