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Die frühbronzezeitliche Akropolis bei Panormos

Nahe der Bucht von Pánormos an der Südostecke von Naxos liegt eine kleine bronzezeitliche Akropolis (=Festung) auf einem kleinen, flachen Hügel namens Korfári ton Amygdalión (=Hügel der Mandelbäume). Sie besteht aus etwa zwanzig winzigen Räumen, die von einem durch kleine Bastionen verstärkten Mauerring umgeben sind. Das Mauerwerk der Häuser und die ein bis zwei Meter breite Wehrmauer sind an den meisten Stellen nur bis etwa auf Kniehöhe erhalten. Die Akropolis wurde in den Sechziger Jahren von griechischen Archäologen unter Chr. Doumas ausgegraben.

Bei der Akropolis von Pánormos handelt es sich wohl um das älteste erhaltene Bauwerk auf Naxos. Sie stammt aus der jüngeren Frühen Bronzezeit (etwa 2.300 v. Chr.), ist also fast viereinhalbtausend Jahre alt. Sie liegt auf einem kleinen flachen Hügel, der kaum natürlichen Schutz bietet. Die Umgebung ist recht fruchtbar und war bis in die jüngste Zeit mit Getreidefeldern bewirtschaftet. Die Akropolis liegt in direkter Nähe einer der am besten vor den sommerlichen Nordwinden geschützten Buchten von Naxos; aufgrund ihrer Lage hinter der Hügelkuppe kann sie aber vom Meer aus kaum gesehen werden. An der Akropolis wachsen wilde Mandelbäume (Webbs Mandel), nach denen der Hügel benannt ist (amygdalo = Mandel).


Die Wilden Mandelbäumchen haben dem Hügel Korfári ton Amygdalión seinen Namen verliehen.

Die Kleinheit der etwa zwanzig Räume der Akropolis von Pánormos (von 1,2 x 1,4 m bis 2,5 x 3,5 m) lässt vermuten, dass es sich nur um eine Fluchtburg und nicht um eine dauerhafte Ansiedlung gehandelt hat. Der Bauplan ist unregelmäßig und richtet sich nach den Strukturen des Untergrundes. Die kleinen Räume und die engen Durchgänge dazwischen sind nur ungefähr rechteckig. Die Wehrmauer bildet sieben ausgebuchtete, unregelmäßige Bastionen, die vor allem die flachere Nordseite absichern. Zum nur 80 Zentimeter breiten, einzigen Eingang führt eine Reihe von Stufen hinan. Die Mauern, soweit erhalten, bestehen aus unbehauenen Steinen; ehemals wiesen sie einen Erdmörtel und -verputz auf. Die ganze Anlage ist aus den in der direkten Umgebung anstehenden Steinen errichtet. Beim Aufschichten der Steine wurde keine besondere Sorgfalt verwendet. Die Dächer werden vermutlich leichte Konstruktionen aus Holz, Rohr und festgestampfter Erde gewesen sein.

Die Akropolis von Panormos
Die Akropolis liegt auf einem kleinen, flachen, nur 63 Meter hohen Hügel inmitten von Getreidefeldern.

Die Akropolis von Panormos
Der Eingang ist durch zwei kleine Bastionen geschützt.

Die Akropolis von Panormos
Die Außenmauer ist durch mehrere unregelmäßige Bastionen dieser Art verstärkt.

Die Akropolis von Panormos
Die Mauern bestehen aus rohen, nicht bearbeiteten Steinen.

Die Akropolis von Panormos
Auf der Südseite stehen die Mauern der Bastionen auf diesen kleinen Felsen; der Hügel ist aber einfach zugänglich und nicht durch natürliche Felsabbrüche geschützt.

Die Akropolis von Panormos
Innerhalb der Festung befinden sich etwa 20 kleine Räume mit schmalen Durchgängen dazwischen.

Die Akropolis von Panormos
Der Räume haben etwa rechteckige Grundrisse.

Die Akropolis von Panormos
Die kleinsten Räume sind kaum groß genug, dass ein Mensch darin schlafen kann.

Die Akropolis von Panormos
Nur an wenigen Stellen sind die Mauern bis auf mehr als Kniehöhe erhalten.

Die Akropolis von Panormos
Um die Akropolis herum liegen Ziegenmauern jüngeren Datums.


Vorm Eingang liegen viele runde Strandkiesel, die bei der Eroberung der Akropolis als Wurfgeschosse verwendet wurden.

Die Akropolis von Panormos
Blick auf das Korfári ton Amygdalión

Die Akropolis von Pánormos wurde bei einem Angriff eingenommen und zerstört. Im umgebenden Gelände, vor allem direkt vor der Wehrmauer, hat man in großer Zahl runde Strandkiesel gefunden, die als Wurfgeschosse, vermutlich für Steinschleudern, dienten. Auch eine Speerspitze wurde gefunden. Man hat keinerlei menschliche Überreste entdeckt. In den Häusern befanden sich nur Tonscherben, aber sonst keine Artefakte. Es fanden sich Überreste von Essens- und Kochgeschirr, vor allem aber Vorratsgefäße. Eine große Anzahl von Tonkrügen lag im Eingangsbereich, so als hätten die Bewohner versucht, ihre Vorräte mitzunehmen, als sie flüchteten. An den Krügen befanden sich deutliche Brandspuren, was darauf hindeutet, dass die Gebäude bei dem Angriff in Brand gerieten. Nach dem Angriff wurde die Akropolis nicht wieder aufgebaut. Über das Schicksal der Verteidiger der Akropolis sowie über Herkunft der Angreifer (die keine Spuren hinterlassen haben) kann nur spekuliert werden.

Die Akropolis von Pánormos liegt auf einem niedrigen, relativ fruchtbaren Hügel. Rundherum liegen Felder, die bis vor kurzem mit Getreide bebaut worden sind. Wir können davon ausgehen, dass auch in der Bronzezeit schon in der gesamten Umgebung Landwirtschaft betrieben wurde. Es gibt Anzeichen dafür, dass auf den Hängen um die Akropolis eine kleine bäuerliche Siedlung lag. Das würde die Kleinheit der Festung erklären: In diesem Fall hätte es sich nur um die Fluchtburg gehandelt, in die sich die Bewohner der Umgebung bei einem Überfall zurückzogen. Auch diese Fluchtburg war aber nicht effektiv genug gesichert, um einem ernst gemeinten Angriff widerstehen zu können.

Die Angreifer, die die Akropolis einnahmen, waren vermutlich Piraten: Diese trieben ihr Unwesen in der Ägäis anscheinend schon in dieser frühen Zeit. Auch dass die Akropolis so angelegt war, dass sie sich in direkter Nähe zum Meer befand, aber von der Küste aus kaum zu sehen war, passt zu dieser Interpretation.

In direkter Nähe der Akrópolis liegt ein merkwürdiges steinernes Hirtenhaus: Es ist – soweit ich weiß – das einzige elliptisch geformte Steinhaus auf Naxos. Die besondere Form lässt vermuten, dass das Haus möglicherweise auf alten, bronzezeitlichen Fundamenten errichtet wurde, ein Verdacht der dadurch erhärtet wird, dass es auch im einzigen frühbronzezeitlichen Heiligtum der Insel (Koryfí t’Aronioú) ein elliptisch geformtes Gebäude gibt.


Meines Wissens gibt es auf Naxos nur zwei elliptische Gebäude. Eines liegt im frühbronzezeitlichen Heiligtum der Koryfí t’Aronioú (s.u.); das andere ist ein steinernes Hirtenhaus in direkter Nähe der Akropolis von Pánormos, was den Verdacht aufkommen lässt, dass dieses Steinhaus auf den Fundamenten eines frühbronzezeitlichen Gebäudes errichtet ist, möglicherweise ebenfalls eines Heiligtums.

Das frühbronzezeitliche Heiligtum der Koryfí t’Aronioú

Etwa drei Kilometer nördlich von Pánormos ist ein kleines Heiligtum aus derselben Zeit ausgegraben worden. Es liegt auf einem ähnlichen, 80 Meter hohen Hügel namens Koryfí t’Aronioú und bestand aus einigen Wohnhäusern und einem interessanten, elliptischen Gebäude, das als Heiligtum interpretiert wird. In den neuzeitlichen Mauern der Anlage sind zehn Steinplatten mit eingeritzten Darstellungen von Menschen, Tieren und Booten gefunden worden, die als „Votivtafeln“ verstanden werden. Außerdem diente die Anlage höchstwahrscheinlich ebenso wie die Akropolis von Pánormos als Ausguck zur Überwachung des Meeres – hier konnte das Meer auch Richtung Nordosten bis nach Moutsoúna überblickt werden, ein Gebiet, das von Pánormos aus nicht zu sehen ist.

Heiligtum Koryfi t'Aroniou
Dieses elliptische Gebäude in der kleinen frühbronzezeitlichen Anlage auf dem Hügel Koryfí t’Aronioú drei Kilometer nördlich von Pánormos hat vermutlich als Heiligtum gedient.

Beziehungen zu anderen Regionen des Mittelmeeres

Ähnlichkeiten der Keramik und der Bauweise der Akropolis von Pánormos haben die Vermutung aufkommen lassen, dass es sich um eine Ansiedlung von Menschen aus der nordöstlichen Ägäis (Chios, Lesbos, Limnos, Troja) handelte, die von den Einwohnern von Naxos wieder vertrieben worden sind. Interessanterweise gibt es auf den erwähnten Inseln eine Reihe von kleinen Festungen, die der von Pánormos recht ähnlich sind und die etwa um dieselbe Zeit aus bisher unbekannten Gründen aufgegeben wurden. Die Bewohner dieser aufgegebenen Siedlungen könnten versucht haben, sich auf den Kykladen anzusiedeln, zu denen sie sowieso schon Handelsbeziehungen hatten – die Ähnlichkeit der Kulturen ist groß. Andererseits sind die meisten in Pánormos gefundenen Gefäße aus naxiotischem Ton hergestellt. Die Präsenz der nordwestägäischen Gefäßtypen könnte sich vielleicht auch einfach mit den Handelsbeziehungen zwischen diesen beiden Regionen erklären lassen.

Bauwerke derselben Art gibt es schon etwas früher auch in Palästina (beispielsweise Jericho). Es kann als gesichert gelten, dass enge Beziehungen zwischen dem Vorderen Orient und den Kykladen bestanden. Es ist möglich, dass Menschen aus der Levante auf der Suche nach Metallvorkommen in die Ägäis kamen, als ihre eigenen Vorkommen allmählich aufgebraucht waren. Von ihnen mögen die Kykladenbewohner die Kenntnisse der Metallverarbeitung übernommen haben. Schließlich ähneln der Anlage von Pánormos auch die kleinen Kolonien der Kykladiten auf der Iberischen Halbinsel.

siehe auch:

Zum Inhaltsverzeichnis

verwendete Literatur: Αναστασία Αγγελοπούλου, Κορφάρι των Αμυγδαλιών (Πάνερμος Νάξου), μια οχυρωμένη προϊστορική ακρόπολη, in: Η Νάξος δια μέσου των Αιώνων, Πρακτικά του Γ Πανελλήνιου Συνεδρίου, Επιμέλεια: Ιωάννης Κ. Προμπονάς, Στέφανος Ε. Ψαρράς, Αθήνα 2007

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