Die Entwicklung eines Tiefdruckgebietes
Im Winterhalbjahr treffen über Europa Massen kalter, trockener Polarluft, die von Norden herbeiströmen, auf warme, feuchte Luftmassen aus den Subtropen. Die Grenzschicht, an der die beiden Luftmassen aufeinander treffen, wird als Polarfront bezeichnet. Entlang der Polarfront entstehen in mehr oder weniger regelmäßiger Reihenfolge die Zyklonen (Tiefdruckgebiete): Die Polarfront erfährt eine sich allmählich verstärkende, keilartige Ausbeulung nach Norden, in der Warmluft in den Kaltluftbereich vordringt.
Den vorderen Flügel der ehemaligen Polarfront, das heißt die Grenze, an der die Kaltluft von der Warmluft verdrängt wird, bezeichnet man als Warmfront. Diese Ebene, an der die Luftmassen aufeinander treffen, steht vertikal betrachtet stark geneigt (flach), da sich die leichtere Warmluft über die Kaltluft schiebt: sie kommt in der Höhe schneller voran, als sie am Boden vordringt.
Im Warmluftsektor, der auf die Warmfront folgt, herrscht niedriger Luftdruck; die Warmluft steigt in die Höhe. An der Rückseite wird der Warmluftsektor durch die Kaltfront begrenzt, an der sich die polare Kaltluft unter die Warmluft schiebt und diese weiter in die Höhe drängt.
Beide Fronten und somit die ganze Zyklone drehen sich entgegen dem Uhrzeigersinn; die einströmende Kaltluft wird durch die Coriolis-Kraft entgegen dem Uhrzeigersinn abgelenkt. Entsprechend herrscht an der Ostseite des Tiefdruckgebietes Südwind, an der Westseite Nordwind. Bei der Entwicklung eines Tiefdruckgebietes wird die Warmfront am Boden schließlich oft von der Kaltfront eingeholt, so dass sich die warmen Luftmassen nur noch in größerer Höhe befinden (Okklusion).
An beiden Fronten einer Zyklone bilden sich Wolken: durch den Kontakt mit der Kaltluft wird die feuchte Warmluft so weit abgekühlt, dass die Feuchtigkeit kondensiert.
Wie sich das Wetter auf Naxos beim Durchzug eines Tiefdruckgebietes verhält
Viele der Zyklonen, die in Nord- und Mitteleuropa für schlechtes Wetter sorgen, erreichen die Ägäis gar nicht oder nur im Stadium der Okklusion und bewirken nur eine leichte Bewölkung ohne Regenfälle. Bei jedem Tiefdruckgebiet, das auf Naxos zu Niederschlägen führt, nimmt die Entwicklung der Wetterphänomene einen anderen Verlauf; die unterschiedlichen Phasen wirken sich verschieden stark aus. Grundsätzlich kann man folgende Phasen im Ablauf eines Tiefdruckgebietes unterscheiden:
Vor der langsam vordringenden Zyklone zieht sich meist eine Rinne mit relativ hohem Luftdruck dahin, die von schönem, heiterem Wetter geprägt ist. Üblicherweise herrscht ein mäßiger Wind auf das Tiefdruckgebiet zu (Nord- bis Ostwind).
Als erste Anzeichen einer herannahenden Warmfront entstehen in großen Höhen an der dort schon eingetroffenen Warmluft Zirren.
Eine leichte Cirrus uncinus-Bewölkung ist das erste Anzeichen der sich nähernden Warmfront.
Diese treten zuerst verstreut auf, schließen sich aber schnell zu einer dichten Cirrocumulus-Bewölkung oder einer einheitlichen Cirrostratus-Schicht zusammen. In dieser Phase erliegt der Wind häufig völlig; es herrscht für ein oder zwei Tage Windstille.
Später verdichten sich die Zirren…
…und schließen sich zu einer Cirrostratus-Schicht zusammen.
Mit dem Vorrücken der Warmfront dringt die Bewölkung in niedrigere Regionen vor: der Himmel wird nun zunehmend von einer sich verdichtenden Altostratus-Schicht bedeckt.
Mit dem Herannahen der Warmfront dringt die Wolkenschicht in tiefere Lagen vor: Die Cirrostratus-Schicht wird zu Altostratus.
Bei Eintreffen der Warmfront in Bodennähe bilden sich schließlich unterhalb der Altostratus-Schicht dichte, niedrige, an den Bergen gestaute Cumulonimbus-Wolken. Wenn diese eine ausreichende Größe erreicht haben, beginnt es oft zu regnen; manchmal entwickelt sich ein heftiges Gewitter. Der Wind springt um und frischt häufig stark auf. Er weht nun aus der Richtung der heranrückenden Front, das heißt aus südlicher Richtung.
Schließlich bildet sich eine niedrige, dichte Cumulonimbus-Wolke.
Der auf die Warmfront folgende Warmluftsektor ist durch niedrigen Luftdruck und hohe Temperaturen gekennzeichnet. Zunächst fällt oft noch Regen, aber meist löst die Wolkendecke sich mit Eintreffen der Warmluft schnell auf: es heitert auf. Weiterhin herrscht Südwind. Bei vielen Tiefdruckgebieten fällt beim Eintreffen der Warmfront kein Niederschlag, insbesondere, wenn das Tiefdruckgebiet sich schon im Stadium der Okklusion befindet. Dann löst sich die an den Bergen gestaute Bewölkung beim Windumschwung auf, ohne dass es regnet; es kommt aber oft zu den im nächsten Abschnitt geschilderten Südwest-Wind-Schauern.
Im Warmluftsektor herrscht gutes Wetter; manchmal stehen kleine Schäfchenwölkchen am Himmel.
Bei vielen Tiefdrucksystemen, die über die Ägäis ziehen, ist die Warmfront kaum noch ausgeprägt, das heißt, sie ist schon nach Norden durchgewandert, so dass keine plötzlichen Wetteränderungen auftreten, sondern der Luftdruck weniger deutlich sinkt und die Warmluft sich allmählich durchsetzt. In diesen Situationen fallen die vorher beschriebenen Stadien der Wetterentwicklung weitgehend weg.
Der Warmluftsektor wird gefolgt von der Kaltfront. Die Warmluft strömt auf die herannahende Kaltfront zu und stößt dort auf die ihr entgegen fließende Kaltluft. Die schwerere Kaltluft dringt am Boden vor und schiebt sich unter die Warmluft, die so zu einem besonders starken Aufsteigen gezwungen wird. So bilden sich unter Mithilfe von Konvektionsbewegungen kurz vor der Kaltfront oft hoch hinaufreichende Cumulonimbus-Wolken mit heftigen Schauern und Gewittern.
Die Kaltfront steht in der Atmosphäre meist steiler als die Warmfront, so dass die Wetteränderungen plötzlicher und heftiger ablaufen. Das liegt daran, dass die am Boden vordringende schwere Kaltluft in ihrer Bewegung durch die Reibung an der Erdoberfläche gebremst wird, während die in der Höhe auf die Kaltluft aufgleitende leichtere Warmluft der Warmfront schneller vordringen kann. Die Kaltluft an der Front unterliegt einem starken Absinken, was mit Fallwinden und kräftigen Böen verbunden ist. Der Wind springt nun auf südwestliche Richtung, das heißt er weht vor der heranrückenden Kaltfront her.
Herannahende Gewitterwolke
…und hier der Schauer!
Mit dem Eintreffen der Kaltluft heitert das Wetter meist schnell auf. Auch im Kaltluftsektor können sich jedoch quellende Wolken bilden, wenn die Kaltluft sich über der warmen Landfläche erwärmt und dadurch in die Höhe zu steigen beginnt. Ebenso können sich in der in größerer Höhe noch vorhandenen Warmluft, die durch den Kontakt mit der Kalfluft abgekühlt wird, Quellwolken bilden. So kommt es oft zu einem einige Tage anhaltenden Südwest-Schauerwetter. Phänomene dieser Art treten auch bei Okklusionen auf. Erst wenn die Warmluft gänzlich abgezogen ist, tritt eine definitive Wetterberuhigung mit hohem Luftdruck und relativ niedrigen Temperaturen ein; der Wind dreht wieder auf Nord.
Nach dem Durchzug der Kaltfront bildet sich oft Quellbewölkung bei Südwestwind.
Wenn in der Höhe noch Warmluft vorhanden ist, kann es weiter zu Gewitterschauern kommen.
Manchmal kommt es auf der „Rückseite“ eines Tiefdruckgebietes, das heißt nach dem Durchzug der Kaltfront, zu einem anhaltenden Schauerwetter bei West- oder Nordwestwind mit dichten Stratocumulus-Wolken, die teilweise zu mächtigen Cumulonimbuswolken anwachsen. Dabei ist es oft sehr kalt, so dass der Niederschlag als Hagel-, Graupel- oder Schneeschauer fällt. Manchmal entwickelt sich ein anhaltendes, trübes Regenwetter bei Nordostwind, wobei sich starke Schauer aus dichten Cumulonimbus-Wolken mit Nieselregen oder Regenpausen ablösen. Diese Wetterlage ist auf Naxos relativ selten, es fallen bei ihr aber ungewöhnlich große Regenmengen, oft 30 bis 60 oder mehr Millimeter in einer Nacht.
Kaltes Schauerwetter aus Nordwest
Nach dem Durchzug eines Tiefdruckgebietes stellt sich der in den Hochdrucksektoren über der Ägäis üblicherweise herrschende Nordwind wieder ein. Bei reinem Nordwind regnet es auf Naxos fast nie. Nun folgen meist zunächst ein oder zwei klare, wolkenfreie Tage. Danach steigt in den niedrigen Luftschichten die Luftfeuchtigkeit durch die Verdunstung aus dem Meer allmählich wieder an, und es bilden sich häufig kleine Kumulus-Wolken, die sich an den Bergen als Staubewölkung verdichten. Im Sommer bleibt es aufgrund der hohen Temperaturen meist wolkenfrei, ist aber häufig sehr diesig.
Typische lockere Cumulus-Bewölkung bei Hochdruck-Wetterlagen im Winter.
In den die Zyklonen umgebenden Hochdruckzonen sinkt in großer Höhe zugeführte Luft zu Boden und strömt dann der Zyklone zu. Bei der Erwärmung der absinkenden Luft sinkt deren relative Feuchte, so dass Hochdruckgebiete über dem Festland meist von trockenem Wetter geprägt sind; im Sommer können sich jedoch tagsüber flache Quellwolken bilden. Über kühlen Meeresgebieten bilden sich durch die Abkühlung der Luft beim Kontakt mit dem Meer und durch die größere Feuchte der Luft als Folge der Verdunstung dagegen in Hochdruckgebieten oft Nebelfelder oder Stratus– und Stratocumulus-Wolken; ebenso können Nebel- und Hochnebelfelder auch im Winter über dem ausgekühlten Festland entstehen. Über warmen Meeresgebieten sind Hochdruckgebiete wegen der stärkeren Konvektion durch flache Cumulus-Wolken (Passatcumuli) gekennzeichnet. Auf Naxos tritt Seenebel gelegentlich an der windabgewandten südlichen Küste und an den dort vorgelagerten kleineren Inseln auf; in den übrigen Regionen ist er selten: Seine Ausbildung wird meist durch den Wind verhindert.
Seenebel tritt auf Naxos nur sehr selten auf, meist im Herbst, wenn die Luft schon kühl, das Meer aber noch warm ist.
siehe auch:
- Wolkenformen
- Regen-Wetterlagen
- Regen, Hagel und Gewitter
- Regenbogen und Halo-Erscheinungen
- Eis und Schnee
- Schnee auf Naxos
Zum Weiterlesen:
- wetteronline: aktuelle Wetterkarten; Karten mit Hoch- und Tiefdruckgebieten und Fronten unter: Profi-Karten–Fronten/Analysen–USAF oder DWD
- wetterzentrale: aktuelle Wetterkarten; Karten mit Hoch- und Tiefdruckgebieten und Fronten unter: Top-Karten–FAX